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Die bronzezeitliche Kreisgrabenanlage in Pömmelte-Zackmünde soll in großem Stil für touristische Zwecke umgebaut werden Stolpersteine für "deutsches Stonehenge"

Von René de Ridder 11.06.2010, 05:18

Es ist zweifellos ein reizvolles und bedeutendes Vorhaben für die Region: Der touristische Ausbau der bronzezeitlichen Kreisgrabenanlage in Pömmelte-Zackmünde. Doch das Vorhaben mit Aussichtsplattform, Radweg und Nachbau der Grabenanlage steht vor Problemen. So ist ungeklärt, ob die Landebahn des nahen Sportflugplatzes Zackmünde verlegt werden muss. Zudem plant der landwirtschaftliche Pächter anliegender Flächen dort eine Mastanlage für 80 000 Hühner mit Biogasanlage zu errichten. Schwierig gestalten könnte sich auch der Umstand, dass die Schürfrechte des Gebietes vergeben sind.

Schönebeck/Pömmelte-Zackmünde. Zugegebenermaßen ist das Dorfgemeinschaftshaus "Zum Goldfisch" in Pömmelte wohl nicht der mondänste Ort, den man sich vorstellen kann. Und doch wurde dort vor einigen Tagen deutlich, dass Pömmelte zukünftig europaweit, vielleicht weltweit in aller Munde sein kann.

Der Grund liegt unter einem Rapsfeld in Pömmelte-Zackmünde verborgen. Es ist die von Archäologen als "Sensationsfund" bezeichnete bronzezeitliche Kreisgrabenanlage, die oft in einem Atemzug mit dem weltbekannten Stonehenge-Monument genannt wird.

"Die Fundstelle in Zackmünde ist aus unserer Sicht im europäischen Kontext von herausgehobener Bedeutung", betonte Archäologe und Grabungsleiter Andre Spatzier. Der Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität war kürzlich als Referent eingeladen, um den Mitgliedern des Kreisausschusses für Umwelt, Planung, Verkehr und Wirtschaft bei ihrer Sitzung im Dorfgemeinschaftshaus über das Ausgrabungsprojekt zu berichten.

Dass die Überreste der uralten Kultstätte unweit der Elbe auch für die aktuelle Entwicklung der Region von Bedeutung sind, liegt nahe. So macht sich das Land Sachsen-Anhalt wie die Verwaltung des Salzlandkreises für einen Ausbau der Fundstätte stark.

Der Plan: Eine Aussichtsplattform, eine Anbindung an den Elberadweg und eine Rekonstruktion der Anlage könnten künftig viele kulturgeschichtlich interessierte Touristen in die Region ziehen. Gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie wird an einer Projektskizze gearbeitet. Auch die Ausgrabung einer zweiten, ähnlichen Anlage in der Nähe von Schönebeck ist vorgesehen.

Minister: "Ein bedeutendes Projekt"

Von einem "hochinteressanten, bedeutenden Tourismusvorhaben" sprach Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) im Februar bei einem Volksstimme-Interview. Und der Landtagsabgeordnete Gunnar Schellenberger (CDU) sieht Pömmelte auf einer Ebene mit dem englischen Stonehenge. "In dieser Liga wollen wir auch mitspielen", sagte der Abgeordnete bei der Ausschusssitzung im Dorfgemeinschaftshaus. Als Träger des Vorhabens könnte der Salzlandkreis auftreten – der Kreistag wird im August darüber beraten. Bezahlt werden soll das Ganze größtenteils vom Land. Ausschussmitglieder sprachen von einer Förderquote von 90 Prozent. Nach Volksstimme-Informationen handelt es sich insgesamt um eine Investition von 2 bis 3 Millionen Euro.

