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Leerstehende Blocks Stendal-Süd soll versteigert werden

Das Amtsgericht in Stendal hat den Termin für eine Zwangsversteigerung der Wohnblocks in Stendal-Süd auf den 18. Mai festgelegt.

Von Bernd-Volker Brahms 17.01.2017, 00:01

Stendal l Die wechselvolle Geschichte der vier verbliebenen Blöcke mit etwa 340 verwaisten Wohnungen in Stendal-Süd geht weiter. Sie kommen erneut unter den Hammer.

Am 18. Mai sollen die aus der Zeit vor der politischen Wende um 1988 herum entstandenen fünf- und sechsgeschossigen Mehrfamilienhäuser der Bauart WBS 70 unter dem Aktenzeichen 7 K 244/09 am Stendaler Amtsgericht zwangsversteigert werden. Der Gesamtverkehrswert der „sanierungsbedürftigen“ Wohngebäude beläuft sich auf knapp 2,05 Millionen Euro, wie der Stendaler Bausachverständigen Norbert Mädge in einem aktuellen Gutachten ermittelte.

Bei einer im März und September 2011 begonnenen und am 19. April 2012 fortgesetzten, allerdings ergebnislos verlaufenen Zwangsversteigerung betrug der Gesamtverkehrswert noch 4,01 Millionen Euro. Es fand sich kein Bieter.

Bei einem weiteren Termin am 20. November 2014 waren mittlerweile alle zahlenden Mieter ausgezogen und der Wert hatte sich dadurch erheblich gemindert. Ein aktuelles Gutachten lag seinerzeit nicht vor, auch deswegen wurde der Termin wieder aufgehoben. Aber auch, weil im Raum stand, dass Verfahrensbeteiligte im Ausland nicht rechtzeitig geladen werden könnten.

Rückblick: Im Jahr 2009 hatte die türkisch-aserbaidschanische Firma „M&E Real Estate Mustafazada & Efrem GbR (M&E)“ den Komplex mit sechs Wohnblöcken erworben, den vollen Kaufpreis für alle Objekte aber wohl nie gezahlt, sodass 2,8 Millionen Euro offen blieben. Die im Handelsregister beim Amtsgericht Frankfurt am Main geführte Raks AG, die sich in der Öffentlichkeit gerne als Real Estate-Nachfolger in Sachen Eigentümer sah und offenbar mit dem Hauptgläubiger außerhalb der Zwangsversteigerung gekungelt hatte, trat ab 2012 wohl als Vermieter auf, ist aber nach Volksstimme-Informationen nie als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden. Eingetragene Besitzer waren mit Stand 2012 demnach Nazir Mustafazada (Aserbaidshan) und der zwischenzeitlich verstorbene Türke Tekin Evren als Einzelpersonen.

Hauptgläubiger war seinerzeit die in Wiesbaden ansässige Delta Lloyd Versicherungsgruppe. Auch beim Landkreis und der Stadt Stendal sowie den Stadtwerken steht der Eigentümer mit Steuer- und Gebührenschulden ganz tief in der Kreide. Ranglistenzweite war bei der Versteigerung 2012 die Stadt Stendal. Bei ihr waren schon damals laut Amtsgericht mehr als 114 000 Euro an Grundsteuerschulden aufgelaufen. Knapp 130 000 Euro war die Raks AG als Vermieter den Stadtwerken an Ver- und Entsorgungskosten schuldig geblieben. Das aktuelle Zwangsversteigerung wird neben der Delta Loyd auch von der Stadt Stendal betrieben, wie Stadtsprecher Klaus Ortmann auf Nachfrage bestätigt. Weitere Gläubiger sind auch das Finanzamt Roßlau und der Landkreis Stendal.

Die enormen Außenstände im sechsstelligen Bereich hatten die Stadtwerke dazu veranlasst, im Sommer 2014 den Trinkwasserhahn abzudrehen. Zuvor war schon die Versorgung mit Fernwärme und Warmwasser sowie der Strom eingestellt worden.

Mieter gibt es nach inoffiziellen Angaben derzeit keine mehr in den vier Objekten. Nach Beobachtungen der Volksstimme herrscht allerdings sehr wohl noch Leben in einigen Wohnungen in der Hanseallee und in der Lemgoer Straße – allerdings ohne Strom, Heizung und Wasser. Auch im Gutachten ist vermerkt, dass es „vereinzelte Bewohner“ gibt, die Namen hätten jedoch „nicht ermittelt“ werden können.

Die Stadt hat nach offiziellen Angaben mit den Flächen in Stendal-Süd nichts vor. Auch wenn Bauplätze in der Stadt fehlen, so sei der südliche Stadtrand keine Option für beispielsweise ein Baugebiet.