Städtische Wohnungsbau GmbH und Bürgerstiftung initiieren neue Wohngemeinschaft Trotz Demenz: Ein Leben mit dem Partner
Ein Wohnhaus, in dem Demenzkranke und ihre Ehepartner ein selbstbestimmtes Leben führen können, planen die Städtische Wohnungsbau GmbH und die Bürgerstiftung Salzland. Der Spatenstich für das in der Region einmalige Projekt soll 2013 erfolgen.
Schönebeck l Ein Projekt mit Zukunft geht die Städtische Wohnungsbau GmbH mit der Bürgerstiftung Salzland an. Noch in diesem Jahr soll der Spatenstich für ein einzigartiges Bauvorhaben erfolgen. Mit dem Namen "Anker" betiteln die Projektpartner ein Gebäude, in dem Demenzkranke mit ihren Ehepartnern wohnen und sich in einem Gemeinschaftsraum treffen sowie austauschen können. Obendrein sollen die Mieter eine Tagespflege direkt vor der Tür haben.
"Wir Akteure in Schönebeck haben eine soziale Verantwortung", sagt Sigrid Meyer, Chefin der Städtischen Wohnungsbau GmbH (SWB). Für sie ist es selbstverständlich, sich dem Thema Demenz zu widmen. Denn die Statistik spricht für sich, macht die SWB-Geschäftsführerin bei der Projektvorstellung deutlich. Demenz ist eine Krankheit, die vor allem Menschen im Alter betrifft. "In Schönebeck sind heute 34 Prozent der Einwohner älter als 65 Jahre", sagt Sigrid Meyer. Laut Statistik seien 1,2 Prozent der 65- bis 69-Jährigen an Demenz erkrankt. Bei den 85- bis 89-Jährigen sind es sogar 23,9 Prozent. Bis 2025 rechnet Sigrid Meyer in Schönebeck mit einer Zunahme der Demenzkranken um 1000 Fälle.
"Dafür muss sich die Kommune rüsten. Sonst", so die SWB-Chefin, "kann das soziale Probleme geben." Deshalb will die SWB als Bauherr und späterer Vermieter das Projekt "Anker" so schnell wie möglich umsetzen. "Ich hoffe, dass wir 2013 den ersten Spatenstich feiern können", sagt Meyer.
Vorgesehen ist, an der Wilhelm-Hellge-Straße in direkter Nähe zur Kita Regenbogen den Flachbau zu errichten. Ein Architekt hat bereits die Planung erledigt. In dem Haus soll es neun Wohneinheiten geben, die von Demenzkranken allein oder von Ehepaaren, bei denen ein Partner dement ist, gemietet werden. Im Innenhof befindet sich eine Gemeinschaftsfläche, zu der alle Bewohner Zutritt von ihren Wohnungen haben. Ebenso erreichbar soll der Gemeinschaftsraum sein. Zusätzlich im Haus befindet sich eine Tagespflege, die von einem externen Dienstleister betrieben wird. "Hier können die Demenzkranken eine gewisse Zeit verbringen, während sich ihre Angehörigen eine Pause vom Alltag gönnen beziehungsweise Wege erledigen können", erklärt Sigrid Meyer. In der großen Gemeinschaft, die sich in dem Wohnhaus ergeben wird, können sich die Bewohner und Angehörigen austauschen, beschreibt Meyer ein Ziel dieses Projektes. Aus Erfahrung weiß sie, dass das für Betroffene wichtig ist.
"Wir widmen uns seit 2006 aktiv diesem Thema", berichtet sie. Die erste von heute vier Demenz-Wohngemeinschaften wurde damals in der Garbsener Straße 4 installiert. Über 50 Demenzkranke leben in dieser Wohnform. Und die Nachfrage ebbt nicht ab, versichert Sigrid Meyer. Das ist nicht allein der Grund für den Neubau. "Uns ist es wichtig, auch Alternativen für Ehepaare zu bieten, die trotz der Erkrankung des Partners zusammen wohnen wollen", erklärt sie. Schließlich sei es im Heim oder den üblichen Demenz-WGs so, dass im Ernstfall der nicht-erkrankte Ehepartner allein weiterleben muss. "Unser Ansinnen ist es, den Demenzkranken ein selbstbestimmtes Leben so lange wie möglich zu ermöglichen", sagt sie und betont: "Die Miete soll für die Bewohner erschwinglich sein." Genaue Kosten habe sie noch nicht kalkuliert, aber sie gibt den Vergleich: "In unseren Demenz-Wohngemeinschaften liegt die Brutto-Warmmiete unter 400 Euro." Ihrer Meinung nach lasse man beim Bau "lieber den goldenen Wasserhahn weg", damit sich die Bewohner die Pflege leisten können.
Funktioniert der SWB-Plan, soll das Anker-Projekt 2014 fertiggestellt sein. In Augenschein treten wird dann auch die Bürgerstiftung, die bis dato eher im Hintergrund aktiv ist. "Wir werden das Service-Center betreiben", sagt Britta Duschek, Vorsitzende der Bürgerstiftung. Dabei geht es um den Netzwerkgedanken. "Wir wollen nicht direkt beraten, sondern die Leute an unsere Partner vermitteln", erklärt sie. Die Stiftung hat seit 2011 an dem Projekt gearbeitet. "Damals wurden wir noch belächelt", erinnert sich Duschek. Für Sigrid Meyer, die im Kuratorium der Stiftung Mitglied ist, war es da im Aufsichtsrat der SWB etwas einfacher: "Die Mitglieder wissen um die Problematik." Für das Sozialministerium ist das Vorhaben "beispielgebend und beispielhaft", sagt Sprecher Holger Paech. In der Elbestadt habe man seiner Aussage nach "die Zeichen der Zeit erkannt".