Fachabiturienten nach 50 Jahren bei Stadtrundgang begeistert : Staßfurt kann man jetzt schonmal empfehlen
Schneeballschlacht mit Sodastaub, graue verfallene Häuser. Früher habe die Stadt schlimm ausgesehen, heute könne man sie schonmal weiterempfehlen. So der Tenor der fast 70-Jährigen, die 1960 ihre Facharbeiterausbildung mit Abitur am Sodawerk begannen und sich zu einem Klassentreffen drei Tage in der Salzstadt aufhielten.
Staßfurt. Die Begeisterung war groß bei der Gruppe von Ausflüglern, die gestern Vormittag am monatlichen Stadtrundgang durch Staßfurt teilnahmen. " Staßfurt sah schlimm aus zur Wendezeit. Es war eine schmutzige Stadt ", erinnert sich Jutta Jesse. Die Rudolstädterin freut sich, dass die " Bruchbuden " mittlerweile größtenteils verschwunden sind und die Stadt heute sehr viel Grün zu bieten hat. " Das Einzige, was fehlt, ist der Schiefe Turm. Man kann aber Staßfurt jetzt schonmal empfehlen für einen Besuch. " An eine Schneeballschlacht kann sich Brigitte Lolein noch ganz genau erinnern. Der Spaß endete, als die Gardelegerin und ihre Klassenkameraden merkten, dass sich Sodaasche unter die weiße Pracht gemischt hatte. Und sie weiß auch noch, wie man beim Lernen die Fenster schließen musste, weil Achenbach Brom abließ und das Kraftwerk Dampf.
Solche Erinnerungen wurden wach, als die ehemaligen Lehrlinge mit Abitur – der erste Jahrgang übrigens – gestern von Gerald Meyer durch die Salzstadt geführt wurden. Der Vorsitzende vom hiesigen Bergmannsverein erzählte in gewohnt interessierender Art vom Aufschwung der Salzstadt vor 150 Jahren, von deren Fast-Untergang und Rettung durch Förderprogramme, die die Stadtväter in den vergangenen Jahren wie einen Strohhalm ergriffen. Erfolgreich, wie an den würdigenden Reaktionen der ehemaligen Sodawerk-Lehrlinge zu erkennen war.
Sie nehmen immer wieder Anteil an der Entwicklung der Stadt, in der sie von 1960 bis 1963 lernten. Zu runden Klassenjubiläen kommen sie seit den 80-er Jahren regelmäßig nach Staßfurt.
" Ich wollte eigentlich nach der Ausbildung nie wieder
nach Staßfurt "
" Ich wollte eigentlich nach der Ausbildung nie wieder nach Staßfurt ", erzählt Ingrid Langer. Die Freitalerin weilt mittlerweile das sechste Mal in der Bodestadt. " Wir sind wissbegierig wie am ersten Tag ", erklärt sie. Diesesmal nutzten sie den Aufenthalt in Staßfurt zum Besuch ihrer ehemaligen Wirkungsstätte, dem Sodawerk, auch die Kavernenanlagen durften sie besichtigen, und ein Ausflug auf die Landesgartenschau nach Aschersleben gehörte ebenfalls zum Programm.
Und sie ließen sich drei Tage vom Team des Salzlandcenters verwöhnen – selbst Mitschüler aus Staßfurt und Umgebung – weil man, wie seit 2003 nun jedes Jahr, eine gewisse Zeit gemeinsam verbringen möchte. Wie beispielsweise auch Irene Zimmermann aus Atzendorf, die das Treffen mit organisierte. " Wir treffen uns immer mal woanders, wo die Mitschüler heute ihre Lebensmittelpunkte haben. " Das sind die Altmark, der Harz, Thüringen, Sachsen, aber auch Berlin und Bayern. Auch ihre ehemalige Ausbilderin Margot Heide aus Staßfurt ist immer dabei. Nach Staßfurt wollen sie auf jeden Fall zum nächsten Jubiläum wieder zurückkehren. Das wäre 2013 zum 50. ihres Abiturs.