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Ausgrabungen Wichtigster Mann sitzt im Bagger

Voraussichtlich bis September dauert die aktuelle Grabung im Ringheiligtum Pömmelte. Den Anfang macht der Bagger.

Von Thomas Linßner 22.06.2020, 01:01

Pömmelte l Eheliche Teamarbeit: Monika und Hans-Joachim Twicker sind hellwach, wenn sie mit ihren Schippen vor dem Bagger stehen. Denn die beiden Grabungshelfer aus Güsten entscheiden, wie tief die Baggerschaufel den Mutterboden abhebt. Dritter im Bunde ist Norman Kanzenbach, der nicht weniger konzentriert immer wieder behutsam die Schaufel seiner tuckernden Maschine ansetzt. Neben dem Parkplatz des Ringheiligtums wird auf einer Fläche von 10 mal 380 Metern nach weiteren Siedlungsspuren gesucht.

Der Oberboden ist braun und schwer. Noch vor wenigen Tagen stand hier Wintergetreide. Norman Kanzenbach trägt die krume Schicht für Schicht ab. In diesem Falle sind es 40 bis 60 Zentimeter. So lange, bis die hellere Kiesschicht zutage tritt. Denn hier wird es „spannend“. Jede Menge dunkle Bodenverfärbungen auf hellem Grund deuten auf Menschenwerk. Hier können Körpergräber, Abfallgruben oder die Pfosten von Langhäusern gewesen sein.

„Wir passen aber schon beim Mutterboden auf!“, sagt Hans-Joachim Twicker in unüberhörbarem sächsischen Dialekt. Wie der gebürtige Karl-Marx-Städter sagt, könnten schon im Oberboden, also der dunklen Muttererde - Befunde auftauchen. Deswegen sind die Grabungshelfer stets auf der Hut und ein eingespieltes Team mit dem Baggerfahrer. Würden sie nicht aufpassen, könnten wertvolle Artefakte unwiederbringlich zerstört werden.

Harald Meller, erster Archäologe Sachsen-Anhalts, ist von der Siedlungsgröße bei Pömmelte-Zackmünde immer wieder beeindruckt. Es sei die bislang größte Siedlung der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur aus der Zeit vor 4300 bis 3600 Jahren in Mitteleuropa. Die Grabungsergebnisse ermöglichten es, das soziale und religiöse Umfeld dieser Kultur, für das die Himmelsscheibe von Nebra das bekannteste Beispiel ist, besser zu verstehen. In der Siedlung wurden bisher über 30 typische Langhäuser sowie mehrere Gräber nachgewiesen. An Grabbeigaben finden die Archäologen Trinkgefäße aus der Glockenbecherzeit, Schalen und Tassen. Im vergangenen Jahr kam die kleine steinerne Armschutzplatte eines Bogenschützen sowie eine Pfeilspitze aus Feuerstein zum Vorschein.

Populärster Fund der aktuellen Grabung ist ein prähistorischer „Kühlschrank“. Damit ist ein großes Vorratsgefäß aus gebranntem Ton gemeint, das neben einem Haus tief in der Erde eingegraben war.

Das Ringheiligtum von Pömmelte wurde von Vertretern der Glockenbecher-Kultur vor rund 4300 Jahren gegründet. Pömmelte ist vergleichbar mit dem englischen Stonehenge, das ebenfalls die Glockenbecherleute errichteten.