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Stolpersteine In Stendal sollen mehrere jüdische Erinnerungsorte entstehen

Die Initiative „Herz statt Hetze“ möchte die Spuren jüdischen Lebens in Stendal erhalten. Die Restauration eines alten Firmenschilds in der Karlstraße beginnt in Kürze.

Von Yulian Ide 05.02.2023, 15:00
Das Kanzleischild von Dr. Julius Charigs Rechtsanwaltskanzlei in der Stendaler Karlstraße 2
Das Kanzleischild von Dr. Julius Charigs Rechtsanwaltskanzlei in der Stendaler Karlstraße 2 Foto: Jürgen Lenski

Stendal - Nur sechs Stolpersteine gibt es in Stendal. Im Gegensatz zu anderen altmärkischen Städten wie Gardelegen (46) und Salzwedel (16) sind das wenige. „In diesem Jahr wollen wir 10 bis 15 neue Stolpersteine in Stendal beantragen“, kündigt Jacob Beuchel im Gespräch mit der Volksstimme an.

Bereits verlegte Stolpersteine:

Beckstraße 4:

Letzter Wohnort von Julius und Ilse Charig (geb. Mosheim)

Breite Straße 6:

Letzter Wohnort von Alfred Simonsohn

Hallstraße 4:

Letzter Wohnort von Richard und Auguste Cohn (geb. Schloss)

Karlstraße 2:

Kanzlei von Julius Charig

Das Wohnhaus Karlstraße 2 wird momentan saniert. Im Zuge dessen soll auch das Kanzlerschild  (in dem Bild neben der Garage, mit einer Grobspanplatte abgedeckt) der Rechtsanwaltskanzlei von Dr. Julius Charig mit Silikat gesichert und für die Nachwelt bewahrt werden. Vor dem Haus liegt bereits ein Stolperstein für den jüdischen Stendaler.
Das Wohnhaus Karlstraße 2 wird momentan saniert. Im Zuge dessen soll auch das Kanzlerschild (in dem Bild neben der Garage, mit einer Grobspanplatte abgedeckt) der Rechtsanwaltskanzlei von Dr. Julius Charig mit Silikat gesichert und für die Nachwelt bewahrt werden. Vor dem Haus liegt bereits ein Stolperstein für den jüdischen Stendaler.
Foto: Yulian Ide

Verlegung von Stolpersteinen geplant:

Grabenstraße 4:

Letzter Wohnort von Jakob, Mathilde und Wolfgang Dänemark

Jacob Beuchel, "Herz statt Hetze" und Stadtrat (SPD) in Stendal
Jacob Beuchel, "Herz statt Hetze" und Stadtrat (SPD) in Stendal
Foto: Yulian Ide

Jüdisches Leben in Stendal sichtbar machen

Er engagiert sich zusammen mit Sylvia Gohsrich, Dorothea Knauerhase und einer Handvoll weiteren Mitstreitern in der Initiative „Herz statt Hetze“, ein loses Bündnis, das im Jahr 2015 als demokratische Antwort auf die damaligen Pegida-Proteste entstanden ist. „Zurzeit recherchieren wir noch die genauen Lebensdaten und letzten Wohnorte der jüdischen Opfer des Holocaust in Stendal“, berichtet Jacob Beuchel, der für die SPD im Stendaler Stadtrat sitzt, „und sammeln Spenden, um die Verlegung der Stolpersteine zu finanzieren“. Rund 120 Euro kostet jede quadratischen Messingtafel, die der Künstler Günther Demnig seit 1992 in ganz Europa verlegt. Die Verlegung der nächsten Stendaler Stolpersteine ist für 2024 geplant.

Sylvia Gohsrich, "Herz statt Hetze"
Sylvia Gohsrich, "Herz statt Hetze"
Foto: Yulian Ide

Weiter vorangeschritten ist ein anderes Vorhaben der Initiative: Das historische Kanzleischild des jüdischen Rechtsanwaltes Julius Charig an der Fassade der Karlstraße 2 soll im Zuge aktuellen der Sanierung des Wohnhauses für die Nachwelt gerettet werden. Inzwischen stark verwittert ist es eines der wenigen nicht-sakralen Zeugnisse jüdischen Lebens in der Stadt, das die wechselhafte Geschichte Stendals überstanden hat. Nicht ganz zufällig: „Lange hat ein anderes Firmenschild die zarten Schriftzüge vor der Unkenntlichkeit bewahrt“, beschreibt Sylvia Gohsrich den Glücksfund.

Dr. Julius Charig, war ein jüdischer Anwalt, der vor dem Krieg in Stendal lebte. Zusammen mit seiner Frau Ilse wurde er von den Nazis 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert, wo er im März 1943 starb.
Dr. Julius Charig, war ein jüdischer Anwalt, der vor dem Krieg in Stendal lebte. Zusammen mit seiner Frau Ilse wurde er von den Nazis 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert, wo er im März 1943 starb.
Foto: Holocoust Memorial Museum Washington

Unterstützung erhält das Bündnis „Herz statt Hetze“ von der Altmärkischen Bürgerstiftung, etwa um Gelder zu beantragen. „Wir sind nicht reich, aber kleine dreistellige Beträge können wir schon mal beitragen“, ergänzt Stiftungsvorsitzender Jürgen Lenski. Die Restaurierung des Firmenschilds und dessen Sicherung mit Silikat bis Ende März 2023, sowie die Anbringung einer Informationstafel bis Jahresende kostet rund 1200 Euro.

Jürgen Lenski, Vorsitzender der Altmärkischen Bürgerstiftung
Jürgen Lenski, Vorsitzender der Altmärkischen Bürgerstiftung
Foto: Yulian Ide

Weitere Vorhaben, die die Initiative in diesem Jahr umsetzen möchte, sind Veranstaltungen während der Jüdischen Kulturtage, der Druck einer zweiten Broschüre zur jüdischen Geschichte Stendals und eine Bildungsreise nach Erfurt im September.

Weiterführende Informationen

Das nächste Treffen der Gruppe findet am 16. Februar 2023 um 17 Uhr am Schadewachten 35 statt. Mehr Informationen unter geschichtswerkstatt-stendal@posteo.de