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Umzug von Netzbetrieb und Lager nach Brumby schon sicher / Entstehen der Stadt Verluste? Ob die EMS Schönebeck den Rücken kehrt, will Aufsichtsrat am 25. Januar entscheiden

Von René Kiel 16.01.2013, 02:26

Verlegt die Erdgas-Mittelsachsen GmbH ihren Hauptsitz nach Staßfurt? Nach der Entscheidung des Schönebecker Stadtrates, die Gaskonzession an die Stadtwerke zu vergeben, hatte die EMS-Geschäftsführung ihren Wegzug angekündigt. Die Entscheidung soll am 25. Januar fallen.

Staßfurt/Schönebeck l Mit dem Gedanken des Wegzuges aus Schönebeck tragen sich der Aufsichtsrat und die Geschäftsführung des mittelständischen Unternehmens Erdgas Mittelsachsen (EMS), seitdem sich die Stadt Schönebeck entschieden hatte, den Konzessionsvertrag mit der EMS nach 20 Jahren nicht mehr zu verlängern und die Gasversorgung ihren eigenen Stadtwerken zu übertragen.

"Bis jetzt ist zur Standortfrage noch keine Entscheidung gefallen", sagte der Pressesprecher des Unternehmens, Frank Sieweck, der Volksstimme. Sicher sei jedoch der Umzug des gesamten Netzbetriebes und des Lagers in das Gewerbegebiet West nach Brumby. "Das ist definitiv", so der Firmensprecher. Dort werde die EMS das Gelände des ehemaligen Industriefußbodenbauers Wiegrink nutzen, fügte Sieweck an.

Seinen Worten zufolge gibt es drei Optionen. Dabei handelt es sich um einen Umzug der Verwaltung nach Staßfurt, einen Verbleib in Schönebeck oder eine Konzentration in Brumby. Die Würfel sollen am Freitag, dem 25. Januar, in einer Aufsichtsratssitzung fallen, kündigte Staßfurts Oberbürgermeister René Zok (parteilos) an, der Chef dieses Kontrollgremiums der EMS ist. Davor wollte er sich zu dem Sachverhalt auf Anfrage der Volksstimme nicht äußern. "Nach der Sitzung gibt es eine Information", sagte Zok kurz und knapp.

Fest steht bereits, dass die Geschäftsführung die Mitarbeiter am 28. Januar über die Ergebnisse dieser Aufsichtsratssitzung informieren will, sagte Frank Sieweck.

"Wir wollen uns aber nicht komplett aus Schönebeck zurückziehen. Denn hier befindet sich ein Großteil unserer Kunden. Für sie wollen wir auf jeden Fall mit einer Repräsentanz, also einem Kunden- und Betriebsbüro weiter zur Verfügung stehen", so Sieweck. Selbst wenn der Wegzug beschlossen werden sollte, bedeute das keineswegs, dass die EMS in Schönebeck alle Zelte abbricht.

Nach dem Bekanntwerden der EMS-Pläne hatte sich Staßfurts OB René Zok positiv über den zu möglichen Zuwachs in seiner Stadt geäußert. Das wundert nicht, handelt es sich bei der Erdgas Mittelsachsen GmbH doch um ein wachstumstarkes mittelständisches Energieversorgungsunternehmen, das zu den 100 größten Firmen des Landes gehört. Im Jahr 2011, neuere Zahlen liegen noch nicht vor, erwirtschaftete die EMS GmbH mit ihren 96 Mitarbeitern plus zehn Lehrlingen in drei Lehrjahren einen Umsatz von rund 130 Millionen Euro.

"Mit den Mitarbeitern der EMS kommt auch Kaufkraft in die Bodestadt. Darüber hinaus werden auch örtliche Handwerker und Gewerbetreibende - Dienstleister im weitesten Sinne - von der Neuansiedlung profitieren. In der Stadt Staßfurt wurden bislang Gewerbesteuern im sechsstelligen Bereich entrichtet. Dieser Betrag wird sich durch den Umzug deutlich erhöhen", sagte EMS-Geschäftsführer Jens Brenner im März des vergangenen Jahres in einem Volksstimme-Interview.

Und die Stadt Schönebeck? Welcher Verlust droht ihr mit dem Wegzug der EMS? Die Frage ist nicht einfach zu beantworten und bewegt sich im Bereich des Spekulativen. Die Antwort beginnt bei der Gewinnausschüttung der EMS. Die belief sich in den vergangenen Jahren nach Unternehmensangaben auf jährlich maximal 400000 Euro und wurde vom Unternehmen an die einzelnen Gesellschafter aufgeteilt. Ursprünglich hielt die Stadt Schönebeck knapp 17 Prozent der Anteile, die später an die Stadtwerke übertragen wurden. Nach dem Verkauf der EMS-Anteile floss das Geld teilweise in das übernommene Netz.

Da das Gasgeschäft in Schönebeck verbleibt, müsste sich mit der Gaskonzession für die Stadtwerke auch die Gewerbesteuer erhöhen, die der Versorger zahlt. Stadtwerke-Chef Friedrich Husemann bestätigt gegenüber der Volksstimme diese Annahme. "Prinzipiell ist das richtig. Gewerbesteuer wird unter anderem nach dem Gewinn berechnet und kann deshalb deutlich schwanken", gibt er zu bedenken. Auf mehrere Jahre besehen, würde sich der Gewerbesteueranteil, der für die Stadt herausspringt, bezogen auf die vergangenen Jahre ausgleichen. "Außerdem haben wir mit der Gaskonzession acht neue Mitarbeiter eingestellt. Mit ihnen erhöht sich die Gewerbesteuer auf jeden Fall auch", erklärt Friedrich Husemann.

Er sieht die Stadt Schönebeck unterm Strich als klare Gewinnerin. Der Vorteil ergebe sich aus den Synergieeffekten, die mit der Gaskonzession für die Stadtwerke einhergehen. Husemann sagt eine deutlich höhere Gewinnausschüttung des von ihm geleiteten Unternehmens voraus. "Eine mögliche Schmälerung durch eventuell geringere Gewerbesteuern wird so mehr als nur kompensiert", hebt er hervor.

Das Schönebecker Rathaus verweigerte gestern zur Thematik EMS-Wegzug jegliche Auskunft. Pressesprecher Hans-Peter Wannewitz ließ im Auftrag von Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase (parteilos) verlauten: "Von uns gibt es dazu keinerlei Kommentar."

Rückblick: Dem Stadtratsentscheid vom 17. Februar 2011 zur Neuvergabe der Gaskonzession an die Stadtwerke waren umfängliche Diskussionen in den Ausschüssen vorausgegangen. Die Angelegenheit beschäftigte ein knappes Jahr die Stadträte. Eine erste Abstimmung am 3. Dezember 2010 hatte noch zum Ergebnis, den Stadtwerken die Konzession nicht zu übertragen. Daraufhin ging Oberbürgermeister Haase in Widerspruch. Nach nochmaliger Diskussion in den Ausschüssen fiel die endgültige Entscheidung schließlich am 17. Februar 2011.

Die EMS versorgt Kunden im Salzlandkreis, im Jerichower Land, in Anhalt-Bitterfeld und im Süden der Landeshauptstadt Magdeburg mit Gas und Elektroenergie. Die EMS gehört mehrheitlich den Kommunen im Versorgungsgebiet beziehungsweise kommunalen Unternehmen. Minderheitsgesellschafter ist die Thüga AG mit Sitz in München.

Nach Volksstimme-Informationen werde ein Wegzug aus Schönebeck, wenn überhaupt, frühestens 2014 erfolgen.