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Neue Hochspannungsleitung Autobahn für viel Strom: Altmark-Trasse für die Energiewende gesucht

Die Energiewende macht den Transport großer Strommengen quer durch Deutschlands nötig. Eine Informationsveranstaltung des Vorhabenträgers „50Hertz“ in Tangerhütte für eine geplante 525-kV-Leitung von Nord nach Süd stieß auf viel Interesse – aber auch auf Gegenwind.

Von Birgit Schulze 30.08.2023, 07:35
Interessierte Einwohner wie diese aus Cröchern und Burgstall ließen sich die möglichen Trassenverläufe erklären. Christoph Kroll (links) machte deutlich, dass man sich vehement gegen eine weitere Stromtrasse wehren wolle. Die dicken blauen Linien zeigen die möglichen Trassenführungen.
Interessierte Einwohner wie diese aus Cröchern und Burgstall ließen sich die möglichen Trassenverläufe erklären. Christoph Kroll (links) machte deutlich, dass man sich vehement gegen eine weitere Stromtrasse wehren wolle. Die dicken blauen Linien zeigen die möglichen Trassenführungen. Foto: Birgit Schulze

Tangerhütte - Die neue Gleichstromverbindung „SuedOstLink+“, für die aktuell nach möglichen Korridoren gesucht wird, soll Energie aus dem wind- und windradreichen Norden in den industriereichen Süden transportieren. Verlegt werden sollen Erdkabel von 65 Millimetern Durchmesser plus Isolierung, Ummantelung und Abschirmung.

Die 525-Kilovolt-Hochspannungsleitungen, die jeweils 2000 Megawatt Strom transportieren können, sollen unter der Erde verlaufen – in zwei Strängen. Diese massive Leitung macht den Transport großer Strommengen über große Strecken möglich. Aber sie hat auch Nebenwirkungen: Bei so viel Strom entstünden Wärme, ein elektrisches Feld und auch ein magnetisches Gleichfeld, erläuterte Projektsprecher Christoph Arnold vor Ort.

Das Kabel, das in etwa 1,30 Metern Tiefe verlegt werden soll, entwickele in seinem Inneren eine Wärme von etwa 70 Grad Celsius, außen am Kabel seien es noch 60 Grad und am Schutzrohr der Leitung in der Erde würden immer noch 50 Grad an Wärme an den Boden abgegeben. Einige Zuhörer seiner Ausführungen fanden, dass diese Wärmeenergie für andere Dinge nutzbar gemacht werden sollte – zum Heizen oder um die neue Autobahn eisfrei zu halten. Doch das alles sei technisch gar nicht so einfach lösbar, erklärten die Fachleute.

Aktuell geht es auch noch um das Ausloten der verschiedenen Trassenverläufe. Im vergangenen Jahr hatte „50Hertz“ den Antrag auf den Bau der Trasse bei der Bundesnetzagentur gestellt und muss nun die Planungen präzisieren. Wenn der Korridorverlauf festgestellt ist, werden alle Beteiligten und die Öffentlichkeit erneut informiert und haben Gelegenheit, Einsprüche einzulegen.

Nach derzeitigem Stand rechnet man mit einem Baubeginn ab 2028 und der Fertigstellung der Trasse 2030. Es geht beim „SuedOstLink+“ um den Teil einer großen Gleichstromverbindung, der von Klein Rogahn westlich von Schwerin bis in den Landkreis Börde westlich von Magdeburg führen soll.

Oberirdische Leitungen bleiben trotz neuer Trasse

Manfred Pecker, Landwirt und langjähriger Ortschaftsrat in Lüderitz, fragte nach, ob die in den vergangenen Jahren ausgebauten Hochspannungs-Oberleitungen bei Lüderitz bleiben oder in dem Rahmen zurückgebaut werden. Doch das eine habe mit anderen nichts zu tun, machte Arnold klar. „50Hertz“ verantworte als Übertragungsnetzbetreiber auch die Oberleitungen, die werden aber weiter gebraucht.

Eine aus den 80er Jahren stammende und die zweite, erst vor wenigen Jahren hinzugekommene neue Oberleitungstrasse seien für den Abtransport des lokalen Windstroms nötig, während das große Erdkabel, das jetzt geplant wird, für den deutschlandweiten Austausch der Strommengen nötig sei.

Dass die große Stromtrasse quer durch Deutschland dringend benötigt werde, um Versorgungssicherheit und ökonomische Rahmenbedingungen abzusichern, machten die Beteiligten in Tangerhütte deutlich. „Wir hinken mit dem Netzausbau hinterher“, sagte Arnold.

Christoph Arnold, Prokjektsprecher von „50Hertz“, zeigte unter anderem, wie dick die Erdkabel für die große Gleichstromtrasse sein werden.
Christoph Arnold, Prokjektsprecher von „50Hertz“, zeigte unter anderem, wie dick die Erdkabel für die große Gleichstromtrasse sein werden.
Foto: Birgit Schulze

Immerhin sei man mit der Energiewende von einem Modell einzelner Kraftwerke, die in nahe gelegene Umspannwerke eingespeist wurden, auf ein gewaltiges Netz an Kraftwerken (Windrädern) umgestiegen, von denen die Stromlast erst einmal wegtransportiert werden muss.

Heute werden noch immer Windkraftanlagen abgeschaltet, weil der Abtransport der Energie nicht sichergestellt werden kann.

Von der neuen Leitung werde optisch nichts zu sehen sein, hieß es vor Ort, auch Auswirkungen durch elektrische und magnetische Felder sollen weitestgehend ausgeschlossen sein. Die beiden Kabel werden in einem Schutzstreifen von acht bis 12 Metern Breite und in etwa 1,30 Metern Tiefe verlegt sein, von Wohnbebauungen wird Abstand gehalten.

Der Abstand der Kabelstränge untereinander soll etwa zwei Meter betragen. Doch die acht bis zwölf Meter könnten im Fall der über Burgstall ausgewiesenen möglichen Trasse erneut große Einschnitte in die Waldflächen von Burgstall und Cröchern bedeuten. Das machte der stellvertretende Ortsbürgermeister der Gemeinde Burgstall, Christian Kroll, deutlich.

Cröchern und Burgstall gegen neue Trasse

Er selbst wohnt in Cröchern und dort sei in den vergangenen Jahren infolge des Autobahnbaus und der Schaffung neuer Hochspannungs-Oberleitungen so viel Wald verloren gegangen, dass man sich in Cröchern schwer benachteiligt gegenüber anderen Regionen sieht. „Die Lasten müssen auch mal gleich verteilt werden“, sagte Kroll in Tangerhütte und erklärte: „Wir lehnen das ab!“ Man sei in Cröchern mehrfach „über den Tisch gezogen“ worden, sagte er. Waldbesitzer seien enteignet worden, müssten aber weiter für die Waldflächen zahlen, die sie nicht mehr nutzen können.

Nach derzeitigem Stand gebe es mehrere Trassen-Optionen sowohl westlich als auch östlich der Colbitz-Letzlinger Heide, sagte Christoph Arnold. Welche es am Ende werden wird, das soll noch einmal öffentlich vorgestellt werden, bevor der Antrag auf Planfeststellung für das Projekt erfolgt – voraussichtlich ab 2027.

Weitere Informationen gibt es in Internet unter: www.50hertz.com/SuedOstLinkplus.