Kritik aus dem Förderstedter Ortschaftsrat verärgert Mitarbeiter des Stadtpflegebetriebs Hirschfeld ist sauer: "Wissensträger halten Infos zurück, um sich zu profilieren"
Über mangelnde Sauberkeit und Grünflächenpflege wurde in der jüngsten Ortschaftsratssitzung in Förderstedt geklagt. Die Kritik gegen die Arbeitsweise des Stadtpflegebetriebes lassen die Verantwortlichen jedoch nicht auf sich sitzen und melden sich zu Wort.
Staßfurt l Das war zu viel. Die Leiterin des Stadtpflegebetriebes, Brigitte Hirschfeld, ist stinksauer. Die pauschale Kritik, die Förderstedts Ortsbürgermeister Peter Rotter und diverse Ortschaftsräte, allen voran FDP-Fraktionschef Günter Döbbel, in der jüngsten Ortschaftsratssitzung übten (Volksstimme vom 2. Juli), sei keinesfalls gerechtfertigt und ließe erkennen, dass Fakten - bewusst oder unbewusst - verschwiegen werden. "Wissens-träger halten in derartigen Veranstaltungen Informationen zurück, um sich auf einer Plattform zu profilieren", vermutet Hirschfeld sichtlich erbost.
40 Arbeitskräfte weggefallen - Ausschuss wurde informiert
Was die Leiterin des Stadtpflegebetriebes damit meint, ist das Wissen der Betriebsausschuss-Mitglieder Mathias Cosic (CDU), Klaus Engel (SPD/Grüne) und Günter Döbbel (FDP) um die personelle Situation des Stadtpflegebetriebes. In der Ausschusssitzung vom 30. Mai dieses Jahres informierte die Betriebsleitung über vorübergehende Engpässe in der Grünflächenpflege. Hintergrund war die Reduzierung von 40 Ein-Euro-Kräften/AB-Maßnahme-Teilnehmern, die einen Großteil der Grünflächenpflege übernehmen.
Trotz intensiver Bemühungen um eine Umsetzung der Arbeitskräfte, die am Marbegraben tätig waren, in die Infrastrukturmaßnahmen der Ortschaften, konnte keine Lösung mit der Agentur für Arbeit gefunden werden. Den Ausschussmitgliedern sei dies auch mitgeteilt worden. Ebenso wie der daraus resultierende Pflegerückstand.
Dies bestätigte auch Betriebsausschussmitglied Klaus Maaß (Linke/offene Liste). Das Stadtratsmitglied wandte sich in einem Schreiben an die Volksstimme, in dem er die Information des Eigenbetriebes in der Ausschusssitzung bezeugte.
Brigitte Hirschfeld beanstandet: "Die im Betriebsausschuss anwesenden Ortschaftratsmitglieder hätten den Sachverhalt in der Ortschaftsratssitzung durchaus erläutern können, wenn nicht sogar müssen."
Und auch Thomas Klich, Personalrat im Stadtpflegebetrieb, ist fassungslos: "Ortschaftsräten, die die Situation im Stadtpflegebetrieb nicht kennen, hätte ich solche Äußerungen ja noch verziehen, aber dass gerade diejenigen verurteilen, die genau Bescheid wissen, macht mich wütend."
Doch nicht nur die Leiterin des Stadtpflegebetriebes und das Personalratsmitglied sind sauer. Auch Oberbürgermeister René Zok traute seinen Augen nicht, als er die Vorwürfe des Förderstedter Gremiums am Montag in der Zeitung las. "Wenn die Informationen aus den Ausschüssen nicht kommuniziert werden, dann können wir sie uns auch sparen", sagt er.
Grünschnitt: Rotter ist für Kontrollen zuständig
Neben dem Vorwurf der mangelnden Grünpflege ärgerte ihn auch die Kritik am Grünschnitt-Containerstellplatz. Rotters öffentlich gemachter Unmut über danebenliegende Gartenabfälle und die Bitte an die Verwaltung, verstärkt Kontrollen durchzuführen, damit die Gewerbetreibenden dort keine Abfälle reinwerfen, ließen Zoks Blutdruck schon am frühen Morgen steigen.
