GRB Kompetenzzentrum Herz in Staßfurt
Um nach Herzkrankheiten die richtigen Wege zu gehen, verfolgt der Gesundheitssportverein Staßfurt jetzt einen neuen Ansatz.
Staßfurt l Hinter der Eröffnung eines sogenannten Kompetenzzentrums für koronare (die Herzkranzgefäße betreffende) Herz-Kreislauferkrankungen am Dienstag steckt ein neuer Weg, den der Gesundheits-, Rehabilitations- und Behindertensportverein (GRB) Staßfurt jetzt gehen will.
„Es geht nicht mehr darum, nur Sportübungen zu machen, sondern den Patienten auch Wissen und Bildung zu vermitteln“, erklärte Olaf Haberecht bei der Eröffnung des Kompetenzzentrums. Der Arzt, der die Herzsportstunden des GRB selbst mit überwacht, sagte: „Wenn die Patienten ihre Reha beendet haben, fallen sie in gewohnte Lebensweisen zurück. Nur solange der Patient unter der Kontrolle der Gruppe steht, macht er seinen Sport.“
Deshalb sei es heute mehr denn je an der Zeit, Patienten auch Hintergründe über Herzkrankheiten zu vermitteln, zu erklären, worin gesunde Ernährung besteht, was bei Bewegung, Sport, Arbeitsplatzbedingungen und der täglichen Lebensweise zu beachten ist. Eine medizinisch erklärende Betreuung während der Sportstunde ebenso wie Vorträge und Information für die Patienten sollen daher in Zukunft für die Herzsportgruppen in Staßfurt dazugehören.
Sachsen-Anhalt sei das Bundesland, erklärte Olaf Haberecht, wo die meisten Menschen am Herzinfarkt sterben, 38 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liege die Quote. Ursachen sieht er in ungesunder Lebensweise der Patienten, aber auch im Unwissen der Bevölkerung über Herzkrankheiten, etwa über die Symptome eines Herzinfarkts. In Sachsen-Anhalt, erläuterte Olaf Haberecht aus einer Studie, seien die meisten Ursachen für Herzinfarkte hoher Cholesterinspiegel, hoher Blutdruck, zu wenig Herzsportangebote und beim Herzinfarkt wird viel zu lange gewartet bis ein Krankenwagen gerufen wird.
Kooperationspartner für das neue Kompetenzzentrum beim GRB ist unter anderem das Ameos-Klinikum Staßfurt und Aschersleben. Olaf Haberecht ist nicht nur betreuender Arzt, sondern auch Präsident des Landesverbandes für Rehabilitation und Prävention für koronare Herzerkrankungen sowie Oberarzt der Kardiologie in Aschersleben. Nachdem Dr. Gesine Schmidt aufhörte, übernimmt er seit diesem Jahr mit drei weiteren Ärzten die Aufsicht bei den Sportstunden, zum Beispiel Dr. Steffen Lange und Peter Schmiedel von Ameos.
Durch die Ausstattung des Kompetenzzentrums mit medizinischen Messgeräten wird die Arbeit der Ärzte in den Herzgruppen auf eine neue Stufe gestellt. „Wir können die Werte jedes einzelnen Patienten jetzt genau dokumentieren und für jeden nachhaltig erfassen. So ist auch ein Vergleich aus medizinischer Sicht möglich“, erklärte Vereinsvorsitzender Thomas Wagner im Volksstimme-Gespräch.
So versteht der Patient dann auch, welche konkreten Effekte Sport auf seinen Körper hat. Das führt langfristig zum Lerneffekt, dass Patienten auch nach ihrer Zeit der Kostenübernahme weiter Sport machen wollen.
Geplant ist am Kompetenzzentrum außerdem, dass Referenten wie Ernährungsberater, Ärzte oder andere Experten die Patienten in Vorträgen über Herzkrankheiten und die richtige Lebensweise zur Vorbeugung aufklären.
Ein Schulungs-, Weiterbildungs- und Seminarraum wurde im Fürstenhof eingerichtet. Dort können sich die Übungsleiter des Vereins - aber auch die Übungsleiter anderer Vereine, die Herzsport anbieten wollen - schulen lassen. Internet, Technik, Fachliteratur, Videomaterial, Sportmaterialien, Infobroschüren, Blutdruckmessgeräte, Blutzuckerteststreifen oder eine Körperfettwaage wurden angeschafft. „Die Salzlandsparkasse hat uns dies alles ermöglicht“, so Thomas Wagner über die Spende über 5000 Euro.
„Auch die langjährige Zusammenarbeit mit dem Berufsförderungswerk (Bfw) Staßfurt wollen wir jetzt mit der offiziellen Kooperation für das Kompetenzzentrum besiegelten“, erklärte Thomas Wagner, der eine Vereinbarung mit dem dortigen Geschäftsführer Frank Memmler unterschrieb. Der GRB benutzt die Schwimmhalle im Bfw für seine Sportstunden.
Das Kompetenzzentrum soll auch anderen Vereinen offen stehen und eine Anlaufstelle für Sportvereine der Region werden. Was gerade bei Sportvereinen zu beachten ist, wie Selbsthilfegruppen gegründet werden, welche Qualifikationen gerade im Herzsport gebraucht werden oder wie man Übungsleiter wird - all dies beantworten die Mitarbeiter des GRB gern auch anderen Vereinen. „Wer Übungsleiter werden will, muss zum Beispiel bei Übungsstunden hospitieren. Das ist in dem Bereich im Altkreis Aschersleben-Staßfurt zum Beispiel nur bei uns möglich“, so Thomas Wagner.
Zudem soll sich das Kompetenzzentrum im Fürstenhof auch zur Anlaufstelle für die Gründung von Selbsthilfegruppen herausbilden. Auch hat man im Sportbüro schon Erfahrung. Thomas Wagner erklärt: „Betroffene fragen oft, wo sie Hilfe finden. Der Bedarf für Selbsthilfegruppen ist groß. Bei uns können sich Betroffene vernetzen und Hilfestellung für die Gründung solcher Gruppen bekommen.“
Unterstützer für das Kompetenzzentrum sind außerdem der Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Sachsen-Anhalt, der Kreissportbund, der Landessportbund, der Landesverband Sachsen-Anhalt für Prävention und Rehabilitation koronarer Herzerkrankungen sowie Sponsoren wie die Stadtwerke Staßfurt, die bei dem Termin 500 Euro spendeten.
Vor 20 Jahren gründete Hermann Saalbach die erste Herzsportgruppe im Salzlandkreis beim GRB, heute gibt es vier. Weil sie voll sind, gibt es Wartelisten. Nach Herzinfarkten oder anderen Herzkrankheiten können Patienten ihre Rehabilitation beim GRB durchführen. Hier übernehmen Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft oder Krankenkasse die Kosten für maximal eineinhalb Jahre.