30 Jahre Mauerfall Die Wende war mehr als Montagsdemos
Die Wende ist noch nicht auserzählt. Eine Veranstaltungsreihe in Stendal spürt dem Herbst 1989 nach und lädt zum Mitmachen ein.
Stendal l Das Demonstrieren gehörte in der DDR zum Alltag wie Kittelschürze und Kohlenschippen. 1. Mai, Republikgeburtstag und was sonst noch so im Kalender staatstragender Rituale stand. Doch das, was im Herbst 1989 in den Montagsdemos passierte, das war anders: Die Bürger gingen freiwillige auf die Straße, um zu zeigen, dass es sie gibt, als eine Größe, eine bewegte Masse, die etwas bewirken, ändern möchte – und dies dank der gewaltigen Kraft der Gemeinschaft auch erreichte.
30 Jahre ist das her – lohnt es sich noch, darüber zu sprechen? Diese Zeit wieder aufscheinen zu lassen? Die Freiwilligen-Agentur Altmark, das Theater der Altmark und die Hochschule Magdeburg-Stendal finden: Ja! Und haben darum eine mehrmonatige Veranstaltungsreihe lanciert: „Aufruhr – Aufbruch – Alltag: Stendal 1989 und heute“. Denn zu viele Geschichten wurden eben noch nicht erzählt. Es sind nicht ausschließlich die derer gemeint, die Foren gründeten als Protagonisten auf die Straße gingen – nein, es soll auch um die Erzählungen und Erinnerungen all jener gehen, die diese Zeit vielleicht nur passiv miterlebt haben; die von den Ereignissen überrannt, geschubst, geformt, überwältigt wurden. „Jeder ist eingeladen, denn jeder hat Erfahrungen gemacht in dieser Zeit“, sagt Koordinatorin Edda Gehrmann. „Es geht ums Gehörtwerden, nicht ums Bewerten.“
Gerade auch durch Rückkehrer, die die Altmark gen Westen verlassen haben, sei man in letzter Zeit viel darüber ins Gespräch gekommen, berichtet Marion Zosel-Mohr von der Freiwilligen-Agentur. „Sie können aus zweierlei Perspektive berichten.“
Für Theater-Intendant Wolf E. Rahlfs ist das Thema Wende und alles, was damit in Zusammenhang steht, nicht erst aus Jubiläumsanlass aktuell. „Das TdA versteht sich seit jeher auch als Ort bürgerschaftlichen Dialogs und befasst sich auch künstlerisch mit dem Thema DDR und Wende. Und das geht nur mit den Menschen und indem wir ihre Geschichten auf die Bühne bringen. Heute stehen wir dabei vor allem vor der Frage: Wie gehen wir mit den Konsequenzen des politischen Wandels um?“
Zentraler Bestandteil der Veranstaltungsreihe sind die „Geschichte(n)cafés“. „Wir haben dafür geschaut, welche Themen zur Wendezeit hier in Stendal besonders relevant waren“, so Gehrmann. Es sollen keine ausufernden nostalgischen Gesprächsrunden werden, sondern „ ein lockeres Zusammenkommen einerseits, aber auch ein Reflektieren: Was war wie warum und wie kann es weitergehen?“
Wer persönliche Dokumentationen (Fotos, Filme etc.) beisteuern möchte, kontaktiere die Freiwilligen-Agentur: Tel. 03931/56 56 320, Mail: fa-altmark@web.de oder mittwochsvormittags in der Kleinen Markthalle in Stendal.