Der Möringer Stephan Blank ist vor vier Jahren nach Vancouver ausgewandert Der Schritt ins Ungewisse führte zu einem neuen, erfüllten Leben
Seit vier Jahren lebt Stephan Blank in Kanada. Inzwischen hat der gebürtige Möringer auch uneingeschränkte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, arbeitet beim größten Baukonzern des Landes. Seit drei Jahren ist er verheiratet und lebt mit Frau und Tochter in der Olympiastadt Vancouver.
Vancouver. "Jeden Morgen wenn ich ins Büro komme, lese ich online die Volksstimme, so bin ich immer bestens informiert, was in meiner alten Heimat so passiert", schreibt Stephan Blank. Er ist in Stendal geboren, in Möringen aufgewachsen und lebt seit nunmehr vier Jahren in einer der schönsten der Welt – der Zwei-Millionen-Metropole Vancouver.
Seit seinem Realschulabschluss hat Stefan Blank im Bausektor gearbeitet. Als Maurerlehrling fing er bei Kolodzig in Lüderitz an und durchlief alle Station im Hoch- und Tiefbau. Später arbeitete er als Polier, machte seinen Meister für das Maurer- und Betonbauerhandwerk und war als Bauleiter tätig. "Mit Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in Deutschland gerade auf dem Bau, suchte ich nach einer Möglichkeit, mich weiter zu verbessern. Dies war nur mit einem Gang ins Ausland möglich", sagt Stephan Blank. Seine Wahl fiel auf Vancouver. Nicht nur wegen der hohen Wohnqualität, sondern auch im Vorfeld der Olympischen Spiele, die in diesem Winter dort stattgefunden haben.
"Bevor ich diesen Schritt einfach so blauäugig machen wollte, ohne zu wissen was mich erwartet, begann ich im September 2006 einen dreimonatigen Sprachkurs in Vancouver. Ich wollte die Sprache lernen und wissen, wie das Leben dort drüben ist", erinnert sich der Auswanderer, der mit Ende 20 diesen Schritt ging. Ende 2006 kam er mit einem Job und einem Arbeitsvisum in der Tasche nach Deutschland zurück und meldete alles ab.
"Da ich als Einzelkind aufgewachsen bin, waren meine Eltern natürlich alles andere als begeistert von meiner Idee, 9500 Kilometer weit weg ans andere Ende der Welt zu ziehen", erzählt Stephan Blank. Hinzu kam, dass er seit 2002 nach dem Unfalltod seiner Freundin auch alleinerziehender Vater seiner Tochter Sarah (14) war. Deshalb blieb das Mädchen zunächst bei den Großeltern, bis der Auswanderer sich eine sichere Existenz in seinem Wahlland aufgebaut hatte.
"Das erste Jahr war sehr, sehr hart und ohne die Hilfe meiner jetzigen Frau hätte ich wohl nach den ersten sechs Monaten aufgegeben", erinnert sich der Familienvater. Nach der Sprachschule war er sehr selbstsicher, doch die Sprache auf dem Bau war eine andere. Außerdem zahlte ihm sein erster Arbeitgeber nur die Hälfte des vereinbarten Lohnes. Da sein Arbeitsvisum an diese Firma gebunden war, konnte er nicht ohne Weiteres den Arbeitgeber wechseln. "Ich hatte zwei Möglichkeiten: durchhalten oder aufgeben und wieder nach Deutschland gehen", sagt Blank. Er gab nicht auf, schrieb Bewerbungen und bekam schließlich Unterstützung von seinem jetzigen Arbeitgeber, PCL Constructors. Es ist mit 8000 Mitarbeitern die größte Baufirma des Landes und betreut Projekte in ganz Kanada und den Ver- einigten Staaten.
Angefangen hat er in der Kalkulationsabteilung und hatte Projekte im dreistelligen Millionenbereich auf seinem Tisch. Mittlerweile arbeitet er als Bauleiter in der Abteilung "Special Projects". "Wir bauen bis zu einem Kostenumfang von 15 Millionen Dollar alles, was es gibt. Wir sind eine zehnköpfige Gruppe von Bauleitern, die von der Kalkulation bis zur Schlüsselübergabe alles macht. Das ist sehr interessant und macht sehr viel Spaß", sagt der Wahlkanadier.
"Der teurste Wohnort – und zugleich das Paradies"
Das kanadische Leben birgt im Vergleich zu Deutschland viele Unterschiede. "Vancouver gehört zu den teuersten Wohnorten in der Welt, aber so ist das wohl, wenn man im Paradies wohnt", sagt Blank. Doch nicht nur auf der Ein- und Ausgabenseite gibt es Differenzen. Das deutsche Sozialsystem sei weitaus besser, aber mit der richtigen Krankenversicherung würden sich diese Defizite in Kanada ausgleichen lassen, zumindest für die arbeitende Bevölkerung. Die Schattenseite: "Auch hier gibt es Menschen, die auf der Straße leben und sich aus Mülltonnen ernähren. An diesen Anblick musste ich mich erst gewöhnen." Zu schätzen weiß Stefan Blank nicht nur den Wohlstand, sondern auch das Arbeitsklima. Keiner habe wirklich Angst um seinen Job, niemand mache den anderen beim Chef schlecht, um selber besser dazustehen, und Probleme würden gemeinschaftlich im Team gelöst.
"Ich fühle mich schon als Kanadier. Natürlich habe ich unseren deutschen Athleten die Daumen hier bei Olympia gedrückt, aber wir haben auch jede kanadische Medaille ausgiebig gefeiert", sagt Stephan Blank. Und er fühlt sich nicht nur so, sondern ist mit seiner ständigen Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung auch per Gesetz ein Kandier. Zur Winterolympiade war er nicht nur Jubelnder, sondern war auch aktiv dabei. "Das war wohl das Größte, was ich je erlebt habe. Ich hatte mich 2008 als Volunteer beworben und die wohl beste Stelle bekommen. Tagsüber war ich als Gastgeber in der VIP-Lounge beim Skispringen, Langlauf und Biathlon eingeteilt und abends habe ich im Pressezentrum im Olympischen Dorf in Whistler die Teamtreffen der deutschen Biathleten übersetzt. Ich habe meine drei Wochen Jahresurlaub dafür geopfert, jeden Tag bis zu 15 Stunden gearbeitet, aber ich würde das jederzeit wieder machen."
Sein Hobby Tennis hat er gegen andere Sportarten eingetauscht. So hat er wieder mit Fußball angefangen und setzt damit wieder um, was er beim Möringer Sportverein einmal gelernt. Außerdem fährt er Ski, nutzt im Sommer sein Mountainbike und spielt Golf. "Dort werden die meisten Geschäfte gemacht", erzählt Blank. Seine Zukunft sieht er zu 99 Prozent in Kanada. Wie es beruflich weitergeht, sollte sich im nächsten Jahr entscheiden. Dann hat er die Chance auf eine höhere Position in der Firma oder macht sich vielleicht sogar selbstständig.