Salzlandmuseum Auf der Suche nach Nazi-Raubkunst
Der Museumsverband fahndet nach Ausstellungsstücken, die im Dritten Reich enteignet wurden.
Schönebeck l Mehr als 60 000 Ausstellungsstücke befinden sich im Besitz des Salzlandmuseum. Nur ein Bruchteil der Sammlung wird tatsächlich im Alten Rathaus in Bad Salz-elmen ausgestellt, der größte Teil lagert in einem Magazin in Staßfurt. Bei diesen zahlreichen Exponaten lässt das Salzlandmuseum derzeit von Experten die Herkunft untersuchen. „Wir wollen prüfen lassen, ob sich unter den Stücken eventuell auch Raubkunst der Nationalsozialisten befindet“, sagte die Leiterin des Salzlandmuseum. Dabei handelt es sich um Kunstwerke oder Haushaltsgegenstände, die möglicherweise nach der Enteignung von Juden zur Zeit des sogenannten Dritten Reiches auf illegale Weise ins Salzlandmuseum gekommen sein könnten.
Mit der Überprüfung wurde der Museumsverband Sachsen-Anhalt in Bernburg beauftragt, der bereits die Sammlungen von 20 Museen unter die Lupe genommen habe. „Wir untersuchen im Rahmen eines Erstchecks, ob es Verdachtsmomente auf NS-Raubgut gibt“, erläutert Provenienzforscherin Annette Müller-Spreitz vom Museumsverband. Die Provenienz bezeichnet die Herkunft von Gegenstände und ihre historischen Besitzverhältnissen. Die Forscher sprechen auch von der „Biographie der Objekte“.
In ihren ersten Tagen im Salzlandmuseum konnte Expertin Annette Müller-Spreitz bereits einige Verdachtsfälle in der Sammlung entdecken, die später näher untersucht werden sollen. Unter anderem wurde in den Eingangsbüchern des Museums die Annahme eines Ölgemäldes von Herrn Rosenthal im Januar 1933 vermerkt. Der Name könnte auf eine jüdische Herkunft schließen lassen. Da die Umstände nicht näher beschrieben wurden, konnte eine Enteignung zunächst nicht ausgeschlossen werden. Da das ehemalige jüdische Leben in Schönebeck gut dokumentiert ist, konnte Annette Müller-Spreitz recherchieren, dass Herr Rosenthal Mitglied der Gesellschaft für Frühgeschichte und Heimatkunde des Salzlandmuseums war. „Wir gehen daher davon aus, dass Herr Rosenthal das Gemälde dem Museum freiwillig überlassen hat“, so die Wissenschaftlerin.
Der Museumsverband sucht nicht nur nach „arisierten“ jüdischen Besitztümern. Auch Parteien, Vereine und andere Gruppen wurden von den Nationalsozialisten enteignet. So konnte Annette Müller-Spreitz in Bad Salzelmen ein Glas mit dem eingravierten Symbol einer Magdeburger Freimaurerloge entdecken, die unter den Nazis ebenfalls verboten wurde. „Wir können nun die wiedergegründeten Logen informieren, dass sich das Glas im Salzlandmuseum befindet“, sagte Müller-Spreitz.
Bei Gesprächen mit möglichen Erben von geraubten Gütern geht es allerdings weniger um eine Rückgabe der Gegenstände. „Es handelt sich ja in der Regeln nicht um wertvollen Kunstschätze“, sagt die Kunsthistorikerin. Dennoch seien die Nachfahren am Umgang mit den Gegenständen interessiert und würden es begrüßen, wenn sie angemessen in Museen ausgestellt werden.
Für die Historiker geht es bei der Provenienzforschung letztendlich nicht nur darum, wie die Gegenstände geschaffen und veräußert wurden, sondern vor allem, unter welchen Umständen sie in ein Museum gekommen sind. Dabei wird nicht nur die NS-Zeit berücksichtigt, sondern auch Exponate aus der Kolonialzeit und der deutschen Wiedervereinigung.