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Die Reformation führte im 16. Jahrhundert auch in Hecklingen zu Unruhen Familie von Trotha und ganze Gemeinde boykottierten Auflage der Bezirksregierung

Von Nora Stuhr 23.03.2012, 04:18

Die Reformation führte auch in Hecklingen im 16. Jahrhundert zu großen Unruhen. Wie sich das Ganze aus Sicht der Familie von Trotha abspielte, verrät ein Vortrag, den ein Nachfahre des Adelsgeschlechts in der Basilika hielt.

Hecklingen l"Ich bin dem Wunsch des Vereins (Anhaltische Landeskunde) hier in Hecklingen und in dieser Kirche die Geschichte unserer Familie zu skizzieren, sehr gern nachgekommen. Bin ich doch in dieser alten Basilika getauft worden und bin ich doch die ersten elf Jahre meines Lebens, bis zum Ende des Nazi-Reichs, hier in Hecklingen aufgewachsen." Mit diesem Worten begann Gustel von Trotha im Sommer 2011 seinen Vortrag über die Geschichte der Familie von Trotha in der Hecklinger Basilika.

"Die Trothas in Hecklingen und Gänsefurth waren wie erwähnt, wie ihre Fürsten nach der Reformation Lutheraner geworden."

Er ist ein Nachfahre des Adelsgeschlechts, das einst viele Jahre in Hecklingen lebte. Der Volksstimme liegen Auszüge aus dem Referat vor. Die Passagen geben Auskunft zur Reformation in Hecklingen und darüber, dass die Trothas zunächst gern der neuen Lutherschen Glaubensrichtung folgten.

Dazu sagte Gustel von Trotha: "Die Trothas in Hecklingen und Gänsefurth waren wie erwähnt, wie ihre Fürsten nach der Reformation Lutheraner geworden. Als nun die Fürsten Ende des 16. Jahrhunderts die Lehre Calvins annahmen, und zwar als Folge der Heirat von Johann Georg I. von Anhalt-Dessau mit einer kurpfälzischen Heidelberger Prinzessin, blieben die Trothas und ihre Dorfgemeinde streng lutherisch." Das aber führte zu Problemen. Es kam zur Auseinandersetzungen, die besonders in den ersten Jahrzehnten gravierend waren.

Kurz nach einer strengen Visite durch den Amtsmann von Bernburg und den Superintendenten, die in der Kirche Hecklingens, wie es heißt, "ettliche abscheuliche und abgöttische Picturen" festgestellt hatten, soll im Januar 1609 ein strikter Befehl der Bernburger Bezirksregierung an die Trothas mit dem Verbot, weiter nach der lutherischen Lehre zu verfahren, ausgegangen sein.

Der Calvinismus hätte in der Kirche Zerstörungen des Inventars zur Folge gehabt. Sie konnten trotz der Anweisung (Befehl der Bezirksregierung die Lehre Calvins zu übernehmen) aber abgewendet werden. Auch das geht aus den Unterlagen des Vortrags hervor.

Schließlich setzten sich die Trothas und das Volk gegen die Auflagen zur Wehr. "Die von der Regierung, unter Verletzung des trothaschen Patronatsrecht, eingesetzten reformierten calvinistischen Pfarrer wurden von den Trothas und der ganzen Gemeinde boykottiert. Die Rede ist von "Schmehschrifften", die in der Kirche ausgestreut wurden. Auch soll das Pfarrhaus nachts zweimal gestürmt worden sein. "Die Fenster ausgeworfen und mörderischer Weise mit Büchsen zu ihm hineingeschossen, dass der Pastor weder Tag noch Nacht mit seinem Weibe und Kindern sicher sein können."

Weder der Gerichtsherr und Patron Friedrich von Trotha noch der örtliche Richter wollten diese Dinge, wie es heißt, remedieren oder bestrafen, sodass der Pastor alsbald versetzt werden musste. Dem von der Regierung der Gemeinde aufgezwungene Nachfolger sei es auch nicht viel besser ergangen. "Weder seine Wohnung noch die Kirche wurden unterhalten, die Pfarrländereien wurden von den Bauern nicht beackert und auch das ihm zustehende Gehalt wurde von der Gemeinde nicht bezahlt, so dass er in arge Not geriet."

Vom Gang zum Gottesdienst eines anderen, von der anhaltischen Regierung entsandten Pastors wird berichtet, dass sowohl er als auch der ihn begleitende Amtsmann aus Bernburg schon auf dem Weg zur Kirche große Mühe hatten, an "lärmenden und tosenden Volkshaufen" vorbei zu fahren.

Vor der Kirche sollen sie dann auf eine vielköpfige "pöbelhafte" Menge getroffen sein, angeführt von einem jungen Bauernburschen. Die wenigen Gottesdienstbesucher seien so schnell wieder verscheucht worden.

"Die von der Regierung, unter Verletzung des trothaschen Patronatsrecht, eingesetzten reformierten calvinistischen Pfarrer wurden von den Trothas und der ganzen Gemeinde boykottiert."

"Die trothaschen Kirchenpatrone aus Hecklingen und Gänsefurth entschuldigten sich zwar später beim Fürsten von Anhalt für die Vorfälle."

Wie es mit der Basilika weiter ging, erklärt Gustel von Trotha wie folgt: "Die Hecklinger Kirche verfiel mehr und mehr. Trotz der schwierigen finanziellen Verhältnisse, in denen sich Wolf Thilo von Trotha um 1660 befand, nahm er sich der Restaurierung an, stellte selbst Geld bereit und sammelte von anderen. Obwohl das Patronatsrecht der Trothas 1647 suspendiert worden war, fühlte er sich für die Hecklinger Kirche verantwortlich, sodass dies Hauptwerk sächsischer Romanik erhalten geblieben ist."