Hochwasser nähert sich Havel-Winkel Unruhiges Warten auf die Flut
Die Stimmung im Havel-Winkel ist gespalten. Viele Jederitzer fühlen sich alleingelassen, in Kuhlhausen ist man gelassen und die Warnauer warten ab.
Havelberg l Matthias Wilms könnte aus der Haut fahren. "Das kann doch wohl nicht sein, dass wir mit rund 150 Einwohnern allein sieben Kilometer Deich schützen sollen", schimpft der Jederitzer und haut seine Schippröhre tief in den Sandhaufen, um den nächsten Sandsack zu füllen. Einmal sei jemand vom Landesamt für Hochwasserschutz in dem Ort gewesen. "Der hat uns gezeigt, wie man Sandsäcke an den Deich legt und ist dann wieder gegangen", erzählt Wilms kopfschüttelnd. "Es sieht so aus, als ob sich das Dorf in Eigenleistung schützen soll", meint eine Jederitzerin, die nicht genannt werden will. Wilms nickt zustimmend und beklagt außer fehlender Unterstützung auch die mangelhaften Informationen. "Mehr oder weniger erfahren wir alles nur aus der Gerüchteküche", sagt er. "Wir wissen keine Pegelhöhe oder ob ein Wehr gezogen wird, gar nichts." Verlass ist hingegen auf die Küche im Kulturraum der Jederitzer Feuerwehr. Dort gibt es Gemüsesuppe für die Helfer. Irene Melzer hat gekocht. "Hier war ja früher der Kindergarten drin, da habe ich auch schon gekocht, kenne mich also mit großen Mengen aus", verrät sie. Unterstützung in der kleinen Versorgungsgruppe bekommt sie von Renate Müller, Charlotte Hirth und Brunhilde Schulz. "Und andere pflücken in ihrem Garten Kirschen für das Kompott", erzählt Astrid Seyfarth. "Das macht einem schon Angst, wenn man das Wasser am Deich sieht", sagt Irene Melzer nachdenklich, "aber die Taschen sind gepackt, die Notquartiere gesichert".
Vor dem Kuhlhausener Feuerwehrgerätehaus hat sich eine Gruppe von Feuerwehrleuten und Helfern zusammengefunden, die bis eben Sandsäcke gefüllt haben. "Hier ist alles gut gelaufen", sagt Ortsbürgermeister Torsten Winkelmann. Zwar ohne Hilfe von außen, "aber die brauchen wir nicht."
"Wir prügeln das Wasser in die Elbe zurück"
Geärgert hat er sich dennoch. Sein acht Monate altes Kind hatte Fieber, die Praxis der Kinderärztin war geschlossen, im Havelberger Krankenhaus habe niemand helfen können. "In einem Ausnahmezustand muss man auf alles vorbereitet sein", findet er. Schließlich half eine Bereitschaftsärztin aus dem Bereich Glöwen/Bad Wilsnack. "Wir prügeln das Wasser in die Elbe zurück", gibt Burkhard Pommerening die Stimmung wieder. Nachdenklich steht Sabine Husung an der umhausten Trafostation in Warnau. "Ich weiß nicht, was ich machen soll", sagt sie nachdenklich. Sie hatte sich bei einer Bekannten in Havelberg einquartiert, jetzt gebe es Gerüchte, dass die Situation doch nicht so schlimm werde. Darauf setzt auch Susan Genz, die mitgeholfen hat, am Acker einen Deich aufzuschütten, der das Wasser vom Ort weghalten soll. Im Moment sei bei ihr die Anspannung heruntergegangen. "Natürlich gab es Anspannung und ich hätte heulen können, und ich habe auch vielleicht geheult", sagt sie. Und atmet tief durch. "Jetzt bleibt nur noch das blöde Abwarten."