Psychoonkologe Heinrich Vogel ist am zertifiziertes Darmkrebszentrum Schönebeck tätig Weg finden, mit Diagnose Krebs umzugehen
Heinrich Vogel will Menschen helfen, mit der Diagnose Krebs umzugehen. Er ist Psychoonkologe am Darmkrebszentrum des Ameos-Klinikums Schönebeck.
Schönebeck l Diagnose Krebs - ein Befund, den keiner hören will, aber den schon viele hören mussten. Eine Schicksalsschlag, der erst einmal verarbeitet werden will. Heinrich Vogel will dabei helfen - wenn man ihn lässt. Der Diplom-Psychologe ist als Psychoonkologe am Darmkrebszentrum des Ameos-Klinikums Schönebeck tätig. Er bietet Menschen, die wissen, dass sie Darmkrebs haben oder sich bereits in Behandlung befinden, seine Hilfe an. "Wir nehmen uns der psychologischen Seite von Menschen, die an Krebs erkrankt sind, an. Denn diese ist sehr wichtig für die Genesung, für die Heilung", beschreibt der 52-Jährige das Aufgabenfeld des Psychoonkologen und erklärt: "Wenn Sie die Diagnose hören, läuft sofort ein Film in Ihnen ab. Sie denken fortan nur noch daran. Das ist völlig nachvollziehbar. Viele Menschen ziehen sich dann auch zurück."
Das Ameos-Klinikum Schönebeck ist seit 2007 Darmkrebszentrum, seit 2009 von der Deutschen Krebsgesellschaft als solches zertifiziert. Die Zahl der Erkrankten liege bei etwa 70 Behandlungsfällen im Jahr, sagt der Ärztliche Leiter Dr. Andreas Thews.
70-mal im Jahr wird Patienten nicht nur die Diagnose mitgeteilt, sondern auch, dass es einen Psychoonkologen im Haus gibt. "In dem Moment der Diagnose sind viele in einer Schockphase, können nicht klar denken. Da ist erst einmal nur die medizinische Seite wichtig, um abzustimmen, wie es weitergeht", sagt Heinrich Vogel. Wenn der Schock, die Tränen und der Schmerz über die Diagnose größtenteils überwunden sind, dann sei der Einzelne oft erst bereit, sich auf den Psychoonkologen einzulassen. "Der Patient erzählt dann, was mit ihm passiert", so Heinrich Vogel, der seit sechs Jahren am Ameos-Klinikum Schönebeck arbeitet.
Ganz gezielt schaue er bei den Patienten vorbei, wenn sie die Operationen hinter sich haben, sich in der Behandlung - wie Chemotherapie - befinden. Die Reaktionen auf seinen Besuch seien dann sehr verschieden. "Die einen sagen: Alles gut, danke. Die anderen sind in einem Loch gelandet und entwickeln depressive Züge. Sie müssen sich auf einmal mit Fragen aus- einandersetzen, mit denen sie sich vorher nicht beschäftigt haben. Unter anderem mit dem Tod und dem Sterben", weiß der Magdeburger.
Im Verlauf der Behandlung rücke für viele Patienten im Darmkrebszentrum ein ganz spezielles Thema in den Mittelpunkt: der künstliche Darmausgang. "Für viele Menschen ist das eine sehr starke Belastung", weiß der Psychologe. Vor allem vor dem Eingriff. Aber die meisten Patienten würden dann sagen, so seine Erfahrung, dass sie lieber mit dem künstlichen Darmausgang leben als zu sterben.
Heinrich Vogel ist klar, dass jeder Mensch unterschiedlich mit der Diagnose Krebs umgeht: "Wie eben jeder auch sein Leben lebt." Die einen hinterfragen sehr viel, die anderen nehmen es hin.
Doch er ist überzeugt: "Wir habe alle die Fähigkeit, mit solchen Diagnosen umzugehen. Wir müssen nur einen Weg finden." Wie dieser aussieht, dabei könne und wolle der Psychoonkologe helfen - um mit dem Krebspatienten einen eigenen Weg zu finden oder diesen wiederzufinden, wenn der Einzelne aufgrund der Erkrankung davon abgekommen ist.
"Es ist für jedes Krankenhaus, das Krebsbetroffene begleitet, ratsam, einen Psychoonkologen zu haben. Um die Menschen, die mit der Diagnose Krebs umgehen müssen, aufzufangen. Regelrecht in der Pflicht sind zertifizierte onkologische Zentren wie das Darmkrebszentrum Schönebeck", sagt Sven Weise, Geschäftsführer der Krebsgesellschaft Sachsen-Anhalt. "Wir wären froh, wenn viel mehr Krankenhäuser einen Psychoonkologen einstellen würden und wenn diese Hilfe zur Regelleistung für die Patienten wird."
Auch Heinrich Vogel ist der Ansicht, dass der eigentliche Bedarf größer ist als der, den er abdecken kann. Dennoch versucht er, dort zu sein, wo seine Hilfe gebraucht wird - neben Darmkrebspatienten beispielsweise auch bei Brustkrebspatientinnen.
"Ich bin ein guter Problembewältiger."
"Es gibt so viele Möglichkeiten, wie wir Menschen mit uns umgehen können. Die wenigsten wissen davon. Wir Psychologen können den Betroffenen zeigen, wie sie gut mit sich umgehen können", sagt der 52-Jährige auf die Frage, was er an seinem Beruf schätzt, was er erreichen möchte. Ihn fasziniere die Psyche des Menschen und wie er sie verbessern kann. "Ich bin gern mit Menschen in Kontakt und bin ein guter Problembewältiger", sagt Heinrich Vogel über sich. Gern möchte er, dass die Patienten im Darmkrebszentrum Schönebeck davon profitieren - wenn sie ihn lassen.