Corona Intensivstation am Johanniter-Krankenhaus Stendal: Die zweite Welle war am schlimmsten
Corona bringt die Intensivstationen an ihre Grenzen – von diesem Schreckenszenario blieb die Intensivstation am Stendaler Johanniter-Krankenhaus verschont. Schlimmer wirkten sich Infektionen des Personals aus – allerdings bereits in der zweiten Welle.
Stendal - Das Schlimmste ist nicht das um Atemluft-Ringen, die anstrengende Prozedur des Wechsels von der Rücken- in die Bauchlage oder die nachträglich auftretenden Symptome bei Corona-Patienten. Das Schlimmste, sagt Dr. Oliver Krull, sind die traurigen Stimmen der Angehörigen, wenn er ihnen sagen muss, dass ein Besuch ihres erkrankten Verwandten unmöglich ist. „Das geht einem schon nahe“, berichtet der leitende Oberarzt der Intensivstation am Johanniter-Krankenhaus Stendal.
Ganz heftig war es Ende Dezember
Während vor einigen Wochen in anderen Kliniken eine Überlastung der Intensivmedizin ernsthaft befürchtet wurde, scheint die schlimmste Zeit bei der Behandlung der Covid-19-Patienten überstanden zu sein. „Ganz heftig war es von Ende Dezember vergangenen Jahres bis in den Januar hinein“, berichtet Professor Dr. Jörg Fahlke, der ärztliche Direktor des Johanniter-Krankenhauses. „Vor allem, weil mangels Impfungen auch unser Personal auf der Intensivstation von Corona-Infektionen betroffen war.“
Inzwischen sei der Großteil des Personals geimpft. Das sorge nicht nur für einen Schutz vor Ansteckung mit dem Virus, sondern sorge auf psychischer Ebene für Sicherheit bei denjenigen, die Erkrankte behandeln, betreuen und pflegen müssen. Der Erfolg des rechtzeitigen Impfens zeige sich darin, dass seit Wochen, ja Monaten keine Corona-Infektionen mehr unter den Mitarbeitern des Johanniter-Krankenhauses aufgetreten sind.
Testen und Impfen ist die richtige Strategie
Die Strategie des Impfens, Testens und der Einhaltung der Hygieneregeln hat ihre Wirksamkeit in der Praxis bewiesen. „Das ist der Weg aus der Pandemie“, sagt Dr. Oliver Krull.
Deutlich werde das unter anderem am Altersdurchschnitt der Corona-Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen. „Über 80-jährige Covid-Patienten haben wir kaum noch und wenn, dann sind es ungeimpfte“, sagt Professor Jörg Fahlke. Stattdessen müsse jetzt verstärkt die Gruppe der 50- bis 60-Jährigen behandelt werden.
Trotz der hohen Belastung des Personals sei die Lage unter Kontrolle, schätzt der leitende Oberarzt ein. „Wir mussten zu keiner Zeit Patienten abgeben, weil unsere Kapazitäten nicht ausgereicht hätten“, sagt Oliver Krull . Und für die gefürchtete Triage, also die Entscheidung, für welche Patienten bei unzureichenden Mitteln die lebenswichtigen Ressourcen einzusetzen sind, gab es am Johanniter-Krankenhaus bisher keine Notwendigkeit.
Der 50-Jährige, der nach Corona-Infektion nur 150 Meter schafft
Allerdings sind die Krankheitsverläufe jetzt langwieriger. „Während die Patienten vor einiger Zeit nach zwei bis drei Tagen die Intensivstation verlassen und auf der Infektionsstation weiterbehandelt werden konnten, brauchen wir jetzt drei bis fünf Wochen intensivmedizinischer Behandlung bis die Covid-Patienten die Intensivstation verlassen können“, sagt Jörg Fahlke.
Bemerkenswert sei der Fall eines ihm bekannten 50-jährigen Patienten, berichtet der ärztliche Direktor. „Ich kannte ihn als fitten Mann, der regelmäßig Sport trieb“, sagt Jörg Fahlke. „Neulich bekam ich einen Anruf von ihm aus der Reha. Er war ganz stolz, dass er wieder 150 Meter am Stück laufen konnte, und das nach acht Wochen.“
Diese „Post-Covid-Syndrom“ genannten Spätfolgen können immerhin gemildert werden, wenn die Patienten eine Rehabilitationsbehandlung erhalten. „Gegenwärtig ist das ohne Probleme möglich“, sagt Dr. Oliver Krull.
Alles in allem ist das Johanniter-Krankenhaus bislang ganz gut durch die Corona-Krise gekommen. „Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg ist die Impfung der Mitarbeiter, die sonst täglich dem Risiko einer Infektion ausgesetzt wären“, sagt Professor Jörg Fahlke. „Großer Dank gebührt dem Landrat und dem Team vom Impfzentrum Stedal, die es in der Phase akuter Impfstoffknappheit ermöglicht haben, dass unser Personal geimpft werden konnte.“
Mittlerweile seien mindestens 80 Prozent derjenigen geimpft, die unmittelbaren Patientenkontakt haben. Das halte denen, die in der Pflege der Patienten arbeiten, wenigstens die Gefahr vom Leib, selbst zu erkranken. „Die Belastung durch Überstunden ist auch so immer noch hoch genug“, findet der ärztliche Direktor. Von den 14 Intensivbetten im Krankenhaus sind regelmäßig drei bis fünf mit Covid-19-Patienten belegt.