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Reichskanzler So wurde Otto von Bismarck zum Deichhauptmann in der preußischen Provinz Sachsen

Historiker Mathias Tullner spricht in Döbbelin, Landkreis Stendal, über den Werdegang des „Eisernen Kanzlers“.

Von Tobias Hofbauer 06.08.2023, 07:50
Otto von Bismarck als Deichhauptmann. Dieses – und damit sein erstes öffentliches Amt – hatte er im März 1846 übernommen.
Otto von Bismarck als Deichhauptmann. Dieses – und damit sein erstes öffentliches Amt – hatte er im März 1846 übernommen. Repro: Ingo Freihorst

Döbbelin - Um Otto von Bismarck ranken sich viele Geschichten. Wie er seine politischen Gegner unterdrückte, die modernsten Sozialgesetze seiner Zeit eingeführt hatte, und seine Kriegspolitik. Wofür ihn kaum jemand kennt, ist seine Zeit als Deichhauptmann.

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Auf der Gedenkveranstaltung zu Otto von Bismarcks 125. Todestag trafen sich Historiker aus dem ganzen Land in Döbbelin und sprachen über die Bedeutung des Reichskanzlers, der in Schönhausen das Licht der Welt erblickte. Mathias Tullner, ein Historiker mit Schwerpunkt auf der Landesgeschichte Sachsen-Anhalts, stellte den steinigen Werdegang der Reizfigur Bismarck bis zu seinem Amt als Deichhauptmann in der preußischen Provinz Sachsen vor.

Im Jahr 1836 kam Otto von Bismarck im Alter von 21 Jahren in die Altmark, um auf dem Anwesen seines Vaters für seine Examen zu lernen. Vier Jahre später, als sein Vater immer kränker wurde, übernahm er die Pflichten auf dem Anwesen und vertrat ihn im Kreistag. Da zeigten sich bereits erste Ambitionen des jungen Bismarck, der auf das Amt des Landrates schielte, um politisch aufzusteigen. Da er allerdings bei dem Landadel noch kein hohes Ansehen genoss, scheiterte er mit diesem Vorhaben.

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In einem Briefwechsel zwischen Bismarck und General Ernst Ludwig von Gerlach machte der zukünftige Reichskanzler klar, dass sein neu erklärtes Ziel das Amt des Deichhauptmanns für die rechtselbischen Deiche werden wird. Wiederholt äußerte der spätere „Eiserne Kanzler“ Beschwerden über den bisherigen Amtsträger und dessen Arbeit und drang ihn so zum Rücktritt – der Weg für Neuwahlen wurde frei.

Bismarck scheitert bei Landratswahl

Im Jahr 1845 wurde die Region von mehreren heftigen Hochwassern getroffen. Da das letzte große Hochwasser 1805 war, wurden die Deiche vernachlässigt. Die Gelegenheit für Bismarck, das Amt des Deichhauptmanns anzustreben, erklärte Mathias Tullner.

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Bismarck strebte an, als Deichhauptmann die Bereiche Hohenwarthe bis Sandau abzudecken. Doch auch bei dieser Wahl scheiterte er erneut. Zum Glück Bismarcks griff die preußische Regierung ein und teilte den Deichbereich auf, wodurch beide Kandidaten zu Deichhauptmännern ernannt wurden. Bismarck verzichtete jedoch auf seine Bezahlung zugunsten des gewählten Hauptmannes und erhielt den kleineren Bereich von Jerichow bis Sandau. In der Folge nahm Bismarck das Amt des Deichhauptmanns sehr ernst und kümmerte sich um die Deiche. Dabei legte er Wert auf eine bestimmte Bauart und sorgte dafür, dass alle Deiche gleich hoch waren.

Nazis am Deichbruch bei Fischbeck schuld?

„Die heutige Form der Deiche stammt noch vom Team, das Bismarck aufgestellt hatte“, zeigt sich Mathias Tullner fasziniert und sagt: „Die einzige Ausnahme bildet ein Knick der Gewässer bei Fischbeck, für den aber die Nazis verantwortlich waren.“ Die hätten damit den Deichbruch von 2013 ausgelöst.