Umwelt Ciech Soda will weiter Abwasser in Staßfurter Gewässer einleiten
Die Ciech Soda in Staßfurt braucht eine neue Erlaubnis zur Einleitung ihrer Produktionsabwässer in die Bode sowie in das Grundwasser und den Fischteich in Unseburg. Das Vorhaben wird jetzt in einem öffentlichen Verfahren breit diskutiert. Zeitgleich visiert die Soda umweltfreundlichere Produktionsverfahren an.
Staßfurt/Unseburg - Die Ciech Soda in Staßfurt beantragt zum 1. Januar 2022, dass sie weiterhin Produktionsabwässer in die Gewässer der Region einleiten darf. Die sogenannte „Fortführung der wasserrechtlichen Erlaubnis“ hat das Unternehmen im Juli beantragt und soll jetzt in einem öffentlichen Verfahren genehmigt werden. Produktionsabwässer sollen – wie heute schon – über die industrielle Absetzanlage bei Unseburg ins dortige Grundwasser und den Fischteich sowie in die Bode in Staßfurt eingeleitet werden.
Für die Ciech Soda bildet die Erlaubnis „eine wichtige Grundlage für die weitere Planung der Entwicklung und Modernisierung des Produktionsstandortes Staßfurt“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. „Das bedeutet die Sicherung der Arbeitsplätze und des gesamten Standortes, wozu ebenfalls die Salzanlage und das Kraftwerk gehören. In Summe 550 Arbeitnehmer plus Ausbildung sowie einer Vielzahl von Nachauftragnehmern in Staßfurt und im Salzlandkreis.“
Antrag wird in 39 Dokumenten diskutiert
Die Ciech Soda beantragt die Einleitung der Abwässer jetzt unbefristet. Ob der Bescheid dann wirklich auf unbestimmte Zeit oder eben doch befristet ausgestellt wird, ist noch unklar. „Die Entscheidung, ob die Erlaubnis entgegen dem Antrag dennoch befristet wird, wird im laufenden Verwaltungsverfahren getroffen“, heißt es vom Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt. Diese höchste Verwaltungsbehörde ist zuständig für größere Industriebetriebe und hat den Antrag jetzt auf dem Tisch.
Dass es sich um ein bedeutendes Verfahren handelt, zeigt schon der Umfang der Dokumente. Die Antragsunterlagen der Ciech Soda umfassen 21 Dokumente und enthalten etliche Informationen zu Kanalstandorten, Messstellen, Eigenüberwachung, Gutachten zur Bode oder auch die „Sozioökonomische Studie: Bedeutung der Ciech Soda Deutschland GmbH & Co. KG für die Region Staßfurt im Salzlandkreis, Sachsen-Anhalt“.
Außerdem gehören 18 Stellungnahmen verschiedener Behörden zu den Antragsunterlagen. Fachbereiche verschiedenster Ämter müssen den Antrag fachlich bewerten. Das Landesverwaltungsamt erklärt: „Bei jeder zu erteilenden wasserrechtlichen Erlaubnis – egal ob befristet oder unbefristet – sind die Auswirkungen einer Einleitung auf Natur und Umwelt maßgeblich zu berücksichtigen.“
Die Einschätzungen der Behörden gehen momentan in alle Richtungen. Einige Ämter haben nichts gegen weitere Einleitungen einzuwenden. Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) oder die Obere Fischereibehörde aber sprechen von einer „immensen Gütebeeinträchtigung“ und einer „starken Schädigung des Gewässerökosystems“ der Bode.
Kanal in die Elbe ist vom Tisch
Um die Bode zu entlasten, war einst mal ein Überleitungskanal in die Elbe im Gespräch, der neu in Schönebeck gebaut werden sollte. Diese Variante hat man bereits durchgespielt und nun verworfen.
Die Ciech Soda erklärt: „In Auswertung dieser Planungen und Untersuchungen ist es sinnvoller und zielführender, direkt am Standort in die Verbesserung der Umwelttechnik zu investieren. Es ist essenziell, an der Ursache zu arbeiten, anstatt die Verlagerung der Einleitung anzustreben.“
Von behördlicher Seite ist das Unternehmen angehalten, Natur und Fluss zu schonen, den schlechten chemischen Zustand der Bode nicht noch weiter zu verschlechtern.
Vor diesem Hintergrund sei für die Ciech Soda die neue Einleiterlaubnis „auch Grundlage für preisintensive Investitionen in innovative Umwelttechnik“, heißt es. Denn als Alternative zur Elbe-Leitung visiert das Unternehmen jetzt eine neue Produktionstechnologie an.
Neues Verfahren ohne Ammoniak und Kalkstein
„Aktuell wird mit dem CODA-Verfahren eine umweltfreundliche Alternative zum Ammoniak-Sodaverfahren erforscht“, so die Ciech Soda. Im „CODA-Prozess“ (Carbon-negative sODA ash plant) werden Soda-, Wasserstoff- und Chlor-Produkte aus Natriumchloridlösung (Sole), Kohlendioxid (bevorzugt aus der Atmosphäre) und erneuerbarer elektrischer Energie hergestellt. Ammoniak und Kalkstein fallen weg. Neue Feststoffhalden und Chlorid-Abwasser mit Ammoniakeinleitungen auch. In einem fünfjährigem Forschungsprojekt mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR soll eine neue Demonstrationsanlage auf dem Werksgelände im Testbetrieb erprobt werden.
Der Ciech-Konzern betont, dass er nach und nach durch „bedeutende Investitionen“ Produktionsanlagen modernisiere und die Auswirkungen auf die Umwelt minimiere. In der Vergangenheit habe man zum Beispiel investiert in die neue Natronanlage, eine neue Kühlwerkstechnologie, um weniger Wasser aus der Bode zu nehmen und Einleittemperaturen zu verringern, sowie eine Forschungsanlage zur Minimierung der Einleitung von Stickstoffverbindungen.
Kurzfristig muss weiter in Bode und Grundwasser eingeleitet werden
Kurzfristig muss weiter in Bode und Grundwasser eingeleitet werden. Der Antrag auf die weitere Erlaubnis zum Einteilen wird jetzt im öffentlichen Verfahren weiter debattiert. Nach einer öffentlichen Bekanntmachung vom Landesverwaltungsamt liegen die Unterlagen sowohl in diesem Amt in Halle (auch online unter www.lsaurl.de/OeffBekannt), als auch im Verwaltungshaus 1 in Staßfurt aus.
Ziel ist es, der Öffentlichkeit und jedem Bürger die Möglichkeit zu geben, Einwendungen zu machen oder Hinweise zu geben. „Jeder Bürger kann seine Einwendungen und Bedenken mit den Worten und Inhalten vorbringen, die er für angemessen und richtig wählt“, erklärt das Landesverwaltungsamt.
Falls es Einwendungen gibt – die müssen bis 8. Dezember eingegangen sein – werden diese bei einem „Erörterungstermin“ in Staßfurt ausdiskutiert. Dieser Termin wird „frühestens einen Monat nach Ablauf der Einwendungsfrist stattfinden – also frühestens im Januar“, so das Landesverwaltungsamt, und werde gesondert bekanntgemacht.