Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Schönebecks Oberbürgermeister vergessen? Nach zehn Monaten wird Beschwerde jetzt beantwortet
Wenn der Stadtrat von Schönebeck Ende des Monats zu seiner regulären Sitzung zusammen kommt, dann wird es im nichtöffentlichen Teil um Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase gehen. Dem Stadtratsvorsitzenden liegen zwei Dienstaufsichtsbeschwerden vor - eingereicht von Schönebecker Bürgern.
Schönebeck. Als Jürgen Ladebeck gestern von der Volksstimme erfuhr, dass seine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Schönebecks Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase (parteilos) nun endlich beschieden werden soll, kann er sich ein Lachen nicht verkneifen. "Dann jetzt doch endlich mal?", fragt er sarkastisch.
Nicht ohne Grund nimmt Jürgen Ladebeck das alles nicht mehr ganz so ernst, denn das Vertrauen zum Oberbürgermeister, zur Stadtverwaltung und auch zum Stadtrat ist erheblich gestört und tendiert gegen Null. Der Grund: Die Dienstaufsichtsbeschwerde reichte Jürgen Ladebeck Ende August des Jahres 2010 ein, und erst in diesen Tagen wird sich der Stadtrat mit dem Bürgerproblem beschäftigen.
Falschparker ist kein Oberbürgermeister
Während Falschparker innerhalb von nur vier Wochen zur Kasse gebeten werden, liegt diese Dienstaufsichtsbeschwerde zehn Monate unbeantwortet herum. "Nein, das ist wirklich kein normaler Vorgang", entschuldigt sich Markus Baudisch (CDU). Dem Vorsitzenden des Schönebecker Stadtrates ist der Vorgang recht unangenehm. Die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Oberbürgermeister landete auf seinem Tisch, als Baudisch die Nachfolge von Rolf Wiswede (Die Linke) antrat. So blieb das Anliegen eben lange unbeachtet.
Dass Baudischs Aussage glaubhaft ist, zeigt eine zweite Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Oberbürgermeister. Im März wandte sich Alexander Broßat aus Schönebeck an den Stadtratsvorsitzenden. Auch dieser Vorgang wird nun im nichtöffentlichen Teil behandelt - nach drei Monaten Wartezeit. "Das ist ja fast wie gestern", freut sich die Familie Broßat, als sie von der Volksstimme davon erfuhr.
Zehn Beschwerden in 21 Dienstjahren
Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Schönebecks Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase gehören nicht zum Alltagsgeschäft. Auf Anfrage der Volksstimme teilte der Pressesprecher des Rathauses, Hans-Peter Wannewitz, mit, dass es in den 21 Dienstjahren von Haase noch nicht einmal zehn Dienstaufsichtsbeschwerden gegeben hat.
Auch für den Bürger sind Dienstaufsichtsbeschwerden kein täglich Brot - was auch Jürgen Ladebeck und Alexander Broßat erfahren mussten. Beide richteten nämlich ihre Beschwerde an die falsche Stelle. Jürgen Ladebeck wandte sich an den Landrat des Salzlandkreises, Ulrich Gerstner (SPD). Das Landratsamt wiederum leitete das Schreiben unbürokratisch an den Stadtratsvorsitzenden in Schönebeck weiter.
Alexander Broßat schickte seinen Brief an das Landesverwaltungsamt, was ebenfalls nicht zuständig ist. Erst nach einem Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden der CDU, Torsten Pillat, wurde Broßat der richtige Adressat genannt. "Der Stadtrat ist der oberste Dienstherr des Oberbürgermeisters. Aus diesem Grund muss auch der Rat über die Dienstaufsichtsbeschwerde abstimmen", erläutert Markus Baudisch.
In beiden Bürgerproblemen drehte es sich um das Wasser und das Nichtgewähren von Hilfe seitens der Stadt gegenüber den Bürgern. "Durch die Verschleppung hat sich in meiner Beschwerde schon wieder einiges überholt und ist nicht mehr aktuell", so Jürgen Ladebeck gestern.
Stadtratsvorsitzender Markus Baudisch hat inzwischen beide Dienstaufsichtsbeschwerden geprüft. Seiner Ansicht nach ist in beiden Fällen "ein dienstaufsichtsrechtliches Einschreiten des Stadtrates nicht geboten".