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Schabernack aus Chouvenien Rezension zu „Venedig im Schnee“ am Theater der Altmark in Stendal

Am Theater der Altmark in Stendal feierte „Venedig im Schnee“ Premiere. Die Schauspieler sorgten mit ihrer Leistung in der französischen Komödie für einen humorvollen Abend.

Von Leon Zeitz 02.12.2024, 19:00
Susan Ihlenfeld (von links), Lukas Franke, Josephine Behrens und Matthias Hinz in der Komödie „Venedig im Schnee“ am Theater der Altmark in Stendal.
Susan Ihlenfeld (von links), Lukas Franke, Josephine Behrens und Matthias Hinz in der Komödie „Venedig im Schnee“ am Theater der Altmark in Stendal. Foto: Nilz Böhme

Stendal - Viel braucht es nicht, um die Komödie „Venedig im Schnee“ auf die Bühne zu bringen, die am 30. November im Kleinen Haus im Theater der Altmark Premiere feierte. Ein Tisch samt mehrgängigem Menü, bei dem sich mit jedem Gericht der Abend immer weiter zuspitzt.

Wer französische Komödien liebt, für den wird sich ein Besuch in Stendal lohnen. Und auch für alle anderen ist das im Jahr 2003 uraufgeführte Stück von Gilles Dyrek durchaus sehenswert.

Jean-Luc und Natalie sind nach vier Jahren noch immer wie frisch verliebt, die Hochzeit nur noch wenige Wochen entfernt. Dass sie sich lieben, wird vor allem dadurch deutlich, dass sie sich gefühlt im Sekundentakt kitschige Kosenamen wie „Chouchou“ entgegenschleudern. Josephine Behrens und Matthias Hinz spielen das turtelnde Pärchen überzeugend, wenn auch überspitzt.

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Schon beinahe unscheinbar wirkt dahingegen das zum Essen eingeladene Paar, bestehend aus Jean-Lucs altem Studienfreund Christophe und seiner neusten Liaison Patricia. Das Paar liegt zu Beginn im Clinch, was darin resultiert, dass gerade Patricia kein Wort mit den Gastgebern spricht. Die haben schnell eine Antwort auf das ungewöhnliche Verhalten gefunden: Die Dame ist Ausländerin und spricht kein Wort Französisch.

Passend dazu wird gleich zweimal während des Stücks (zu Beginn und am Ende) das Lied „Je ne parle pas français“ von Sängerin Namika abgespielt.

Zunächst geschockt nimmt Patricia ihre Ausbürgerung dankend an und erfindet schnell das Land „Chouvenien“ mit passender Fantasiesprache. In diesem Moment fängt Schauspielerin Susan Ihlenfeld an zu glänzen. Scheinbar ganz spontan erfindet sie Worte und Laute – und überzeugt dabei nicht nur ihre Gastgeber von ihrer fiktiven Herkunft. Auch die Zuschauer vergessen, dass „Chouvenien" gar nicht existiert. Gebannt wartet man darauf, was sie sich als Nächstes einfallen lässt.

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Sind die Gastgeber anfangs noch neugierig und verzückt über Patricias Herkunft, entwickeln sie plötzlich Skepsis, die sich in Klischees widerspiegelt. Doch schnell erinnern sie sich daran, dass sie dem armen Land helfen und gleichzeitig nutzlosen Schrapel loswerden könnten. So weit so gut, bis dann das titelgebende „Venedig im Schnee“ (eine Schneekugel) mit auf die Spendenliste gesetzt wird, ganz zum Missfallen von Natalie. Die Stimmung kippt.

Und mittendrin ist Christophe, der doch nur einen ruhigen Abend verbringen wollte und wohl oder übel gezwungen wird, den Schabernack seiner Freundin durchzuziehen. Während seine Rolle Müh und Not hat, dem Geschehen um ihn herum Herr zu werden, bleibt Lukas Franke souverän. Wechselt geschickt vom charmanten Gast zum genervten Freund und zu purer Resignation.

Kostüme und Bühnenbild von Mark Späth sind gelungen. Der Höhepunkt: Der Plastikvorhang, der in der Pause den Eindruck erweckt, als würde das Publikum in eine Schneekugel hineinsehen. Das Ende von „Venedig im Schnee“ ist keine große Überraschung. Doch ist die Inszenierung von Regisseur Marcus Kaloff kurzweilig und kitzelt einige Lacher aus dem Publikum hervor. Dieses scheint letztendlich zwiegespalten. Während einige Gäste ratlos zurückbleiben, verlassen andere mit guter Laune die Premiere.