Auf seiner Abschiedstournee gastiert der Franke auch drei Tage in Oschersleben Der letzte mobile Puppendoktor: Günter Geier behandelt bis heute in Oschersleben
Oschersleben l Den Patienten, die zu ihm gebracht werden, fehlt meistens ein Bein, ein Arm, ein Auge, manchmal ist ihnen sogar der ganze Kopf abhanden gekommen. Doch Günter Geier hat in seinen 52 Berufsjahren noch keinen Patienten getroffen, dem er nicht irgendwie helfen konnte. Ohne Betäubung näht er ihre Wunden, amputiert kaputte Körperteile, schraubt neue an. Was ein echter Puppen- und Teddy-Notarzt eben so macht.
Seit Donnerstag gastiert der Puppendoktor auf seiner Abschiedstour durch Deutschland und Österreich auch in Oschersleben. "Ich bin zum dritten Mal hier", erzählt Günter Geier. Mit im Gepäck hat der 72-jährige Franke etwa 15000 Ersatzteile, Perücken, Augen und Kleidung.
"Das macht nicht nur Spaß, es ist eine Leidenschaft."
Aufgewachsen mit fünf Schwestern kam Günter Geier schon als kleiner Junge in Kontakt mit dem vermeintlichen Mädchenspielzeug. "Meine Schwestern haben lieber mit der elektrischen Eisenbahn gespielt und ich dafür mit ihren Puppen", erinnert er sich.
Nach einer Lehre als Schneider absolvierte Günter Geier ein Praktikum bei einem Puppendoktor. Das gefiel ihm so gut, dass er sich entschloss, selbst einer zu werden. "Seitdem bin ich selbstständig. Der Beruf macht mir nicht nur Spaß, es ist eine Leidenschaft", schwärmt er. "Die Puppe ist die Königin der Spielzeuge."
Zuhause in Altendorf in der Nähe von Bamberg betreibt Günter Geier seine eigene Puppenklinik. Dort behandelt er Puppen nicht nur, er kauft und verkauft auch alte Exemplare. "Die älteste ist 120 Jahre alt. Die habe ich wieder hergerichtet", erzählt er. In liebevoller Arbeit bekam die Porzellan-Schönheit neue Haare, Augen und Kleidung. Die Anziehsachen für die Puppen entwirft und schneidert Günter Geier alle selbst. Seine Frau Ute häkelt zudem Kleider für kleinere Püppchen.
Günter Geier ist der letzte mobile Puppendoktor, sagt er - "das ist ein aussterbender Beruf". Bis auf fünf Wochen Urlaub reist der Puppen-Notarzt das ganze Jahr über von Donnerstag bis Sonnabend durch Deutschland und Österreich. "Wo ich hinkomme, ist es immer wieder voll." Doch nach 52 Jahren soll nach diesem Jahr Schluss sein, dann möchte Geier, der sich in seinem Leben auch als ehrenamtlicher Helfer für humanitäre Kinderhilfe verdient gemacht hat, in Rente gehen.
Bis heute Abend können Leute ihre kaputten Teddybären und Puppen - ob aus Porzellan, Celluloid oder Pappmaché - zu ihm in die "Sprechstunde" zwischen 9 und 18 Uhr bringen. Seine mobile Praxis hat der 72-Jährige im Lebensmittelladen Marktkauf (Anderslebener Straße) in Oschersleben eingerichtet.
Puppen-Notruftelefon von Günter Geier: (0160)40802898.