Seltenes Jubiläum Paar in Barby seit 65 Jahren verheiratet
Das Lehrerehepaar Dorle und Helmut Rudel feiert am Mittwoch das seltene Fest der Eisernen Hochzeit. Der Schlesier und die Calbenserin heirateten vor 65 Jahren.
Barby. - Bei Dorle und Helmut Rudel werden am Mittwoch die Korken knallen.
Jedenfalls altersgerecht.
Denn das Paar aus dem Barbyer Nelkenweg feiert am Mittwoch seinen 65. Hochzeitstag. In Worten: fünfundsechzig! Helmut ist 86 Jahre, Dorle - die eigentlich Dorothea heißt - 85 Jahre alt. Wer so lange verheiratet ist, darf Eiserne Hochzeit feiern.
Und das kommt nicht von ungefähr: „Die Eiserne Hochzeit nach 65 Ehejahren verdankt ihren Namen den Eigenschaften des Metalls. Eisen ist nicht leicht zu verbiegen und sehr beständig. Außerdem reagiert es bei Feuchtigkeit mit Rostbildung. Der Rost steht für die schweren Zeiten und zeigt, dass die Ehe diese ohne großen Schaden überstanden hat.“, schreibt das Lexikon.
Dorle und Helmut Rudel kennt man vor allem als Lehrer in Calbe. (Erst in den 1990er Jahren bauten sie sich ein Haus in der Barbyer Spittelbreite.)
Im Studium kennengelernt
Kennengelernt hat sich das Paar 1955 an der Pädagogischen Hochschule Erfurt. Dorle erinnert sich, dass das Erstsemester nicht sonderlich verheißungsvoll begann. Jedenfalls beziehungstechnisch. „Da war ein absoluter Frauenüberschuss“, lacht die gebürtige Calbenserin. Eigentlich wollte sie Medizin studieren, wofür sie als Lehrerkind (beide Eltern waren Lehrer) trotz guter schulischer Leistungen allerdings schlechte Karten hatte. Damals wurden vor allem Arbeiter- und Bauernkinder und die Kinder parteipolitisch konformer Eltern für die Hochschule zugelassen. Also blieb nur „Plan B“, den Dorle nie bereute.
Die Hochschule in Erfurt wurde zusammen mit dem ebenso seit 1953 bestehenden Pädagogischen Institut in Mühlhausen 1969 durch die Volksbildungsministerin Margot Honecker zur Pädagogischen Hochschule erhoben und nach Theodor Neubauer benannt.
Helmut Rudel hat keine so behütete Kindheit hinter sich, wie seine spätere Calbenser Ehefrau. Seine Familie stammt aus Schlesien, wurde beim Vorrücken der Roten Armee evakuiert. Was folgte, war eine Odyssee. Über die Tschechei ging es nach Bayern, wo es allerdings Probleme mit den vielen tausend Heimatlosen gab. „Die Bayern wollten keine Flüchtlinge. Erst nach einem Machtwort der Amerikaner sind wir dann dort in Baracken untergekommen“, erinnert sich der 86-Jährige. Der weitere Lebensweg der Familie führte dann über Thüringen, wo Helmut schließlich studierte und seine spätere Ehefrau kennenlernte.
Helmut war ein geselliger Typ
„Helmut war mir damals als sympathischer und sehr geselliger Typ aufgefallen. Und da war noch was: Er trug Knickerbocker“, lacht Dorle. Eine Männermode der Kniebundhose, die es heute praktisch überhaupt nicht mehr gibt, die auch damals schon sehr exklusiv war. Das Paar verlobte sich vorsorglich, um nach dem Studium zusammen bleiben zu können. Die erste Arbeitsstelle war Schneeberg im Erzgebirge. Doch Dorle zog es in ihre Heimat Calbe zurück. Dem Versetzungsantrag wurde stattgegeben. Helmut pendelte zwar noch ein Jahr zwischen dem Erzgebirge und der Saalestadt – aber schließlich wurde alles gut. Helmut Rudel wurde kurz vor „Toresschluss“mit 27 Jahren zur NVA eingezogen. Dabei bewiesen die Genossen des Wehrkreiskommandos das Gedächtnis eines Elefanten: „Während der Oberschulzeit hatte ich mal gesagt, dass ich in diesem Verein nie mitmachen werde. Das haben die noch gewusst und mich so empfangen“, erinnert sich Rudel.
1990 avancierte der Deutsch- und Geschichtslehrer zum Kreisschulrat. Jetzt kam Helmut Rudel sein Wesen zugute, „nie ein (politischer) Eiferer“ gewesen zu sein. Dennoch war das eine undankbare Funktion, weil der Calbenser zum „Schulschließer“ werden musste. Bis zur Rente 2004 war er dann im Bildungsministerium für die Schulentwicklungsplanung zuständig.
Ehefrau Dorle, die zeitlebens eine Sportkanone war (und ist!), war seit 1979 als Fachberaterin unterwegs. Aus dieser Erfahrung hat sie eine Einschätzung parat: „Die EOS Calbe war nie so politisch wie Schönebeck. Weil wir einen Kunstdirektor hatten“. Gemeint ist Günter Kraatz.