Zeitschriften Made in Schönebeck: Erotik für Frauen
„Séparée“ heißt das derzeit einzige Erotikmagazin für Frauen in Deutschland. Eine Schönebeckerin hat es auf den Markt gebracht.
Schönebeck l Wer das Wort Erotikmagazin hört, denkt klischeehaft an die kleinen Schmuddelheftchen im Kiosk. Man(n) denkt an die großflächige, hüllenlose Abbildungen nackter Haut. Im Erotikmagazin von Janina Gatzky und Ute Gliwa ist aber alles anders. Die beiden haben sich auf die Fahnen geschrieben, das Image von Erotikmagazinen aufzpolieren – und vor allem auch für Frauen interessant zu machen. Sie haben ein Heft auf den Markt gebracht, dass sich von anderen abheben soll: Hochglanz, künstlerisch angehauchte Aktfotografie, Themen rund um Lust, Erotik und Sexualität – „Séparée“ ist das derzeit einzige Erotikmagazin für Frauen in Deutschland.
Und diese Neuheit sorgte von Anfang an für die erste Hilfslosigkeit: „Im Laden wusste man zunächst gar nicht, wo man das Heft platzieren sollte“, resümiert Mitherausgeberin und Chefredakteurin Janina Gatzky die Anfangsphase nach der Gründung vor fünf Jahren. Selbsterklärters Ziel: Erotik raus aus der „Schmuddelecke“.
Man wolle sich bewusst davon abgrenzen, schmuddelig zu sein, erklärt sie im Gespräch und sieht ihr Magazin selbst zwischen den Heften übers Wohnen und Lifestyle. Dabei – betont die 44-Jährige – geht es in diesem Magazin nicht um Pornographie, sondern sinnliche Erotik.
Mittlerweile geht das Heft in seine 18. Ausgabe, seit der „Premiere“ 2014. Janina Gatzky spricht von einem „organischen Wachstum“ – die Auflage liegt insgesamt bei 20.000 Stück, das Magazin erscheint vierteljährlich. Viele Zugriffe generieren die beiden über ihre Internetseite oder ihren Blog, denn das Magazin ist derzeit nur freikäuflich an Flughäfen und am Bahnhof in Magdeburg zu erwerben – kann aber auch über ihren Onlineshop bezogen werden. Obwohl „Séparée“ thematisch eine Nische aufgreift, also etwas Neues ist, wird die Mutter von drei Kindern dadurch keine Millionärin. Denn auch wenn Sex sich verkauft, zeigen sich viele Menschen im Umgang damit prüde. „Wir werden immer noch gefragt, ob das Magazin in einem dunklen Umschlag verschickt wird“, so Janina Gatzky. Ist es in Zeiten offener Beziehungen und Sex übers Internet noch zu früh für bewusste Erotik im Zeitungsladen? „So frei zu sein, wie wir wollen, davon sind wir noch weit entfernt“, findet Janina Gatzky. Es gäbe immer noch in diese Richtung viele Tabus.
Die gebürtige Magdeburgerin hat des Berufes wegen zehn Jahre mit Mann und Kindern in Österreich gelebt, bevor sie aus familiären Gründen nach Schönebeck zog. Von hier aus gestaltet sie nun das Magazin maßgeblich mit, produziert selbst Beiträge, Kolumnen oder engagiert in Absprache mit Ute Gliwa die Fotografen und Texter für die Ausgabe. Ein Interesse am Journalismus habe sie schon immer gehabt. Und natürlich an der Erotik.
Die Idee zum Magazin dazu entstand daraus, ein Pendant zum „Playboy“ schaffen. Das amerikanische Erotikmagazin für Männer gibt es seit 1953. Und es gibt vermutlich niemanden, der den bereits verstorbenen Herausgeber Hugh Heffner und seine Welt aus Playboy-Häschen nicht kennt.
Ein erotisches Manifest für die Männer-Welt; nackte Frauen, die sich (überwiegend) für Spezies Mann entblößen – und das bereits über Jahrzehnte hinweg. „Wir wollten nun etwas schaffen, das gezielt Frauen anspricht“, erklärt Janina Gatzky. Vergleichbare Projekte habe es zwar bereits gegeben, aber die haben sich nicht am Markt etablieren können. Derzeit sei „Séparée“ das einzige deutsche Erotikmagazin für Frauen.
Ein bisschen schwimmt das Magazin auch auf der feministischen Welle mit, gibt sie zu. Denn es dreht sich alles um Erfahrungen von Frauen für Frauen. „Eben das, was sonst nicht zu erfahren ist“, erklärt sie. Das Thema „Frau“ steht voll und ganz im Mittelpunkt, es sei daher eher ein Herzensprojekt, erklärt die promovierte Übersetzerin.
Die Frauen sollen durch das Magazin in ihrem Selbstbewusstsein bestärkt werden und mit „spielender Leichtigkeit“ soll auch ein gewisser feministischer Anspruch erfüllt werden, so die 44-Jährige Ehefrau. Und was sagt der Mann dazu? „Der unterstützt mich“, erklärt sie.
Wer großflächig nackte Männer im Magazin vermutet, liegt bei „Séparée“ falsch. In jeder Ausgabe befindet sich zwar eine Männer-Akt-Strecke aber genauso gibt es Aktaufnahmen von Frauen. Aber nicht immer ist dabei auch alles zu sehen. Der markanteste Unterschied zum „Playboy“ – „Wir drehen den Spieß einfach um. Bei uns müssen sich die Männer ausziehen. Die Damen entscheiden dagegen freiwillig, wie viel Haut sie zeigen“, erklärt die Mitherausgeberin. Daneben gibt es auch Paar-Strecken, Kolumnen und populärwissenschaftliche Beiträge.
Häufig setzen Fotografinnen die Protagonisten in Szene, denn auch der Blickwinkel unterscheide sich bei Mann und Frau, erklärt die Schönebeckerin. „Frauen versetzen sich in andere Frauen hinein. Männer haben dagegen eher einen objektiven Blick“, so Janina Gatzky. Und das spiegele sich demzufolge auch in den Fotos wider. Die Vielfalt macht interessant. „Nicht von hinten durch die Brust ins Auge, sondern frei soll über alle Vorlieben gesprochen werden“, erklärt die sie. Tabuthemen gebe es nicht. Im neuesten Heft spricht ein Mann über seiner eigene Sexualität und Verletzlichkeit.
Wer denkt, dass die meisten Leser des Erotikmagazins für Frauen auch Frauen sind, ist aber auf dem Holzweg. „Fast die Hälfte der Kunden sind Männer“, erklärt sie. Der Altersschwerpunkt liegt zwischen 40 und 60 Jahren, weiß Janina Gatzky zu berichten. „Auch im Alter kann Erotik durchaus Thema sein.“ Und wie erklärt sich das große Interesse der Männer? Die Chefredakteurin vermutet, dass die Männerwelt das Wesen Frau besser verstehen und etwas an ihrer Sicht zu Frauen ändern will.