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Königsplatz Bettelarme Kirche in Not

Der Turm der St. Petri-Kirche in Staßfurt müsste für 800.000 Euro saniert werden. Die Gemeinde hat nicht soviel Geld.

08.10.2019, 06:00

Staßfurt l Das Erntedankfest wird auch in diesen Regionen im Jahr 2019 wieder gebührend gefeiert. Die Gläubigen kommen zusammen, um Gott für die Gaben der Ernte zu danken. Es ist eine Zeit des Demuts, der Einkehr und der Selbstbesinnung. Auch in der St.-Petri-Kirche am Königsplatz in Staßfurt wurde dies mit einem besonderen Gottesdienst kürzlich gefeiert. Mehrere Bundestagsabgeordnete, der Oberbürgermeister und mit Volker Kauder der langjährige Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU waren zu Gast in Staßfurt.

Ein großer Rummel also. Und eine passende Möglichkeit, um ein paar Probleme anzusprechen, die größer angefasst werden müssen. Auch deshalb kam Regina Zuber, Vorsitzende des Gemeindekirchenkreises in ihrer Rede auf ein Problem zu sprechen, das in der Deutlichkeit über ein Jahr bekannt ist. Die Lösung des Problems scheitert an großen Papierscheinen: dem Geld.

Es gibt Schäden an der Kirche. Und diese sind gravierend. Seit Juni 2018 schon umrahmt ein Zaun den Bereich rechts neben dem Eingang, weil von oben Gefahr droht. Fugen zwischen den Steinen am Turm lösen sich auf, die Steine werden locker und drohen herunterzufallen. Die Rollschichten also, an denen der Regen abfließt, sind marode. Frost und Hitze greifen die Steine an und die Feuchtigkeit geht hinein.

„Kirche in Not“, heißt es auf einem Flugblatt in roter Schrift, das an mehreren Stellen ausliegt. 800.000 Euro betragen die geschätzten Baukosten. „Durch Zerfall und Erosion drohen Ziegel herunterzufallen“, hat Bauingenieur Hans-Jürgen Krause beobachtet. „Die Oberfläche ist kaputt, Wasser dringt ein. Wenn da nichts gemacht wird, muss die Kirche im Extremfall ganz gesperrt werden. Es ist sehr akut.“

Aber so einfach ist das eben nicht. Schon gar nicht mit dem Geld. Die Kirchengemeinde ist arm, der Kirchenkreis Egeln auch. „Leider ist die Kirche zu jung für eine Denkmalfunktion“, erklärt Superintendent Matthias Porzelle. „Man könnte versuchen innerkirchliche Fördertöpfe anzufassen.“ Aber allein der Kirchenkreis Egeln hat 140 Kirchen. Und auch andere Kirchen müssen saniert werden. „Gerade jetzt in den trockenen Sommern haben wir es mit Rissen in Gebäuden zu tun. Der Ton oder Lehm trocknet aus, der Boden ist instabil“, sagt Porzelle. Und schon zieht sich der Riss im Schiff an der Wand entlang. Hier sind die Probleme also noch gravierender als in Staßfurt.

Der Kirchenkreis ruft nach Hilfe. „Wir wollen schauen, ob wir über Stadtumbau- oder Stadtentwicklungsförderprogramme etwas erreichen. Zusammen mit der Stadt wollen wir uns auch an das Land wenden“, erklärt Porzelle. 30.000 Euro könnten vom Kirchenkreis kommen, 40.000 Euro sind zusätzlich gesichert. Der große gewaltige Rest von über 700.000 Euro ist aber offen.

Wenn die Bauarbeiten an der Kirche beginnen, laufen diese in drei Schritten ab. Angefangen wird oben an der Kirchturmspitze, dann geht es nach unten.

Am teuersten wird die Sanierung des Turms, die auch am dringendsten ist. 360.000 Euro würden allein diese Arbeiten kosten. „15 Prozent davon sind allein Gerüstkosten“, rechnet Hans-Jürgen Krause vor. Dauern könnte das etwa drei bis vier Monate. Direkt danach müsste der Mittelteil angefasst werden. Kosten: 280.000 Euro. Bauzeit: sechs Monate. „Das müsste hintereinander gemacht werden“, so Krause. Mit Beginn in einem Spätsommer müssten diese beiden Maßnahmen innerhalb von zwei Jahren erledigt werden. Zum Schluss käme der untere Bereich dran. Baukosten: 160.000 Euro. Bauzeit: vier Monate. Diese Maßnahme könnte später umgesetzt werden.

2008 wurden bereits die Rollschichten auf der anderen Seite der Kirche zum Teil erneuert. Nun werden aber alle vier Seiten angegriffen. Besonders die Nordseite (wo die Zäune stehen) ist durch die Winde vorn dort anfällig. Dort sind die Schäden auch besonders groß.

Es sind aber nicht die einzigen Arbeiten, die sich beim Sanierungsstau im hübschen Gebäude aufgetürmt haben. Denn im Inneren des Turms wartet auch der Glockenstuhl auf Bauarbeiter. Die Glocken aus Hartstahl klingen nicht mehr, der Stuhl ist zu instabil. Ein hölzerner Ersatzbau muss her. Dazu sind auch die Schallluken in die Jahre gekommen, sie korrodieren. Auch hier tickt die Zeitbombe schon.