165 Züchter präsentieren bei einer Werbeschau in Borne das bereits über 100 Jahre alte Vorwerkhuhn Alte deutsche Hühnerrasse zeigt, was in ihr steckt
Borne war am vergangenen Wochenende Veranstaltungsort der Werbeschau des Sonderzuchtvereins der Züchter des Vorwerkhuhns, das einst auf der Roten Liste, der vom Aussterben bedrohten Tierrassen stand.
Borne l In langen Käfigreihen sitzen große und kleine Hühner, Tauben und anderes Geflügel in den unterschiedlichsten Rassen. So kennt man eine Geflügelschau. Doch am vergangenen Wochenende fand in Borne eine Ausstellung der besonderen Art statt. Eine Werbeschau, bei der das Vorwerkhuhn der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Organisiert hatte diese der Sonderzuchtverein zur Zucht und Erhaltung der Vorwerk- und Zwergvorwerkhühner. 21 Aussteller, zum größten Teil aus den neuen Bundesländern, zeigten insgesamt 165 Tiere. Der Verein zählt zurzeit rund 155 Mitglieder, darunter auch Züchter aus Dänemark, Schweden, der Schweiz oder aus Frankreich. Die Beliebtheit des Vorwerkhuhns ist also größer geworden. Das war nicht immer so. Einst stand die alte deutsche Hühnerrasse auf der Roten Liste, der vom Aussterben bedrohten Rassen. Doch im Laufe der Jahre fanden sich immer mehr "Liebhaber" des Vorwerkhuhns.
Vorwerk nutzte Eigenschaften anderer Hühnerrassen
Die Rasse "Vorwerkhühner" wurde vor 100 Jahren von Oskar Vorwerk aus Othmarschen geschaffen. Sein planmäßig - in Abstimmung mit führenden Geflügelzüchtern - erarbeitetes Zuchtziel sah ein außergewöhnlich schönes Nutzhuhn vor, das auch gleichermaßen für die Repräsentation in den damaligen parkähnlichen Gärten der vorstädtischen Villenviertel geeignet sein sollte. In zehnjähriger beharrlicher Zuchtarbeit zogen Oskar Vorwerk und sein angestellter Geflügelzuchtmeister Otto Seeliger aus heimischen Lakenfeldern, den aus England importierten "Gelben Orpington" und heimischen gelben Ramelslohern sowie blauen Andalusiern eine neue Rasse: das Vorwerkhuhn.
Der erste Weltkrieg verhinderte eine Ausbreitung der neuen Rasse. Bereits ab 1912 hatte Oscar Vorwerk Tiere an interessierte Züchter in ganz Deutschland verschenkt. So verlagerte sich die Vorwerkzucht in den zwanziger Jahren mehr nach Thüringen, Schlesien, sowie Süd- und Westdeutschland. Im Februar 1933 starb Oskar Vorwerk. Er hatte verfügt, dass alle seine Tiere unter den ihm bekannten Züchtern verteilt wurden. Die Zuchten hatten sich so entwickelt, dass sie auch ohne die Unterstützung durch Oskar Vorwerk bestehen konnten. Durch den zweiten Weltkrieg kam dann die Rasse allerdings an den Rand des Verschwindens. Die Züchter in Schlesien wurden vertrieben und im Westen ging, was den Bombardierungen standgehalten hatte, durch Nahrungsmangel ein. Reinrassige Vorwerkhühner blieben nur an zwei Orten erhalten: in Halle und bei Karl Schmitt in Großbreitenbach im Thüringer Wald. Genauer war es eigentlich seine Frau, welche während des Krieges die Zucht mit 26 Hennen und zwei Hähnen weiter betrieb und so vor dem endgültigen Verschwinden rettete. Auf dieser schmalen Grundlage wurde nach dem Krieg dann wieder aufgebaut. Dass dies aber nicht ohne Einkreuzungen möglich war, versteht sich. Besonders im Ostteil Deutschlands fanden sich tüchtige Züchter, welche trotz Futtermangel die Zucht gekonnt vorantrieben.
Ausstellungshalle wird zu einem großen Tiermarkt
Die Zucht der alten Rasse nahm immer mehr zu. "In Österreich wird auch ein blauer Farbenschlag anerkannt. Unser Sonderverein ist allerdings strikt gegen eine Anerkennung eines anderen Farbenschlages. Alles andere widerspricht dem Zuchtziel von Oskar Vorwerk", erklärte Ausstellungsleiter Egon Wiedemann in Borne.
Ziel einer Werbeschau ist unter anderem auf die Rasse aufmerksam zu machen. Doch dazu gehört auch Fachsimpeln unter den Züchtern. Und kaum haben die Preisrichter ihre Bewertung abgegeben, verwandelt sich die Schau in einen Tiermarkt. "Wir sind nun am Ende unseres Ausstellungsjahres. Alle Züchter haben ihre besten Tiere auf den Schauen gezeigt. Die Vorbereitung des neuen Zuchtjahres beginnt. Jeder Züchter möchte noch einmal gutes Gen-Material in seine Zucht bringen", erklärt Egon Wiedemann. Es beginnen Verhandlungen über Hähne und Hennen.
Unter den Ausstellern ist auch Hartmut Wegner aus Borne, der seit vielen Jahren die großen Vorwerkhühner züchtet. "Die legen schöne große Eier", verriet seine Frau am Rande der Ausstellung.
Zwei Tage lang konnten sich auch Interessierte ein Bild von der alten deutschen Hühnerrasse machen. Und wer weiß, vielleicht hat diese Werbeschau bei dem einen oder anderen das Interesse geweckt, sich der Zucht des Vorwerkhuhns zu verschreiben und damit dieses alte deutsche Huhn für die Nachwelt zu erhalten.