Stadtrecht Cochstedt ist kein Dorf
Cochstedt kann trotz Zugehörigkeit zu einer Einheitsgemeinde den Titel "Stadt" führen.
Cochstedt l Auch wenn es Ortsfremden bei einem ersten Besuch ohne den genauen Blick auf das Ortseingangsschild so wohl nicht von allein auffallen würde, kann sich der kleine Hakelort Cochstedt mit seinen 1068 Einwohnern (Stand Februar 2018) den „Stadt“-Titel vor seinen Namen setzen.
Viele Cochstedter erfüllt das mit Stolz. „Cochstedt hat 1535 das Stadtrecht verliehen bekommen“, erklärt Einwohner Frank Thume. Er hat sich am Lesertelefon gemeldet, um darauf aufmerksam zu machen, dass Cochstedt kein Dorf ist.
„Die Ortschaft Coch-stedt - räumlich getrennter Ortsteil der Einheitsgemeinde Stadt Hecklingen - darf die Bezeichnung ‚Stadt‘ führen.“
Ortsbürgermeister Wolfgang Weißbart berichtet, dass Bischof Albrecht von Halberstadt Cochstedt 1535 das Stadtrecht verlieh. Und Weißbart erklärt weiter, dass der Hakelort damals auch sein Wappen in den Farben rot und weiß, entsprechend den Farben des Bistums Halberstadt, erhalten hat. Auch nach 1945 und in der ehemaligen DDR sei mit dem „Stadt“-Titel weiter „alles gut gegangen“, erinnert sich Weißbart. Bis 1945 soll Cochstedt sogar die kleinste Stadt Deutschlands gewesen sein, erzählt er und auch nach der Wende sei „alles in Ordnung gewesen“. Problematisch sei es erst geworden, nachdem der Ort 2004 nach Hecklingen eingemeindet wurde und ein Ortsteil der Stadt Hecklingen, die heute zusammen mit Schneidlingen und Groß Börnecke eine Einheitsgemeinde bildet, wurde.
Doch vor einigen Jahren sei das Kommunalverfassungsgesetz überarbeitet worden. „Und ein Paragraf wurde aufgenommen, dass Ortsteile, die früher den ,Stadt‘-Titel getragen haben, diesen wieder führen dürfen. Und seitdem dürfen wir das auch“, so Weißbart.
Die Landkreisverwaltung in Bernburg bestätigt das. „Die Ortschaft Cochstedt - räumlich getrennter Ortsteil der Einheitsgemeinde Stadt Hecklingen - darf wieder die Bezeichnung ‚Stadt‘ führen“, erklärt Michel Peter, Stabstellenleiter der Kommunalaufsicht.
Er weiß, dass der Coch-stedter Ortschaftsrat in seiner Sitzung am 20. August 2014 beschlossen hat, den Antrag auf Weiterführung der Bezeichnung „Stadt“ für den Ortsteil Cochstedt bei der Kommunalaufsicht des Salzlandkreises gemäß Paragraf 14, Absatz 2, Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zu stellen.
Mit Schreiben vom 27. November 2014 habe die Stadt Hecklingen den Beschluss des Ortschaftsrates Cochstedt vorgelegt und den Antrag auf Weiterführung der Bezeichnung „Stadt“ für den Ortsteil Cochstedt gestellt. Der Antrag wiederum wurde von der Kommunalaufsicht geprüft und genehmigt. Michael Peter abschließend: „Mit Bescheid der Kommunalaufsichtsbehörde des Salzlandkreises vom 23. Dezember 2014 wurde Coch-stedt das Recht verliehen, die Bezeichnung ‚Stadt‘ wieder führen zu dürfen.“
Die Cochstedter wollten ihren zurück erworbenen Titel danach auch auf ihrem Ortseingangsschild vermerkt wissen. „Ich habe 2015 noch mit dem damaligen Bürgermeister der Stadt, Hans-Rüdiger Kosche, den Titel ‚Stadt Cochstedt‘ auf den Schildern aufgeklebt“, erklärt Ortsbürgermeister Wolfgang Weißbart der Volksstimme.
Das ist aber noch nicht offiziell. Das bestätigt eine Nachfrage dazu bei der Landkreisverwaltung, die Gereon Schelhas, Fachdienstleiter für Ordnung und Straßenverkehr, beantwortet.
Er verweist darauf, dass dem Landkreis ein entsprechender Antrag der Stadt Hecklingen auf Ausschilderung vorliegt. Über diesen Antrag habe jedoch abschließend noch nicht entschieden werden können. Schelhas erklärt zum Hintergrund, dass ein Runderlass des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom 27. Oktober 2017 regelt, dass „auf der Vorderseite der Ortstafel ... die Zweistufigkeit vorzunehmen ist. Das würde heißen, dass (dort) nur noch ‚Stadt Cochstedt, Salzlandkreis‘ stehen würde.“
Daher hat der Fachdienstleiter im November 2017 auch dazu das entsprechende Anhörungsverfahren mit den beteiligten Stellen – also dem Kreiswirtschaftsbetrieb für die Kreisstraße, der Polizei und der Stadt Hecklingen – geführt. Aus dem politischen Raum seien aber gravierende Ablehnungsgründe vorgetragen worden, da die Einheitsgemeinde Stadt Hecklingen zukünftig auf der Ortstafel nicht mehr erscheinen würde. „Deshalb ruht derzeit das anhängende Verfahren“, erklärt Gereon Schelhas. Er macht aber weiterhin darauf aufmerksam, dass sich der Innenausschuss des Landtages im Dezember 2017 und im Januar 2018 damit auch beschäftigte.
Demnach soll der Runderlass angepasst werden. Aktuellen Handlungsbedarf sieht der Mitarbeiter der Kreisverwaltung derzeit nicht, da die Ortseingangsschilder vorhanden sind. Natürlich müssten die Verkehrszeichen entsprechend dann angepasst werden, meint er. Das sei wiederum mit Kosten verbunden.
Daher soll zunächst die Änderung des Runderlasses abgewartet werden, heißt es aus Bernburg.