Stendal l Streitschlichtergruppen, Beratungsgespräche für Schüler und Eltern, Projekte wie „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“. Das und vieles mehr gäbe es ohne das Engagement der Schulsozialarbeiter nicht. 22 davon gibt es im Landkreis. Im Sommer 2020 läuft jedoch die Finanzierung über den Europäischen Sozialfond aus. Derzeit ist offen, wie es weitergeht.
„Starke Schulsozialarbeit“ war das Motto eines Fachtags vergangene Woche. Alexandra Tinneberg, deren Kind auf das Markgraf-Albrecht Gymnasium in Osterburg geht, war dabei. Sie findet es „schlimm, dass es solche Fachtage geben muss, um die Wichtigkeit noch herauszustellen“. Die Mutter sagt: „Schulsozialarbeiter gehören heutzutage zu Schulen wie Lehrer, Direktor und Hausmeister.“ Sie würden stets ein offenes Ohr haben, auch für Lehrer und Eltern. Außerdem würden sie wichtige Projekte in die Schulen bringen.
Matthias Schindler, dessen zwei Kinder auf die Grundschule „Am Stadtsee“ gehen, erzählt: „Projekte wie Kochen lernen und Fußball führen dazu, dass die Kinder gerne zur Schule gehen.“ Außerdem bewirken sie, dass sich leistungsstarke um leistungsschwache Kinder kümmern.
Als besonderes Highlight des Fachtages zeigte die Tanzgruppe „die Schollis“ von der Sekundarschule „Geschwister Scholl“ in Goldbeck eine Tanzchoreografie, die sie während der AG mit Sozialarbeiterin Lisa Dombach erarbeitet haben. Lucy aus der 5. Klasse erklärt: „Wir können selber Ideen mit einbringen und haben die Möglichkeit, uns selbst auszuprobieren. Außerdem kann ich mich nach der Schule auspowern und den Stress vergessen.“
Sarah, die in die 9.?Klasse geht und auch an der Tanz-AG teilnimmt, bedankt sich noch einmal bei ihrer Sozialarbeiterin. „Ohne Frau Dombach hätte ich mich sicher nie getraut, vor Publikum zu tanzen,“ erzählt sie. Die stolze Sozialarbeiterin erklärt danach noch die positiven Effekte ihrer AG: Tanzen verbinde, fördere die Kreativität und jedes Training sei ein kleines Erfolgserlebnis. Den Spruch „Tanzen ist träumen mit den Füßen“, fände sie sehr zutreffend.
Als Nächstes präsentierten die Schüler der Streitschlichtergruppe von der Sekundarschule „Karl Marx“ Osterburg mit einem Theaterstück die Kenntnisse, die sie mit ihrer Lehrerin Grit Stange und Sozialarbeiterin Karin Rühlmann erworben haben.
„Streit zwischen den Schülern artet viel mehr aus und die sozialen Medien sind nicht zu unterschätzen“, erzählt die Lehrerin. Der Vorteil der Streitschlichtergruppe ist, dass die Schüler lernen, Konflikte selbst zu lösen und sich in andere hineinzuversetzen. Mit dem Satz „würde es überall so etwas geben, würde es nicht so viel Streit geben“, endete die Vorführung der Schüler.
Doch was passiert nach dem Sommer 2020? „Wenn es nicht weiter geht, sind demnächst viele Schulsozialarbeiter auf der Straße“, befürchtet Karin Rühlmann, Sozialarbeiterin der Sekundarschule „Karl Marx“ in Osterburg.
Landrat Carsten Wulfänger (CDU) sagte dazu in seiner Rede: „Eine Beantwortung der Frage, wie es nach dem Sommer 2020 weitergeht, muss spätestens zum Jahresende verbindlich feststehen. Hier wird sich das Land positionieren müssen“. Er selbst sei sich sicher, dass Schulsozialarbeit notwendig ist und daher würde er, wie bisher auch, die Sozialarbeiter aus voller Überzeugung unterstützen.
Diese Zusicherung reicht den derzeit rund 380 Sozialarbeitern jedoch nicht. Sie sammeln bis zum 2.?Mai mit dem neu gegründeten Bündnis „Schulsozialarbeit dauerhaft verankern“ Unterschriften für eine Änderung des Schulgesetzes.
Das Bündnis fordert, dass an allen Schulen – anders als jetzt – Schulsozialarbeit stattfindet und die bestehenden Projekte und Netzwerkstellen weiter finanziert werden. 62?Millionen Euro pro Jahr seien dafür notwendig, sagt Mirko Günther, Geschäftsbereichsleiter des „Sozialwerk Kinder- und Jugendhilfe“ in Magdeburg.