Doch auf dem Weg zum weltbekannten Pömmelte sind dicke Stolpersteine aufgetaucht. So liegt die archäologische Ausgrabungsstelle in unmittelbarer Nähe zum Sportflughafen Zackmünde. Sprich: Die Einflugschneise kollidiert mit dem Standort des Aussichtsturmes für Touristen beziehungsweise dem Weg, der zum Aussichtsturm führt.

Weil das vermutlich zu gefährlich sei, müsse man darüber nachdenken, die Landebahn des Flughafens neu auszurichten beziehungsweise zu verlegen, sagt Henning Schulte vom Fliegerclub Schönebeck. Die Kosten für eine solche Baumaßnahme schätzt Schulte auf 100 000 Euro. "Ein Betrag, den der Fliegerclub jedenfalls nicht schultern kann", sagt Schulte.

Zweites Problem sind die Investitionspläne eines Landwirts für Flächen in unmittelabarer Nähe des geplanten Tourismusstandortes. Nach Informationen, die der Volksstimme vorliegen, möchte ein Pächter dort eine Mastfarm für 80 000 Hühner inklusive Biogasanlage errichten. Fraglich ist, ob es glücklich wäre, ausgerechnet in Sichtweite eines Aussichtspunktes für Radtouristen eine solche Anlage mit entsprechenden "Emissionen" zu bauen.

Dritter Stolperstein: Die Kreisgrabenanlage liegt in einem Kiesabbaugebiet. Dort sind Schürfrechte an Unternehmen vergeben. Vor dem Bau einer kostenintensiven Touristenattraktion muss geklärt werden, wie das beteiligte Unternehmen dazu steht. Unklar ist zu diesem Zeitpunkt auch, ob dabei mögliche Schadenersatzforderungen seitens des Unternehmens entstehen können. "Mit uns sind noch keine Gespräche geführt worden", sagte Joachim Gorr, Geschäftsführer der Firma SKS.

Wie steht Wirtschafsminister Reiner Haseloff zu den Problemen? Auf Volksstimme-Nachfrage teilte das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Sachsen-Anhalt gestern mit, dass die eventuellen Kosten für die Verlegung der Flugplatz-Landebahn nicht förderfähig seien. Auch sei eine Mast- wie auch Biogasanlage in dieser Größenordnung mit der touristischen Erschließung nicht vereinbar. Zudem würden eventuelle Schadenersatzforderungen vom Land nicht übernommen.

Insgesamt spielt das Ministerium den Ball der Kreisverwaltung zu. Der Träger, also vermutlich der Kreis, habe die genehmigungsrechtlichen Fragen zu klären. Von einem ersten Lösungsschritt erzählt Gunnar Schellenberger. Der Aussichtsturm solle nun an anderer Stelle gebaut werden, so dass die Landebahn nicht verlegt werden muss.

Kreis will auf Kooperation setzen

Was die Frage des Geldes angeht, hält sich das Landesministerium jedoch bedeckt. Das Projekt in Pömmelte-Zackmünde sei "förderwürdig." Ob es jedoch auch "förderfähig" sein wird, hänge vom Konzept wie auch den verfügbaren Haushaltsmitteln ab, teilte die Pressestelle mit.

Bemüht um eine Klärung der offenen Fragen ist auch Ulrich Reder, stellvertretender Landrat des Salzlandkreises. "Wir prüfen derzeit die Situation, suchen das Gespräch mit allen Beteiligten", bekräftigt Reder, der auf Kooperation setzen will. Reder hatte die Zukunftspläne für die Kreisgrabenanlage vor einigen Monaten als "Riesenchance" bezeichnet. Mit der künftigen Vermarktung der Kreisgrabenanlage beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe, der neben Reder auch Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie angehören.

Zuguterletzt ist unklar, wie der Salzlandkreis als möglicher Projektträger mit seinen immensen Haushaltsproblemen seinen Eigenanteil schultern will. Das wären, bei einer 90-prozentigen Landesförderung und Investsumme von 3 Millionen, immerhin 300 000 Euro.