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Führung durch alte Gemäuder Zeit der Egelner Zuckerfabriken vorbei - Was Bürger bei der „Süßen Tour“ alles lernen konnten

Der Rübenanbau sorgte in der Börde einst für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Eine Führung auf der „Süßen Tour“ des Tourismusverbandes machte auf der Wasserburg Station.

Von René Kiel 17.10.2023, 12:13
Der Egelner Museumsleiter Uwe Lachmuth (Mitte) stellte den Besuchern der „Süßen Tour“ mit Hilfe von alten Fotos die beiden Zuckerfabriken und ihre Geschichte vor, die es damals in der Stadt Egeln gegeben hatte.
Der Egelner Museumsleiter Uwe Lachmuth (Mitte) stellte den Besuchern der „Süßen Tour“ mit Hilfe von alten Fotos die beiden Zuckerfabriken und ihre Geschichte vor, die es damals in der Stadt Egeln gegeben hatte. (Foto: René Kiel)

Egeln - Der Tourismusverband Elbe-Börde-Heide hat am Sonnabendnachmittag erneut zur „Süßen Tour“ eingeladen, die auf der Zucker- und Rübenroute durch die fruchtbare Magdeburger Börde führte. Daran beteiligte sich auch wieder die Stadt Egeln als Station.

Weniger Besucher als voriges Jahr

Allerdings waren in diesem Jahr nur wenige interessierte Besucher auf die Wasserburg gekommen, wo Museumsleiter Uwe Lachmuth über die Bedeutung der Zuckerrübenproduktion und -verarbeitung berichtete.

Westlich von Magdeburg erstreckt sich mit der Börde eine der fruchtbarsten Gegenden Deutschlands. Sie ist mit ihren Ackerböden ideal geeignet für den Rübenanbau, sagte der Ortschronist. In diesem Zusammenhang erinnerte er daran, dass einst der deutsche Chemiker Andreas SigismundMarggraf mit seinen Erkenntnissen die Grundlagen der Zuckergewinnung aus Rüben geschaffen hatte. Als Folge der damals verhängten napoleonischen Kontinentalsperre gegen Britannien, die importierten Rohrzucker zu einer Mangelware machte, schossen in Deutschland die Zuckerfabriken wie Pilze aus der Erde. Davon profitierte auch die Egelner Mulde mit ihren hohen Bodenpunkten.

Von der Zuckerfabrik zur Molkerei

Von Uwe Lachmuth erfuhren die Gäste, dass es in der Bördestadt einst gleich zwei Zuckerfabriken gegeben hatte, die heute nicht mehr vorhanden sind. Die in der Halberstädter Straße gehörte zur Preußischen Domäne Egeln und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Dort befindet sich heute die Firma Blomenröhr Fahrzeugbau Egeln. Weiterhin gab es noch die Zuckerfabrik Marienstuhl in der Mühlenstraße, die danach zu einer Molkerei umgebaut worden war.

Die Molkereigenossenschaft feierte 1966 ihr 25-jähriges Bestehen. Uwe Lachmuth ist stolz auf eine Broschüre, die zu diesem Jubiläum herausgegeben wurde. Die hatte ihm eine Frau aus Egeln übergeben, die damals im Betrieb gearbeitet hatte. „Interessant ist, dass diese Molkerei 1858 als Amtszuckerfabrik gegründet wurde. Aber mit Aufhebung der Kontinentalsperre eingegangen ist und dann zu einer Molkerei wurde“, sagte Uwe Lachmuth. Er kann sich noch ganz genau daran erinnern, wie er als Kind an diesem Betrieb auf seinem Weg zum Kindergarten vorbei gegangen ist. „Da standen immer die Wagen mit den Milchkannen davor. In diesem Heft ist das alles noch zu sehen, wie es damals war“, sagte der Museumsleiter.

Zucker sorgte für Wohlstand

„Zu DDR-Zeiten wurde dort Joghurt hergestellt. Er war ohne Geschmacksstoffe und viel, viel gesünder als der Joghurt, den es heute im Handel zu kaufen gibt. Dem Unternehmen war es nach der Wende jedoch nicht möglich, von den großen Märkten gelistet zu werden. Und da ist die Molkerei komplett eingegangen“, sagte Uwe Lachmuth.

Auf die Preußische Domäne eingehend, teilt er mit, dass diese mit der Einführung des Zuckeranbaus Mitte des 19. Jahrhunderts einen wirtschaftlichen Höhepunkt erlebte und für ihren Pächter Heinrich Honig zum „Dukatenesel“ wurde. Zu Beginn von Heinrich Honigs Karriere als Domänenpächter und „Zuckerrübenbauer“ bot der Zuckermarkt Platz für eine zweite Zuckerfabrik und eine Chance für den dynamischen Unternehmer. Seine Egelner Zuckerfabrik, die sogenannte „Amtsfabrik“ von 1852, wurde für die Familie zum gewinnbringenden Geschäft, fand Uwe Lachmuth in alten Chroniken heraus. 1873 gab Honig die Pacht an seinen Schwiegersohn Paul Wahnschaffe ab.

„Aus der Zuckerfabrik Marienstuhl, die 1945 zu den modernsten in Deutschland gehörte, wurden die Maschinen im Jahr 1946 als Reparationsleistung an die Sowjetunion abgebaut, wo sie jedoch nie ankamen“, sagte der Museumsleiter.