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Spargelsaison Auf dem Griebener Hof im Landkreis Stendal kommt bei der Spargelernte modernste Technik zum Einsatz

In gut einer Woche endet die Spargelsaison. Auch wenn die Ernte heute noch sehr viel schwere Handarbeit erfordert, erleichtert modernste Technik einige Arbeitsschritte – zum Beispiel in Grieben das Sortieren der Stangen.

Von Donald Lyko Aktualisiert: 16.06.2021, 09:59
Im ersten Schritt kommt der Spargel, frisch vom Acker, in ein Wasserbad und dann auf ein Laufband. Danach wird er Stange für Stange vorbereitet, damit die Kamera später Klasse und Qualität richtig zuordnen kann.
Im ersten Schritt kommt der Spargel, frisch vom Acker, in ein Wasserbad und dann auf ein Laufband. Danach wird er Stange für Stange vorbereitet, damit die Kamera später Klasse und Qualität richtig zuordnen kann. Foto: Donald Lyko

Grieben - Die lange Tafel ist abgeräumt, in der Küche klar Schiff gemacht. Jetzt kann Gabriele Plötze bei einem Glas kühlen Wassers kurz verschnaufen. Die Betonung liegt auf kurz, denn auf ihrem „Griebener Hof“ ist immer etwas zu tun. Dass es in der Spargelsaison heißt: „Hier kocht die Chefin noch selbst“ und täglich 20 Mittagsportionen auf den Tisch kommen, ist dabei nur ein kleiner Bruchteil. Eine der Arbeiten für den Vormittag, bei der Tochter Maria hilft.

Gerade hat sich Gabriele Plötze wieder gesetzt, da kommt eine Dame aus dem Ort auf den Hof in der Breiten Straße geradelt. Ihr Wunsch: frischer Spargel, den die Landwirte direkt in ihrem Hofladen anbieten. Aber nicht nur dort. Neben ihrem Dauerstand in der Poststraße in Stendal gibt es während der Spargelsaison sechs temporäre Verkaufsstände in verschiedenen Orten. Dafür, dass dort die Kisten immer gut gefüllt sind, sorgen 13 rumänische Saisonarbeiter – nicht nur beim Spargelstechen auf dem Acker.

Nachfrage nimmt zum Wochenende zu

Am Vormittag, von 6 bis 12 Uhr, sind alle Männer draußen auf dem Feld, aber nach der Mittagspause nimmt sich nur noch eine halbierte Mannschaft die restlichen Reihen vor. Die anderen Arbeiter haben auf dem Hof zu tun – an einer hochmodernen Anlage, die die Arbeit deutlich leichter macht. „Was die in drei Stunden schafft, dafür haben wir früher mit einer älteren Maschine einen ganzen Tag benötigt“, erzählt die Hof-Inhaberin. Und erinnert sich noch einen Schritt weiter zurück, als sie und ihr Mann Martin Plötze mit dem Spargel begonnen haben. „Da haben wir selbst eine Holzkonstruktion gebaut, in die wir die Stangen legen und zuschneiden konnten.“ Denn wie für fast alles in Deutschland, gibt es auch für Weißspargel eine Normlänge: höchstens 22 Zentimeter.

Das Zuschneiden übernimmt jetzt die Sortiermaschine, die von Mittag bis Abend hunderte Kilogramm Spargel schafft. „Wir schauen immer, wie viel Spargel wir am nächsten Tag benötigen, danach bereiten wir die Menge vor“, erklärt Gabriele Plötze. Weil ab Donnerstag die Nachfrage deutlich zunimmt, wird ab Mittwoch mehr Spargel sortiert – mit Hilfe der Maschine. Einige flinke Hände sind dennoch erforderlich. Die ersten dieser Hände stellen die Kisten voller frischgeerntetem Spargel in ein Wasserbad, nehmen die Stangen heraus und legen sie auf ein kleines Förderband. Erst ist der Haufen noch hoch, in Arbeitsschritt zwei werden die Stangen nebeneinander geschoben.

Kamera und Waage geben die Kipprichtung vor

Der dritte Mann am Band legt Stange für Stange in separate Fächer. Für das königliche Gemüse geht es weiter zur Längengebung: Maschinell wird das untere Ende abgetrennt, der Abfall wird ausgeworfen und in Kisten gesammelt.

Ein Blick in die moderne Anlage: Stange für Stange wird gewogen und von einer Kamera erfasst. Die erkennt zum Beispiel blaue Spitzen.
Ein Blick in die moderne Anlage: Stange für Stange wird gewogen und von einer Kamera erfasst. Die erkennt zum Beispiel blaue Spitzen.
Foto: Donald Lyko

In Einheitslänge geht es weiter – zum Herzstück der Anlage mit Kamera und Waage. „Die Technik erkennt, ob der Spargel blaue Spitzen hat, scannt die Form und misst das Gewicht“, erklärt Gabriele Plötze. Die Technik entscheidet dann, in welcher Kiste jede einzelne Stange landet. Dafür gibt es eine Art Kippvorrichtung, die den Spargel in den jeweiligen Bereich bugsiert. Dort landet er erneut in Wasserbecken (das Wasser wird in der Anlage aufgereitet, um frisch und sauber zu sein) und wird final in die mit Folie ausgekleideten Transportkisten verpackt. Und ab geht es in die Kühlung.