"Der Stadtpflegebetrieb hat damit nichts zu tun", erklärt er. Eigentlich obliegt die Grünschnitt-Entsorgung dem Landkreis. Förderstedt und Staßfurt fanden jedoch eine Zwischenlösung. In einer Zielvereinbarung sei festgehalten worden, dass der Ortsbürgermeister für die Container verantwortlich ist. "In den Ortsteilen Hohen-erxleben, Rathmannsdorf und Neundorf klappt das auch problemlos", so Zok.
Konsequenz aus Vorwürfen: Container werden abgeholt
"Um die Abholung bin ich jederzeit bereit, mich zu kümmern. Auch wenn das den Gesamthaushalt der Stadt belastet, also auch jene Steuerzahler, die die Container nicht nutzen."
Die einzige Konsequenz, die das Stadtoberhaupt nun zur Beseitigung des Missstandes sieht, ist die Entfernung des Grünschnitt-Containers. Doch das hat Zok eigentlich nicht vor.
Dass letztlich an der Arbeitsfähigkeit - laut Döbbel sogar an der Daseinsberechtigung - des Stadtpflegebetriebes gezweifelt wird, hat nicht nur Brigitte Hirschfeld und OB Zok entrüstet, auch die Mitarbeiter des Eigenbetriebes waren schockiert. "Nichts ist schlimmer, als bei stetigem Bemühen und harter Arbeit demoralisiert zu werden", weiß die Leiterin des Stadtpflegebetriebes.
"Derzeit arbeiten 17 Mitarbeiter im Grünbereich des Eigenbetriebes, davon vier mit allen Arbeiten auf den zwölf Friedhöfen. Die Stadt hat 14 Ortsteile. Bitte rechnen Sie selbst", so Hirschfeld.
Auch Klaus Maaß macht die Problematik deutlich: "In der Stadt mit allen Ortsteilen sind 934219 Quadratmeter Rasenfläche zu mähen, 27336 Quadratmeter Hecken und Gehölze zu pflegen, 104 Bushaltestellen zu säubern und 1723 Regeneinla¨ufe zu reinigen und dies ist nur ein kleiner Teil der Aufgaben."
Aus der Gemeinde Förderstedt seien 2010 neun Arbeitskräfte aus dem einstigen Bauhof übernommen worden, davon arbeiten aktiv noch sechs. "Wenn zwei Mitarbeiter fast ausschließlich auf Friedhöfen tätig sind, so bleiben im besten Fall vier für die übrigen sechs Ortschaften der Gemeinde Förderstedt."
Zielvereinbarung übersteigt Leistungsvolumen
Forderungen, wie jene von Ortsbürgermeister Peter Rotter, dass jedem Ortsteil zwei Verantwortliche des Stadtpflegebetriebes zur Seite gestellt werden, seien idealerweise gewiss wünschenswert, und das nicht nur für Förderstedt, aber sie sind einfach nicht realisierbar. Denn schon der momentane Umfang der Zielvereinbarung in den einzelnen Sparten übersteige bei Weitem das Leistungsvolumen des Eigenbetriebes.
Aus dem Förderstedter Bauhof desolate Technik übernommen
Überlegungen, die Zentralisierung der ehemaligen Bauhof-Arbeitskräfte zurückzudrehen, wie Förderstedts Ortschaftsrat Matthias Cosic äußerte, sei abgesehen von den Mitarbeitern schon kaum möglich. "Aus dem Bereich Förderstedt haben wir bei der Zentralisierung absolut desolate Technik übernommen. Ebenso desolat waren die ehemaligen Unterstellmöglichkeiten. Zudem hatte der einstige Bauhof keine Transportmöglichkeiten und auch eine Kosten-Leistungsrechnung hat nicht stattgefunden", so Brigitte Hirschfeld. "Es war nicht alles Gold, was Förderstedt nach Staßfurt mitbrachte", meint auch Klaus Maaß.
"Sollte über eine Rückführung nachgedacht werden, dann sollte man auch die Konsequenzen im Blick haben", warnt die Leiterin des Stadtpflegebetriebes.