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Heimatgeschichte Eilsleber Sammler hortet Milliarden

Inflationsgeld war schon zu Zeiten, als es notgedrungen die Märkte überschwemmte, kaum das Papier wert, auf dem es gedruckt war. Warum der Eilsleber Heimatforscher Günter Wagener sie sammelt.

Von Ronny Schoof 06.10.2023, 06:12
"Multimillionär" Günter Wagener mit seinen Sammelalben und dem Zeitungsartikel vom November 1993.
"Multimillionär" Günter Wagener mit seinen Sammelalben und dem Zeitungsartikel vom November 1993. Foto: Ronny Schoof

Eilsleben - Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Preissteigerungen allenthalben hat sich der 84-Jährige seiner Milliarden und Abermilliarden Mark besonnen, die wohlgeordnet in diversen Sammelalben verwahrt sind.

Und eine fast lückenlose Entwicklung auf dem Bördelande dokumentieren: die Hochinflation in den 1920ern mit ihren wahnwitzigen Auswüchsen das liebe Papiergeld betreffend. Auch erinnerte sich Günter Wagener an einen Zeitungsartikel, den er zu diesem Thema vor dreißig Jahren in der Volksstimme veröffentlichte – am 3. November unter der Rubrik „Bördebote Heimatgeschichte“.

Die Zeitungsseite hat der leidenschaftliche Sammler freilich aufgehoben und sein Inflationsgeldarchiv seither noch weiter angereichert. Das besteht unter anderem aus einem kompletten Bestand an Notgeld der Gemeinde Eilsleben, das anfänglich noch in „Kleinbeträgen“ in „nur“ fünfstelliger Höhe herausgegeben wurde und bald rasant die Millionenmarken überstieg. „Wenn man so will, bin ich also mehrfacher Millionär“, scherzt Wagener. Auch Milliardennoten – überstempelte Gutscheine, ausgegeben vom Kreis Wanzleben – sind in den Wagnerschen Alben hinterlegt.

Dazu erklärt er: „Durch den Wertverfall und die daraus resultierende Geldknappheit sahen sich auch Städte, Gemeinde und sogar einzelne Firmen gezwungen, eigenes Geld herauszugeben. Letztlich waren das Pfandbriefe, die aber fast ebenso schnell Wert und Gültigkeit verloren.“

Viel tatsächlichen Wert hat all das bedruckte Papier nach wie vor nicht. „Für mich ist es ein Stück Bewahrung lokaler Geschichte“, sagt Günter Wagener. Für einige wenige Notgeldscheine könne man heute unter Sammlern noch gute Preise im dreistelligen Bereich erzielen. „Aber generell wurde man damals ja mit diesem Geld überschwemmt, weshalb es sich nicht unbedingt um Raritäten handelt.“ Das lokale Notgeld allerdings sei eine durchaus interessante Sache, so Wagener weiter: „Ich habe mittlerweile anhand der Scheinnummern herausbekommen, dass von dem Notgeld der Gemeinde Eilsleben 1400 Scheine gedruckt wurden.“

Ein Notgeldschein des Kreisausschusses Wanzleben, ursprünglich auf 50000 Mark dotiert, dann per Stempel auf 20 Milliarden Mark „aufgewertet“.
Ein Notgeldschein des Kreisausschusses Wanzleben, ursprünglich auf 50000 Mark dotiert, dann per Stempel auf 20 Milliarden Mark „aufgewertet“.
Foto: Ronny Schoof

So viel Spaß das Sammeln und Forschen dazu auch macht: „Das war eine ganz furchtbare Zeit“, betont Wagener. „Ich hoffe nicht, dass wir da noch mal hinkommen.“ Sein Vater habe das am eigenen Leib erfahren: „Er hatte hier eine Sattlerei und Polsterei und ist mit einem Koffer voller Scheine zum Großhändler nach Magdeburg gefahren. Die Geldentwertung schritt so rasch voran, dass die Scheine schon nichts mehr wert waren, als er dort ankam.“

Wagners Sammlung umfasst auch lokales Geld aus Oschersleben, Beendorf, Badersleben und Dresden, ebenso die später folgenden Währungen und Zahlungsmittel wie Rentenmark, Besatzungsgeld und Forumschecks. „Es gibt bei mir quasi nichts, was nicht gesammelt wird“, so Wagener. „Mein Hauptgebiet ist dabei die Numismatik, also Münzen – aber das ist noch mal eine ganz eigene Geschichte.“