Stolpersteine In Stendal sollen mehrere jüdische Erinnerungsorte entstehen
Die Initiative „Herz statt Hetze“ möchte die Spuren jüdischen Lebens in Stendal erhalten. Die Restauration eines alten Firmenschilds in der Karlstraße beginnt in Kürze.
Stendal - Nur sechs Stolpersteine gibt es in Stendal. Im Gegensatz zu anderen altmärkischen Städten wie Gardelegen (46) und Salzwedel (16) sind das wenige. „In diesem Jahr wollen wir 10 bis 15 neue Stolpersteine in Stendal beantragen“, kündigt Jacob Beuchel im Gespräch mit der Volksstimme an.
Bereits verlegte Stolpersteine:
Beckstraße 4:
Letzter Wohnort von Julius und Ilse Charig (geb. Mosheim)
Breite Straße 6:
Letzter Wohnort von Alfred Simonsohn
Hallstraße 4:
Letzter Wohnort von Richard und Auguste Cohn (geb. Schloss)
Karlstraße 2:
Kanzlei von Julius Charig
Verlegung von Stolpersteinen geplant:
Grabenstraße 4:
Letzter Wohnort von Jakob, Mathilde und Wolfgang Dänemark
Jüdisches Leben in Stendal sichtbar machen
Er engagiert sich zusammen mit Sylvia Gohsrich, Dorothea Knauerhase und einer Handvoll weiteren Mitstreitern in der Initiative „Herz statt Hetze“, ein loses Bündnis, das im Jahr 2015 als demokratische Antwort auf die damaligen Pegida-Proteste entstanden ist. „Zurzeit recherchieren wir noch die genauen Lebensdaten und letzten Wohnorte der jüdischen Opfer des Holocaust in Stendal“, berichtet Jacob Beuchel, der für die SPD im Stendaler Stadtrat sitzt, „und sammeln Spenden, um die Verlegung der Stolpersteine zu finanzieren“. Rund 120 Euro kostet jede quadratischen Messingtafel, die der Künstler Günther Demnig seit 1992 in ganz Europa verlegt. Die Verlegung der nächsten Stendaler Stolpersteine ist für 2024 geplant.
Weiter vorangeschritten ist ein anderes Vorhaben der Initiative: Das historische Kanzleischild des jüdischen Rechtsanwaltes Julius Charig an der Fassade der Karlstraße 2 soll im Zuge aktuellen der Sanierung des Wohnhauses für die Nachwelt gerettet werden. Inzwischen stark verwittert ist es eines der wenigen nicht-sakralen Zeugnisse jüdischen Lebens in der Stadt, das die wechselhafte Geschichte Stendals überstanden hat. Nicht ganz zufällig: „Lange hat ein anderes Firmenschild die zarten Schriftzüge vor der Unkenntlichkeit bewahrt“, beschreibt Sylvia Gohsrich den Glücksfund.
Unterstützung erhält das Bündnis „Herz statt Hetze“ von der Altmärkischen Bürgerstiftung, etwa um Gelder zu beantragen. „Wir sind nicht reich, aber kleine dreistellige Beträge können wir schon mal beitragen“, ergänzt Stiftungsvorsitzender Jürgen Lenski. Die Restaurierung des Firmenschilds und dessen Sicherung mit Silikat bis Ende März 2023, sowie die Anbringung einer Informationstafel bis Jahresende kostet rund 1200 Euro.
Weitere Vorhaben, die die Initiative in diesem Jahr umsetzen möchte, sind Veranstaltungen während der Jüdischen Kulturtage, der Druck einer zweiten Broschüre zur jüdischen Geschichte Stendals und eine Bildungsreise nach Erfurt im September.
Weiterführende Informationen
Das nächste Treffen der Gruppe findet am 16. Februar 2023 um 17 Uhr am Schadewachten 35 statt. Mehr Informationen unter geschichtswerkstatt-stendal@posteo.de