Landwirtschaft Warnke Agrar GmbH aus Cobbel erhält den Insektenschutzpreis des Bundeslandwirtschaftsministeriums
Die Warnke-Agrar GmbH aus Cobbel wurde mit dem Insektenschutzpreis des Bundeslandwirtschaftsministeriums ausgezeichnet. Das ökologisch wirtschaftende Unternehmen hat allerdings nicht nur die Kleinlebewelt im Auge, sondern alle Elemente, die eine gesunde Kulturlandschaft auszeichnen.
Cobbel - „Das macht uns sehr stolz. Wir betrachten das als Anerkennung unserer Arbeit“, sagt Christian Warnke, Geschäftsführer der gleichnamigen GmbH mit Sitz in Cobbel, und freut sich über den vom Bundeslandwirtschaftsministerium verliehenen Insektenschutzpreis. Immerhin habe es mehr als 150 Bewerber gegeben. Die Warnke-Agrar GmbH gehört zu den drei Gewinnern in der Kategorie Einzelbetrieb. Sie konnte mit ihrem Thema „heute das Land für morgen gestalten“ die Jury überzeugen. Die 5000 Euro Preisgeld „fließen wieder in die Landschaftsgestaltung“, so der Biobauer.
Er zeichnet, in Kooperation mit zwei Partnerbetrieben, verantwortlich für die ökologische Bewirtschaftung eines rund 2000 Hektar großen Komplexes in sieben Gemarkungen. Es dürfte der größte Bio-Betrieb in Sachen-Anhalt sein, gearbeitet wird auf 1300 Hektar Acker, 600 Hektar Grünland und in 100 Hektar Wald.
Dass hier der Schutz der Kleinlebewelt groß geschrieben wird, beweist die Auszeichnung. Gleichzeitig lehnt es Warnke aber ab, in engen Kategorien zu denken. Dogmatischer Schutz einer oder weniger Tierarten, wie Wolf, Feldlerche oder eben Insekten bringe nichts. „Wir müssen das Ökosystem als Gesamtheit betrachten“, ist er überzeugt. Umweltschutz und Landwirtschaft dürften nicht konkurrieren. Wald, Acker, Wiese und Viehhaltung seien eine Einheit. Statt Reservate anzulegen, sollten Menschen ihre Umwelt so gestalten, dass sich Naturschutz und Nahrungsmittelproduktion nicht ausschließen, sondern voneinander profitieren.
Christian Warnke, der neben seinem landwirtschaftlichen Diplom auch das eines Historikers in der Tasche hat, ist überzeugt, dass man von den Altvorderen lernen kann und muss. Gemeinsam mit der promovierten Agrarwissenschaftlerin Uta Mitsch entwickelt er deshalb Projekte, die vielfach an „Großvaters Zeiten“ erinnern, ohne aber das Klischee der handmelkenden Sennerin auf der Alm zu bedienen. Ökologisches Wirtschaften und Effizienz würden sich dank moderner Technik lange nicht mehr ausschließen.
Wo vielleicht vor 100 Jahren noch 50 Bauern für Vielfalt in den Gemarkungen sorgten, könne dies nun ein Betrieb tun, ist Warnke überzeugt. „Die Unternehmensgröße lässt keine Schlüsse darauf zu, ob der Bauer ein guter oder schlechter Naturschützer ist“, macht er klar. Entscheidend sei die Größe der Schläge. Er strebt an, auf nicht mehr als 8,5 zusammenhängenden Hektar eine Frucht anzubauen. Wird geerntet, können Wildtiere oder eben Insekten immer noch auf angrenzenden Flächen Sicherheit und Nahrung finden. Grünfutter wird zeitversetzt geerntet, was diesen Effekt noch unterstreicht.
