Kaninchenzucht Bloß nicht „Karnickel“ sagen
Seit über 40 Jahren züchtet Achim Utke aus Uenglingen Kaninchen. Eier hat noch keines gebracht.
Uenglingen l Achim Utke ist ein alter Hase in der Kaninchenzucht. Schon als Kind hatte er Kaninchen. „Ich bin in einer Neubauernsiedlung in Vorpommern aufgewachsen“, erzählt er am Gründonnerstag, „da hatten wir viele Tiere.“ Ein Züchter müsste er natürlich nicht sein, um zu wissen, dass Kaninchen keine Eier legen, schon gar keine bunten. Und dass sie dann auch schon wieder mit einem Hasen verwechselt wurden – der auch weder Eier legt noch versteckt. „Die haben beide gar nichts miteinander zu tun, sonst hätte man schon längst versucht, sie miteinander zu kreuzen“, spricht da wieder der Experte.
Der Unterschied lässt sich schon gleich bei der Geburt feststellen. Kaninchen werden nackt geboren, Hasen mit einem Fell. „Und das ist auch gut so, sonst würden die ja frieren, denn sie sind auf den Feldern und im Wald unterwegs“, erklärt er. Kaninchen hingegen leben unterirdisch. Sie buddeln Röhren in die Erde, konstruieren den Kaninchenbau.
Das Leben bei Achim Utke in Uenglingen ist allerdings nicht unterirdisch. Zum einen stehen die Kaninchenbuchten in einem Anbau, zum anderen kümmert er sich auch rührend um die Tiere. Zweimal am Tag bekommen sie zu fressen, derzeit bekommen sie Futterrüben, Mohrrüben und Rote Bete. Sie fressen immer das, was der Garten gerade hergibt, im Einklang mit der Jahresuhr und der Natur. Außerdem werden die Buchten peinlich sauber gehalten. „Die Jungtiere dürfen beispielsweise nicht mit dem Kot der Mutter in Berührung kommen, sonst besteht die Gefahr , dass sie eine Enterocolitis oder eine Kokzidiose bekommen, beide Krankheiten sind lebensbedrohlich.“ Tödlich kann für die Zuchtkaninchen auch ihr Aussehen sein, aber dazu kommt Achim Utke später.
Bei allen Unterschieden gibt es aber durchaus auch Ähnlichkeiten zwischen Kaninchen und Hase. So heißt das weibliche Tier bei beiden Gattungen Häsin, das männliche Gegenstück Rammler. Biologisch werden sie auch Zibbe und Bock betitelt. Auf keinen Fall dürften seine Tiere allerdings mit „Karnickel“ angesprochen werden. Das sei nämlich herabwürdigend. „Zu DDR-Zeiten wurde das noch strenger gesehen, wenn da jemand im Verein Karnickel gesagt hat, musste der eine Runde ausgeben“, erinnert sich Utke. Der Verein, das ist für den 78-Jährigen bereits seit 1970 der G 257. Der Buchstabe steht dabei für das Bundesland, alle Rassekaninchenzuchtvereine in Sachsen-Anhalt tragen das G. In der Region Berlin-Brandenburg ist es beispielsweise das D, in Sachsen das S. „Diese Einteilung stammt bereits aus der Kaiserzeit“, weiß Utke.
Die Kaninchen waren für ihn zu DDR-Zeiten ein einträgliches Geschäft. „Für ein ausgewachsenes Tier bekam man 50 Mark“, erzählt er. Das fristete dann auch nicht unbedingt ein langes Kaninchendasein, sondern landete häufig als Braten auf einer festlich gedeckten Tafel. Das ist für Utke ganz normal, gehört eben zur Zucht dazu. „Ich kann nicht jedes Tier aus einem Wurf gebrauchen“, stellt er klar. Nur die schneeweißen Jungtiere taugen, die bunten nicht. Auch ein nicht zum Rassestandard gehörender Fleck am Ohr kann das Aus bedeuten. Die Tiere werden dann abgegeben. Oder bei Familie Utke gibt es Kaninchenbraten. „Natürlich nicht täglich, aber so alle sechs, acht Wochen essen wir Kaninchen“, verrät er.
Diese gewisse Abgeklärtheit muss ein Züchter wohl auch haben. Die Erfolge geben dem Uenglinger, der ursprünglich aus Schloppe in Hinterpommern stammt, Recht. Er hat nicht nur bei Atmarkschauen und Landeswettbewerben abgeräumt. Die Diele ist vollgepackt mit Pokalen, Zinntellern, Ehrentafeln. Mit seinen Weißen Hotot wurde er bei Bundesschauen und Bundesrammlerschauen Deutscher Meister und Bundessieger. Auch an einer Europameisterschaft hat er schon teilgenommen. „Das war 2006 in Leipzig, das war doch ganz in der Nähe“, meint er verschmitzt. Ergebnis: Europachampion, wie könnte es anders sein?
Für das abschließende Foto müssen Kaninchen und bunte Eier aber doch zusammengebracht werden. „Bringen Sie die Häsin nicht auf falsche Gedanken, sonst will die auch noch Eier legen“, mahnt Utke schmunzelnd. Doch Mutter und Nachwuchs kümmern sich nicht darum, interessieren sich mehr für das Grünzeug, das ihnen der Züchter mitgebracht hat. Die Eier gibt‘s bei Utkes zu Ostern. Ein Kaninchenbraten steht nicht auf dem Speiseplan, nicht in diesem Jahr.