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Knopffest für restaurierte Kugel Turmspitze der Staßfurter St.-Petri-Kirche ist endlich wieder bekrönt

Es kommt nicht jeden Tag vor, dass eine Stadtkirche gekrönt wird. Wegen Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen wurde die Kugel der St. Petri-Kirche in Staßfurt vor gut drei Monaten abgenommen. Nun erstrahlt der Turm wieder in kupfernem Glanz.

Von Lisa Kollien 16.09.2023, 06:19
Andreas Lochmann (links) und Mathias Kistner versiegeln die Zeitkapsel, die in der Kirchturmkugel versteckt wird.
Andreas Lochmann (links) und Mathias Kistner versiegeln die Zeitkapsel, die in der Kirchturmkugel versteckt wird. (Foto: Lisa Kollien)

Staßfurt - Es kommt nicht alle Tage vor, dass Matthias Hartnauer, Gerätewart der Staßfurter Feuerwehr, Kirchtürme besteigt. Und ganz so sicher ist er anfangs auch nicht: „Wir haben Drehleitern, natürlich. Aber das hier ist eine andere Hausnummer“, sagt der 38-Jährige.

Auf 56 Metern Höhe

Gemeinsam mit seinem Kollegen Nico Hoff unterstützt er am Freitagvormittag die evangelische Kirchengemeinde St. Petri und St. Johannis beim Knopffest. Denn nach rund zweieinhalb Monaten ohne Kirchturmbekrönung wurde die restaurierte Kugel wieder an ihren Platz gesetzt, von dem aus sie seit 1888 über die Dächer der Bodestadt wacht.

Die Kugel hängt am Kran hoch über den Dächern von Staßfurt in etwa 56 Metern Höhe.
Die Kugel hängt am Kran hoch über den Dächern von Staßfurt in etwa 56 Metern Höhe.
(Foto: Lisa Kollien)

Zum Knopffest waren nicht nur die Mitglieder des Kirchenrates, sondern auch des Staßfurter Geschichtsvereins sowie die Kinder des evangelischen Kindergartens St. Petri und St. Johannis anwesend. Besonders die Jüngsten waren fasziniert von der Größe des Kirchturmspitze. Pfarrerin Michaela Jecht hielt eine Andacht und segnete Krone und Kreuz, bevor beides mit dem Kran in 56 Meter Höhe gehoben wurde. Und sie bestieg selbst die Kirchturmspitze. „So eine Bekrönung ist bewegend“, sagte sie und ließ den Blick über die Stadt schweifen.

Pfarrerin Michaela Jecht segnet die Bekrönung des Kirchturms.
Pfarrerin Michaela Jecht segnet die Bekrönung des Kirchturms.
(Foto: Lisa Kollien)

Maßnahmen zum Erhalt der Kirche

Dass die Bekrönung überhaupt abgenommen werden musste, liegt an den umfangreichen Sicherungsmaßnahmen an der rund 130 Jahre alten Kirche. „Das Dach wurde mit unechtem Schiefer gedeckt und war asbesthaltig“, erklärt Susann Bähre, Kirchenbaureferentin des Kirchenkreises Egeln. „Und auch die Fassade muss noch restauriert werden.“ Rund 942 000 Euro sind für die Maßnahmen bis 2024 eingeplant, die zu 85 Prozent vom Bund sowie Land Sachsen-Anhalt gefördert werden.

Für den Kirchturm waren routinierte Dachdecker am Werk, die sich auf Denkmalpflege spezialisiert haben. Andreas Lochmann, Florian Hilbig, Mathias Kistner und Sven Gohla von den Werkstätten für Denkmalpflege in Quedlinburg haben sich auf 54 Meter Höhe begeben, um die kupferne Kugel wieder an ihren angestammten Platz zu setzen. Wegen der Höhe machen sie sich wenig Sorgen. „Ein Gerüst das wackelt, das fällt nicht um“, sagt Lochmann lachend.

Feuerwehrmann Matthias Hartnauer schmunzelt. „Aber ich gewöhne mich an die Höhe“, sagt er. Denn kurzerhand durfte er die Zeitkapsel halten, während Lochmann sie für die Kugel vorbereitet hat. „Das ist eine Geschichte, die ich später auf jeden Fall erzählen werde“, sagt der 38-Jährige stolz. Denn normalerweise habe er vom Gerätehaus zwar einen guten Blick auf die Kirche: „Dass ich hier aber mal hochkomme, hätte ich nicht gedacht.“ Und über Telefon gibt er Anweisungen an seinen Kollgen am Boden, wohin die Drohne fliegen soll.

Grüße aus der Vergangenheit

Neues Material für die Zeitkapsel. Neben Geldmünzen sind auch Zeitungsausschnitte zu den historischen Dokumenten hinzugekommen.
Neues Material für die Zeitkapsel. Neben Geldmünzen sind auch Zeitungsausschnitte zu den historischen Dokumenten hinzugekommen.
(Foto: Lisa Kollien)

Die Zeit der Sanierung haben die Mitglieder des Gemeindekirchenrates genutzt, um die historischen Dokumente in der Zeitkapsel, die sich im Inneren der Kugel befindet, auszuwerten. Eberhart Müller erklärt, dass unter anderem ein Brief aus dem Jahr 1888 noch in Sütterlin geschrieben ist. „Die Handschrift kann heute kaum jemand lesen.“ Deswegen habe er den Text übersetzt und diese den Dokumenten beigelegt. 1988 wurde die Krone schon mal vom Kirchturm gehoben. Zeitungen, Briefe und Bilder machen auch da den Großteil des Inhalts aus.

Und nun befindet sich auch Neues in der Zeitkapsel. Ein Satz Euro-Münzen ist dabei, ein aktuelles Luftbild der Stadt und eine neue Ausgabe der Staßfurter Volksstimme. Und natürlich ein Brief von der Vorsitzenden des Kirchenrates, Regina Zuber. „Das wird dann wahrscheinlich erst in 100 Jahren wieder ausgepackt“, sagt sie. Und dann können die Menschen aus dem Jahr 2123 darüber staunen, was alles in der Kapsel zu finden ist.