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Stadtsee-Serie "Man bekommt so viel Liebe zurück"

Für die Serie "24 Stunden Stadtsee" haben wir von 12 bis 12 Uhr Menschen im Stadtteil begleitet. Heute: 4 bis 5 Uhr im Pflegeheim.

Von Thomas Pusch 05.08.2015, 17:27

Stendal l Es duftet nach Kaffee um 4 Uhr morgens im Alten- und Pflegeheim "Am Springberg". "Den brühe ich gerade frisch auf", sagt Schwester Ilona, die die Nachtschicht hat. Vier große Pumpkannen für die Bewohner und eine weitere für die Kollegen werden es am Ende sein. Gerade hat Ilona Mallon einen Rundgang über die Station gemacht, die Tür geöffnet, gehorcht, ob die Bewohner ruhig schlafen oder gehört, ob sie etwas für sie tun kann.

Mit 16 Jahren hat sie ihre Ausbildung zur Krankenschwester in der damaligen Bezirksnervenklinik Uchtspringe, dem heutigen Fachklinikum, begonnen. Später zog sie nach Stendal, als ihr Mann durch die Arbeit auf der KKW-Baustelle eine Wohnung bekommen hatte. "In Uchtspringe hatten wir keine Chance, eine Wohnung bekommen", erinnert sie sich.

Die Freundin abgeworben

Ein Jahr lang arbeitete sie in der Landpraxis in Insel, war dann in einer Kinderkrippe tätig, bevor sie an die Poliklinik zu Dr. Dworski wechselte. Dann war das Jenny-Marx-Heim die nächste Station und als Monika Adam, mit der sie zusammen gelernt hatte, ihr Altenheim in Stadtsee eröffnete, warb sie die alte Freundin ab. "Und das habe ich bis heute nicht bereut", bekräftigt Ilona Mallon.

Ihr gefällt, dass es mit 45 Bewohnern ein kleines Haus ist, an dem man den Menschen ganz nahe sei. "Es ist erstaunlich, was manche für Biografien hinter sich haben, viele haben ja den Krieg noch erlebt", sagt die 53-Jährige. Zuhören sei wichtig, denn es mache den Senioren Freude, Geschichten aus der Vergangenheit zu erzählen. Mit Herz und Händchen müssen die älteren Herrschaften behandelt werden, um ihnen gerecht zu werden. Das ist allerdings keine Einbahnstraße. "Man bekommt auch sehr viel Liebe zurück", schwärmt die Krankenschwester.

Damals Tupfer selbst gedreht

Ein Altenpflegeheim ist von der Arbeit her natürlich nicht mit einer Poliklinik oder der Bezirksnervenklinik vergleichen. Nicht vergleichbar sind auch die heutigen Arbeitsbedingungen mit denen vor fast 40 Jahren. "Heutzutage müssen keine Spritzen mehr ausgekocht werden, damals haben wir noch die Widerhaken von Kanülen gefeilt und Tupfer selbst gedreht", zählt Mallon auf. Auch das Inkontinenzmaterial habe eine enorme Entwicklung durchgemacht, sei mittlerweile viel hautfreundlicher als vorher.

Anders geworden ist auch der gestiegene Dokumentationsaufwand. Alles, was am und mit dem Bewohner gemacht wird, muss aufgeschrieben werden. Es gibt einen Pflegeplan, ein Trinkprotokoll. Zum Beispiel wenn der Medizinische Dienst zur unangemeldeten Kontrolle kommt, spielen diese Protokolle eine Rolle. "Gerade gestern war jemand vom MDK hier und es lief alles ohne Beanstandung", freut sich Mallon.

Alle zwei Stunden Kontrolle

Kurz nach halb fünf sieht sie nochmal in ein paar Zimmer hinein. "Alle Zimmer werden im Zwei-Stunden-Rhythmus kontrolliert." Leise öffnet sie die Tür - im Zimmer ist alles dunkel, genauso leise schließt Schwester Ilona wieder die Tür. Im nächsten Zimmer möchte die Bewohnerin ein wenig zur Seite gedreht werden.

Wieder zurück im Büro resümiert Ilona Mallon: "Keine besonderen Vorkommnisse". Die letzte Stunde ihres Nachtdienstes hat nun begonnen.

Nächste Folge: Am Sonnabend, 8. August, kommen wir von 5 bis 6 Uhr mit Pendlern am Stadtsee-Bahnhof ins Gespräch