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Familienleben in Sachsen-Anhalt Praktikum im Ausland: Tischler-Azubi aus Stendal lernt auf Kreta

Tischler-Lehrling Matthias Mösenthin aus Stendal zieht für seine Ausbildung in die Welt hinaus. Er hat gearbeitet, wo andere Urlaub machen. Die EU macht's möglich.

Von Donald Lyko 23.10.2023, 17:35
Tischler-Lehrling Matthias Mösenthin aus Stendal mit einem Mitarbeiter seines Praktikumsbetriebes in Heraklion auf der Insel Kreta.
Tischler-Lehrling Matthias Mösenthin aus Stendal mit einem Mitarbeiter seines Praktikumsbetriebes in Heraklion auf der Insel Kreta. Foto: Mösenthin

Stendal - Für Handwerker ist es ein ungeschriebenes Gesetz: Gelernt wird mit dem Blick über den Tellerrand hinaus, mit dem Blick hinein in die Werkstätten vieler Meister – gern auch im Ausland. Einer, der dafür schon in seiner Ausbildung die Möglichkeiten nutzt, ist der 19-jährige Matthias Mösenthin. Vor gut zwei Monaten ist der Tischler-Lehrling in sein drittes Ausbildungsjahr am Berufsschulzentrum des Landkreises Stendal, das sich als Europaschule profiliert hat, gestartet. Sein Ausbildungsbetrieb ist die Tischlerei Schneider von Inhaber Sven Bittkau in Badingen.

Unter dem Motto „Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ hatte sich Matthias Mösenthin aus dem Stendaler Ortsteil Wahrburg für den Sommer etwas Besonderes vorgenommen: ein vierwöchiges Praktikum in einer Tischlerei auf der griechischen Insel Kreta. Möglich gemacht hat dies die Projektreihe EuropAktiv, gefördert aus dem Programm Erasmus+ der Europäischen Union.

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EuropAktiv ist ein Angebot des Vereins 3K-Aktiv, das jungen Menschen die Möglichkeit bietet, für einen Monat oder länger ins Ausland zu gehen und dort in Betrieben praktische Erfahrungen für den Beruf zu sammeln. „Dabei werden im Prinzip alle Kosten durch Fördergelder von ‚Erasmus+‘ gedeckt und man bekommt noch ein ‚Taschengeld‘ für Essen und alles weitere dazu“, beschreibt es der junge Mann.

Premiere schon beim Hinflug

Nach seiner Rückkehr zieht der 19-Jährige ein positives Fazit und ermuntert andere Lehrlinge: „Ich kann jedem nur empfehlen, einen Blick über den eigenen Tellerrand zu wagen und einen solchen Austausch mitzumachen.“ Er habe sich im Großen und Ganzen in seinem Praktikumsbetrieb sehr wohl gefühlt. „Mir war nie langweilig. Ich war im Prinzip jeden Tag unterwegs und habe viele neue Erfahrungen gesammelt. Die Menschen dort waren sehr nett und immer hilfsbereit“, schreibt der Tischler-Azubi in einem Erfahrungsbericht, um bei Gleichaltrigen für diese Praktikumschance zu werben.

Denn die wird noch sehr wenig genutzt. Unter anderem laut Studien der Nationalen Agentur des Bundesinstituts für Berufsbildung absolvieren jährlich rund vier bis fünf Prozent aller Azubis in ihrer Lehrzeit einen Auslandsaufenthalt.

Schon die Hinreise war für Matthias Mösenthin eine Premiere: „Das war mein erster Flug, also war ich entsprechend aufgeregt. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass das nicht nötig war, da der Flug problemlos verlaufen ist.“ Von Hamburg ging es mit dem Flieger nach Heraklion, der Hauptstadt der griechischen Insel. Nach einem freien Tag, „um mir einen ersten Eindruck von der Stadt zu machen und mir meinen ersten Sonnenbrand für diesen Sommer zu holen“, ging es am zweiten Tag auf Kreta in den Praktikumsbetrieb. „Um zur Arbeit zu kommen, erhielt ich eine Monatskarte. Damit konnte ich in Heraklion einen Monat lang den Stadtbus nutzen“, berichtet der Auszubildende.

Sein Praktikumsbetrieb war ein wirklich kleiner. „Wir waren mit mir nur zu dritt. Die Arbeit war immer sehr entspannt, vielseitig und gut auf die Anzahl der Personen abgestimmt.“ In der Tischlerei werden hauptsächlich Küchen gebaut. „Dabei habe ich sehr gut helfen können. Ich durfte auch selbstständig arbeiten und habe einiges dazugelernt“, berichtet der Altmärker. Was ihm dabei geholfen hat: „Die Kommunikation war deutlich einfacher, als ich erwartet hatte. Mit meinen Kollegen habe ich mich sehr gut auf Englisch verständigen können.“ Und die Mitarbeiter der Organisation haben Deutsch gesprochen. Da Kreta stark vom Tourismus geprägt ist, konnte sich Matthias Mösenthin „grundsätzlich sehr gut auf Englisch verständigen“.

In vier Wochen selbstständiger geworden

Auch wenn die Arbeit im Praktikumsbetrieb im Mittelpunkt stand, blieb dem 19-Jährigen genügend Zeit, um Land und Leute kennenzulernen. „Kreta ist eine wunderschöne Insel. Eine Kombination aus Bergen und Meer. Die Landschaft ist schön. Es gibt Tausende Orte mit tollen Aussichten“, schwärmt er nach seiner Rückkehr. Zum Meer und den schönen Landschaften sei Heraklion „leider das krasse Gegenteil. Alles ist zugemüllt, und die Häuser sind sehr planlos gebaut. Es ist kaum etwas von der historischen Altstadt erhalten.“ Seine Empfehlung ist, „sich die Zeit zu nehmen und die ganze Insel zu erkunden“. Dazu werden unter anderem von der Organisation regelmäßig Ausflüge angeboten.

„Während meiner Zeit auf Kreta habe ich gelernt, selbstständiger zu leben“, nennt Matthias Mösenthin eine bleibende Erfahrung, die er über das Berufliche hinaus vom Auslandspraktikum mitgenommen hat. Um die Unterbringung hatte sich die Organisatoren vor Ort gekümmert, „ums Essen und alles andere musste ich mich selbst kümmern“.