Musical Erste Regiearbeit vom Stendaler Intendanten
Mit "Cabaret" lieferte der neue Stendaler Intendant Wolf E. Rahlfs seine erste Regiearbeit am Theater der Altmark ab.
Stendal l Das große Haus des Theaters war am Sonnabend bis auf den letzten Platz ausverkauft und die Erwartungen waren hoch. Insbesondere, weil Intendant Wolf E. Rahlfs erstmals am Theater der Altmark selbst Regie führte. Doch auf das, was das Publikum dann in rund zweieinhalb Stunden erlebte, war keiner so richtig gefasst.
Bereits beim ersten Lied gleich am Anfang, beim weltbekannten „Willkommen, bienvenue, welcome!” rollte eine energiegeladene Welle durch den Saal, ließ die Zuschauer Teil der Geschichte werden, nahm alle in den Bann. „Cabaret” bietet unglaublich mitreißende Musik (gespielt von der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie Schönebeck unter der Leitung von Gerard Oskamp), witzige und gewagte Tanzszenen (Choreografie: Kerstin Ried), ein tolles Bühnenbild (Mark Späth) und Kostüme, die richtige Hingucker sind (Sofia Mazzoni). Und in der Inszenierung von Wolf E. Rahlfs die perfekte Mischung aus Amüsement, Gänsehaut und Schaudern.
Das Musical von John Kander (Musik), Fred Ebb (Gesangstexte) und Joe Masteroff (Buch) ist im Berlin 1929/ 1930 angesetzt. Der junge, amerikanische Schriftsteller Bradshaw taucht in das quirlige Nachtleben der Stadt. Er ist fasziniert von dieser beinahe „krankhaften Sucht, sich zu amüsieren”. Im Kitkat-Club trifft er die Sängerin Sally Bowles. Die beiden werden ein Paar. Doch ihre Liebe zerbricht an den sich ändernden politischen Verhältnissen. Bradshaw erkennt die Gefahr und will Deutschland verlassen, Sally kann das freizügige Berliner Nachtleben nicht aufgeben.
Der Conférencier des Nachtclubs ist die zentrale Figur des Musicals. Er präsentiert, kommentiert (nicht immer nur verbal), er treibt die Handlung an. Schauspieler Andreas Müller ist schier unglaublich in dieser Rolle! Er kann sogar mit den vier – äußerst sehenswerten – Tänzerinnen der Stageart Musical School Hamburg, die das Ensemble für diese Inszenierung unterstützen, mithalten.
Michaela Fent als Sally Bowles ist ebenfalls sehens- und hörenswert. Sexy, frech und unbekümmert singt sie zum Beispiel „Sag‘s nicht Mama” und später mit einer eher verzweifelten Vergnügungswut auch den Titelsong „Die Welt ist ein Cabaret ... komm ins Cabaret”.
Alle Darsteller begeistern: Helge Gudbrod als Bradshaw, Ole Xylander als der „nette” Nazi von nebenan, Frank Siebers als liebenswerter Obsthändler Schultz und Caroline Pischel als leichtlebiges Fräulein Kost. Hürdem Riethmüller verleiht der Rolle des Fräulein Schneider durch ihre Darstellung eine besonders anrührende Note und ihr Lied am Ende geht unter die Haut: „Bricht der Sturm erst einmal los, wie geht‘s weiter? ... Hörst du den Schritt? Alle neben mir gehen schon mit.”
Für Gänsehaut sorgt auch der Theaterchor. „Der morgige Tag” jagt Schauer den Rücken hinunter. Hoffnungsvoll und pathetisch singt er über die hoffnungsvolle Zukunft. Doch wir wissen , was der „morgige Tag” gebracht hat. Diese großartige Inszenierung von „Cabaret” hat das Premierenpublikum von den Stühlen gerissen. Hier stimmt wirklich alles.