Seit 15 Jahren ein familiäres Miteinander

Bis zum nächsten Morgen. Zum frühen Morgen, denn um 6 Uhr wird mit dem Beladen der Fahrzeuge begonnen. Eine Stunde später rollen die grün-gelben Autos mit Firmenlogo vom Hof, steuern ihre Stände in Schönhausen, Stendal und Tangermünde an. Wann immer eine der Verkäuferinnen das Signal gibt, dass Nachschub benötigt wird, schickt Gabriele Plötze das Einsatzfahrzeug los – auch das so „nebenbei“, während sie am Herd steht. Oder am Backofen, denn für die Rumänen gibt es nicht nur ein zweites Frühstück auf dem Spargelacker, sondern auch nachmittags zur Kaffeepause selbstgebackenen Kuchen.

Maschinell werden die Stangen auf die Normgröße von höchstens 22 Zentimeter gekürzt, der Abfall fällt an der Seite heraus.
Maschinell werden die Stangen auf die Normgröße von höchstens 22 Zentimeter gekürzt, der Abfall fällt an der Seite heraus.
Foto: Donald Lyko

Mittlerweile weiß die Griebener Landwirtin und Gewerbetreibende, was den Männern schmeckt. „Spargel wollten sie anfangs gar nicht, weil sie den in ihrer Heimat nicht kennen. Dafür geht Hühnchenfleisch immer sehr gut.“ Jetzt haben die Rumänen, die in der Nähe von Hermannstadt leben, aber auch den Spargel für sich entdeckt.

Dass die Chefin die Essensvorlieben ihrer Arbeiter kennt, ist kein Wunder. Denn einige von ihnen kommen mittlerweile seit 15 Jahren. Das Miteinander liegt deutlich über dem des normalen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisses. Die einen sprechen vielleicht von Freundschaft, andere davon, dass die rumänischen Helfer schon zur Familie gehören. Das zeigt sich auch daran, dass Familie Plötze an der Freude ihrer Saisonarbeiter ebenso Anteil nimmt wie an den schwierigen Momenten. Darum waren Martin und Gabriele Plötze auch schon zu einer Beisetzung in Rumänien.

Die ersten Saisonarbeiter sind bereits im März angereist, um die Beete vorzubereiten, die Folie aufzubringen und um zu pflanzen. Bis zum 26. Juni bleiben die Rumänen in Grieben, die Spargelsaison endet traditionell am 24. Juni, am Johannistag. Auf neun Hektar baut Familie Plötze Spargel an, einige Beete sind allerdings schon wieder runter. Und, wie läuft das Spargeljahr? „Es ist ein gutes Jahr, wir haben eine durchgehend gute Qualität“, antwortet die Chefin.

20 Bienenvölker tummeln sich auf den Rapsfeldern

In dem Moment fährt der Junior auf den Hof, Christoph Plötze. Er kümmert sich um die viele andere Arbeit, die neben dem Spargel in einem landwirtschaftlichen Betrieb anfällt. In den vergangenen Monaten hat er sich verstärkt dem Wald gewidmet, vor allem den neuerworbenen Flächen. „Wir haben durchgeforstet, um erst einmal Grund reinzubringen und den Wald lichter zu machen“, berichtet er. Danach wurden einige neue Bäume gepflanzt.

Nicht nur im Wald, auch neue Obstbäume sind in den Boden gekommen. Für eine spätere Ernte vielleicht, vor allem aber wegen ihrer Blüten und der Bienennahrung. Denn Plötzes arbeiten seit Kurzem mit einem Stendaler Imker zusammen. Er hat 20 Bienenvölker nahe der großen Rapsfelder verteilt. Über das Resultat freut sich vor allem Martin Plötze: „Wir haben jetzt Rapshonig aus eigenem Anbau.“

Der passt übrigens ganz gut zum Spargel, mit Ziegenkäse kombiniert oder für ein Dressing zusammen mit Balsamico. So experimentell fällt die Mittagsküche mit 20 Portionen auf dem Griebener Hof aber nicht aus. Da kommt solide Hausmannskost auf den Tisch. „Zehn Kilo Kartoffeln müssen wir jeden Tag schälen, die essen die Männer gern“, erzählt Maria Plötze schmunzelnd. Auch für sie ist die kurze Pause vorbei. Der Tisch für die Kaffeepause muss eingedeckt werden. Mit Rhabarberkuchen stärken sich die Männer für die letzte Etappe des Tages. Etliche Kisten Spargel müssen für den nächsten Tag noch vorbereitet werden.

Nachdem die Maschine die Stangen je nach Klasse ausgeworfen hat, werden sie zum Frischhalten verpackt, bevor es in die Kühlung geht.
Nachdem die Maschine die Stangen je nach Klasse ausgeworfen hat, werden sie zum Frischhalten verpackt, bevor es in die Kühlung geht.
Foto: Donald Lyko