Dieses kleinteiligere Mosaik von verschiedenen Früchten erlaubt es wiederum, Wege mit breiten Feldrändern zu öffnen. Alte Flurkarten dienen als Grundlage. So rekonstruieren die Cobbeler eine Landschaft, wie sie bereits vor 80 Jahren bestand. Wenn er also gemeinsam mit Uta Mitsch getreu dem Slogan „heute das Land für morgen gestaltet“, möchte er für nachfolgende Generationen hinterlassen, was bereits von vorhergegangenen geschaffen, zwischenzeitlich aber zerstört wurde.
Eher außergewöhnlich für die hiesige Landwirtschaft ist auch die lange Fruchtfolge der Warnke-Agrar GmbH von zehn bis elf Jahren. Nach fünfjährigem Grünfutteranbau folgen Wintergetreide, anschließend die Sommerung und Zwischenfruchtanbau. Lupinen oder Serradella stehen im Jahr acht auf dem Feld, dann wieder Wintergetreide und schließlich Phacelia, Buchweizen oder Hafer. Letzten Endes hat Warnke in der Regel nicht weniger als 15 Früchte auf den Feldern zu stehen, ist also weit von insektenfeindlichen Monokulturen entfernt.
Als „Begleitflora“ bekommen auch beispielsweise Mohn oder Kornblume eine Chance. Diese bringen für die Insekten Farbe ins Spiel und durch die Reinigung nach der Ernte trennen sich Spreu und Weizen sowieso.
Als Physiker, hierfür hat er sein drittes Diplom in der Tasche, experimentiert Warnke auch gern, aktuell mit Sudangras. 2018 schlug ein Versuch mit der Durchwachsenen Silphie fehl, der Regen fehlte. „Man lernt nie aus“, kommentiert Warnke diesen Misserfolg, der Saatgutkosten im vierstelligen Bereich zunichte machte.
Lohnend seien auf diesen Standorten eben nur Körnermais, Weizen und Dinkel. Für die Verbesserung des Bodens verzichtet der Betriebsleiter aber gern auf ein wenig mehr zwischen Daumen und Zeigefinger. Deshalb finden sich Wildäsung (fünf Hektar) und Blühflächen (12,5 Hektar) auch dann noch in der Fruchtfolge wieder, wenn die entsprechenden Fördermittel nicht mehr fließen. Auf das Thema Förderprogramme angesprochen, reagiert der Landwirt überhaupt heftig. Er kritisiert nicht nur die Bürokratie sehr scharf, sondern er hinterfragt auch den Sinn vieler Programme, die teilweise an der Realität vorbei aufgelegt wurden.
Potenzial sehen Warnke und Mitsch dagegen in Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die im Zuge größerer Bauprojekte vorgeschrieben sind. Sie suchen den Kontakt zu Firmen und Planungsbüros, die solche Vorhaben umsetzen müssen. „Es ist eine Win-Win-Situation“, beschreibt Mitsch. „Die Einen können mit sinnvollen Maßnahmen dem Gesetz genüge tun und die Anderen bekommen die gewünschte Landschaft.“
Auf diese Art wurden in den Gemarkungen bisher bereits fast fünf Hektar Hecken und Gehölze gepflanzt. Sie geben der Landschaft wieder Struktur, bieten Lebensraum und Nahrung und beugen nicht zuletzt der Winderosion vor. Künftig sei eine weitere Zusammenarbeit in dieser Richtung geplant. Eine Streuobstwiese soll angelegt werden, eine Übergangszone zum Wald, kleinflächige Aufforstungen und natürlich weitere Hecken.
Logisch, dass mittlerweile auch viele Imker die Gemarkungen von Cobbel und den umliegenden Dörfern für sich entdeckt haben. Aber gibt es außer einem Mehr an Bienen auch ein Mehr an übrigen Insekten? „Zwar gibt es keine Studien die das belegen, aber die kommen automatisch“, ist Warnke überzeugt. Mehr Feldhasen und Fasane würden schon gezählt werden und auch die vielen von ihm aufgehängten Vogelnistkästen füllen sich. „Das ist eindeutig ein Zeichen dafür, dass auch die Insekten da sein müssen.“