Landtagskandidat Ein Mann, der Dorf lebt
Zur Landtagswahl kandidieren im Wahlkreis Stendal fünf Männer und Frauen. Die Volksstimme stellt sie vor. Heute: Ralf Berlin, FDP.
Schinne l Bedürfte es eines Beispiels dafür, wie man Dorf lebt, nicht nur seinen Lebensmittelpunkt in einem kleinen Ort hat, sondern ihn auch selbst mitgestaltet – Ralf Berlin könnte es liefern. In Schinne liegen seine Wurzeln. Die Großeltern und die Mutter wurden hier geboren und auch seine Wiege stand in der Schinner Achterstraße, quasi auf halber Strecke zwischen Bismark und Stendal, der Stadt, in der er am 30. Juli 1960 geboren wurde.
Kindheit und Jugend genoss Ralf Berlin im bäuerlichen Umfeld. Acht Jahre war er wohl, als er auf dem Rücken eines Kaltbluts durchs Dorf galoppierte, das heißt, mehr das Pferd mit ihm, als umgekehrt. Noch heute muss er unweigerlich lächeln, als unser Gespräch diese Kindheitserinnerung zu Tage fördert.
Doch wie bei vielen Jungs seiner Generation führte ihn sein Weg erst einmal weg vom Dorf, nach dem Abitur am Stendaler Winckelmann-Gymnasium zum Studium nach Leipzig. Technologie der Bauproduktion wurde zu seinem Metier. In dieser Zeit wurde Ralf Berlin auch Mitglied der LDPD, mit Mitte 20 eher noch ein unpolitisches. Das war mehr so die prophylaktische Maßnahme, zu erwartenden Werbeversuchen der SED zuvorkommend. Die gab es dann später auch, als Ralf Berlin schon sein Diplom in der Tasche hatte, als Technologe und wenige Monate darauf als Bauleiter im Stendaler Wohnungsbaukombinat arbeitete. Sie blieben erfolglos und Ralf Berlin Liberaler.
Als solcher saß er Anfang der 90er Jahre im Stendaler Kreistag – die ostdeutsche LDPD war in der gesamtdeutschen FDP aufgegangen – und beschloss mit über den Abriss des ersten Stendaler Altmark- forums. Ironie der Geschichte: Als junger Bauleiter hatte Berlin genau dieses Haus mit aufgebaut.
Inzwischen war aus dem DDR-Liberalen ein ebenso bewusster wie engagierter Freier Demokrat geworden. Einer, der sich auch als Gemeinderatsmitglied in Schinne, seinem Heimatdorf, einbrachte. Hier baute er mit seiner Partnerin 1995/96 auch beider neues Zuhause, auf der ehemaligen Pferdekoppel seines Großvaters. Das heißt, er ließ bauen. Zugegeben: Nach seinen Plänen zwar, aber die handwerkliche Umsetzung überließ er dann doch lieber den Fachleuten. Hand legte er beim Trockenbau im Obergeschoss an, während seine Frau Malerarbeiten übernahm.
Apropos Frau: Amtlich besiegeln ließen sich Ralf und Dorena ihre Liebe im Jahr 2000. Am 29. Dezember um 13.15 Uhr, direkt nach Dienstschluss der Standesbeamtin am letzten Arbeitstag des Jahres. „Eingeweiht“ waren neben ihr nur die Eltern und ein paar Freunde. Für den „Rest“ der Schinner sollte das eine Überraschung sein. Der Plan ging auf, was Ralf Berlin noch immer schmunzeln lässt. Aber nicht etwa, weil sich die beiden vor dem Poltertabend drücken wollten.
Der wurde Ende April nachgeholt, zwei Tage bevor die Glocken zur kirchlichen Trauung des Paares läuteten, das mit Söhnchen Marten schon eine kleine Familie war. Komplettiert haben Berlins ihr Familienglück 2003 mit der Geburt von Tochter Jette.
Inzwischen arbeitete Ralf Berlin bereits im Staatshochbauamt, wo er heute noch tätig ist, auch wenn es mittlerweile Bau-und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt heißt.
Ein gerüttelt Maß an Kontinuität wohnt auch dem kommunalpolitischen Wirken von Ralf Berlin inne. Seit Beginn der 90er Jahre ist er Gemeinde- und Ortsratsmitglied in Schinne. 1990 bis 1994 saß Ralf Berlin im Kreistag des Altkreises Stendal, von 1999 bis 2014 im Kreistag der neu strukturierten Ostaltmark, davon zehn Jahre als FDP-Fraktionsvorsitzender.
Seit 2010 ist Ralf Berlin Ortsbürgermeister in Schinne. Und das möchte er gern auch weiterhin sein. „Ich mache Politik der Menschen wegen, mit denen ich lebe und arbeite“, fasst Berlin sein politsiches Kredo in einem Satz zusammen, an dem er auch nichts ändern wird, falls er am 13. März den Sprung in den Landtag schaffen sollte.
Geht Ralf Berlin durch „sein“ Schinne, finden sich einige Belege dafür, dass so verstandene Kommunalpolitik Früchte trägt. Vieles, was dorferneuert wurde, liegt am komplett neu straßenbeleuchteten Weg. Dazu der Kindergarten, die Grundschule. Darauf könne man schon ein wenig stolz sein, in einem Dorf mit rund 400 Einwohnern, meint der Bürgermeister. Was noch fehlt und wofür er sich stark machen wird, ist eine Sporthalle. Nicht nur für die Schinner Grundschüler, sondern auch für die Mitglieder der sieben Vereine, die es in Schinne gibt. Politik für die Menschen eben.