Umweltbelastung Zu viel Nitrat im Sachsendorfer Grundwasser
Die Arbeitsgruppe für Umwelttoxikologie Mittweida (Sachsen) bot Bürgern in Barby die Möglichkeit, sich zu informieren.
Barby/Sachsendorf l „Ich habe den Verdacht, dass bei so vielen landwirtschaftlich genutzten Flächen um uns herum besonders der Nitratgehalt ziemlich hoch ist“, vermutet Wolfgang Dorn aus Sachsendorf. Er hat von der Beratungstour der Umwelttoxikologen in der Volksstimme gelesen und ist zum Barbyer Bauhof gekommen. „Wasser aus unserem Hausbrunnen haben wir dabei. Wir sind auf das Ergebnis gespannt“, ergänzt Ehefrau Renate.
Weil sich die Laborantin der Arbeitsgruppe etwas verspätet, haben wir Gelegenheit, ein bisschen in die Sachsendorfer Grundwasser-Geschichte einzutauchen. „Erst nach der Wende sind wir an das zentrale Trinkwassernetz angeschlossen worden“, erzählt Wolfgang Dorn. Bis dahin schöpfte jedes Haus aus seinem eigenen Brunnen. Weil man schon damals die Wasserqualität skeptisch beäugte, sei die Hygieneabteilung des Kreises aktiviert worden, um das Wasser in der Ortsmitte zu beproben.
Vor allem junge Familien wollten wissen, ob sich das Pumpen-Wasser von Sachsendorf-Patzetz für Baby-Nahrung eignet. „Ich erinnere mich noch gut, dass das Wasser aus der Pumpe von Patzetz als unbedenklich eingestuft wurde“, weiß Renate Dorn. Hier holten sich die Leute ihr kühles Nass zuweilen auf altväterliche Art mit der Alu-Milchkanne oder anderen Behältern.
Ob auch die einzelnen Hausbrunnen beprobt wurden, wissen die Dorns nicht mehr. Sie glauben aber nicht.
Mittlerweile ist Marion Ziprian, Fachkraft für Umweltschutz, eingetroffen. „Entschuldigung, Stau“, murmelt sie knapp in Richtung der Wartenden. Es dauert keine zehn Minuten und das Sachsendorfer Brunnenwasser wird untersucht. Nach wenigen Augenblicken steht das Ergebnis fest: „Ihr pH-Wert ist in Ordnung, die Nitratkonzentration allerdings nicht“, sagt Marion Ziprian mit einem Stirnrunzeln. Die Nitrat-Obergrenze liegt bei 50 Milligramm pro Liter, das Wasser der Dorns hat mehr als das Doppelte.
„Das sollten Sie auf keinen Fall trinken und auch nicht so weiches Obst wie Erdbeeren damit abwaschen“, mahnt die Fachfrau. „Da brauche ich wohl gar nicht danach zu fragen, ob unser Hund ...“, bringt Renate Dorn resigniert den Satz nicht zuende. „Nein, auch der Hund sollte es nicht zum Saufen bekommen“, erklärt Marion Ziprian. „Das haben wir uns gedacht“, winkt Wolfgang Dorn ab, „bei uns wird ja andauernd Gülle, Biogas-Abfälle oder anderer Dünger auf den Feldern ausgebracht.“
Auch Sascha Wenzel ist mit dem Moped von Glinde nach Barby gefahren, mit zwei Wasserflaschen im Rucksack. Er hatte zuvor das Gerücht gehört, dass in seinem Dorf „nicht mal die Pferde das Brunnenwasser trinken“ würden. „Kann ich mir nicht vorstellen, bei uns gibt es ja nur ein Pferd“, grinst der Lehramtsstudent. Als die Diagnose seines Flascheninhalts fest steht, wandern seine Mundwinkel noch mehr nach oben. In Glinde ist die Welt mal wieder in Ordnung: die Nitrat-Belastung des Wenzel-Brunnens beträgt 9,5 Milligramm. (In Sachsendorf waren es 101 mg/l). Ähnlich ist es auch bei den Barbyer Proben, die allesamt unter dem Grenzwert liegen.
Steffen Grafe aus der Bebelstraße möchte nicht nur sein Wasser, sondern vor allem die Bodenqualität ermitteln lassen. Er wohnt in einer Ecke, die 2013 vom Drängewasser überflutet war. Da könnten ja Dieselölanteile oder Coli-Bakterien eine Rolle spielen. Doch die Bodenuntersuchung kann Marion Ziprian nicht vor Ort machen, sondern erst im Labor der Umwelttoxikologie. Was seinen Preis hat: Je nach Analyse muss man zwischen 12 und 90 Euro berappen. Der Barbyer entscheidet sich für „Bodenanalyse 3, Öl und Treibstoffe“. In zwei Wochen wird ihm das Ergebnis mitgeteilt.
Das durch Nitrat verunreinigte Grundwasser dehnt sich besonders in ländlichen Gebieten aus, wo die ländiwtrschaftlichen Flächen intensiv genutzt werden, bestätigt Marion Ziprian den Trend. Die Belastung sei, so das Bundesumweltministerium, in mehreren Regionen deutlich zu hoch. Sie führe „zu deutlichen Auswirkungen bei der Trinkwassergewinnung und verursacht vermehrte Anstrengungen zum Schutz der Trinkwasserressourcen.“