1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wanzleben
  6. >
  7. Langfristig und tiefgreifend: Schule geht neue Wege

Klassenprojekt einer besonderen Art weckt in Eilsleben ungeahnte Begeisterung - bei Lehrern und Schülern Langfristig und tiefgreifend: Schule geht neue Wege

Von Ronny Schoof 26.01.2012, 05:20

Mit der Aussage "Ich will Frieden" ist das ambitionierte Schülerprojekt betitelt, dem sich die zwei neunten Klassen der Sekundarschule Eilsleben über ein Jahr hinweg widmen. Die Schule schlägt dabei neue pädagogische Wege ein. Selbst die Lehrer lernen dazu.

Eilsleben l Die Halbzeit im laufenden Schuljahr ist fast erreicht - und damit auch ein für das Projekt wichtiges Etappenziel: die Erstellung von Arbeitsmappen, die sowohl Ergebnis sind einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Kriegsschicksale als auch Grundlage für die weiterführende Projektarbeit. Höhepunkt dieser wird im April ein einwöchiger Aufenthalt in der Jugendbegegnungsstätte Lommel (Belgien), gelegen am größten deutschen Soldatenfriedhof des Zweiten Weltkriegs, sein.

Was die 39 Schüler an Material zusammengetragen haben, wie sich viele von ihnen in die anfangs noch wenig erbaulich anmutende Aufgabe (siehe Infokasten) hineingekniet haben und diese letztlich größtenteils mit Bravour gemeistert haben, forderte den beiden verantwortlichen Klassenlehrerinnen, Ruth Surm (9a) und Carmen Piotraschke (9b), bei der Zwischenbilanz kurz vor den Winterferien gleichermaßen Respekt, Lob und Erstaunen ab: "Vor den Schülern muss man den Hut ziehen. Wir hätten nicht gedacht, dass da doch so viel Fülle, Enthusiasmus und Begeisterung drinsteckt", sagt Ruth Surm. "Es brauchte den kleinen Anstoß - und jetzt ist es ein Selbstläufer geworden."

Aus persönlichem Interesse wurde ein pädagogisches

Seinen Anfang nahm das Mammutprojekt "Ich will Frieden" mit einer Fortbildung im Sommer vorigen Jahres, an der die beiden Lehrerinnen teilnahmen. "Ein Angebot vom Kriegsgräberbund Magdeburg, das uns zu Schauplätzen aus den Weltkriegen in Frankreich, Holland und Belgien führte sowie auch zu den dort angesiedelten Jugendbildungsstätten", erklärt Carmen Piotraschke, deren Metier eigentlich im Bereich Mathe und Chemie liegt. Mit der Fortbildung habe sich dann zunächst ein persönliches und daraus resultierend auch pädagogisches Interesse an der Geschichtsforschung entwickelt. Ruth Surm hat es ähnlich empfunden: "Die Sache ist eigentlich aus dem eigenen Interesse heraus geboren worden, mehr über Einzelschicksale der Weltkriege zu erfahren. Dass dieser persönliche Funke auf die Schüler übergesprungen ist, ist für uns als Lehrer natürlich umso schöner und sehr befriedigend."

"Das ist die tiefe Befriedigung, die wir im Beruf eigentlich wollen"

Von ungefähr kam der Projekterfolg jedoch nicht. "Wir haben uns als Schule insgesamt gut darauf vorbereitet", betont Schulleiterin Christiane Karl, "denn für uns bedeutet die Form, in der wir dieses Projekt fächerübergreifend gestalten, auch Neuland." Man habe den Versuch gestartet, ein Thema, "welches für uns und unsere Kinder eine große Rolle spielen kann", gleichwohl langfristig wie tiefgreifend anzulegen - auch über den "normalen" Unterricht hinaus, ja sogar davon losgelöst, indem eigene Projektstunden eingerichtet wurden. "Das ist nicht durch bloßes Bücherlesen zu vermitteln und stellte somit ganz neue Herausforderungen ans Kollegium, an die Fächerplanung und natürlich auch an die Schüler. Aber ich denke, wir können schon jetzt sagen, dass sich das Experiment absolut gelohnt hat", so Karl. Es habe bei allen Beteiligten "ein neues Gefühl geweckt - auch in der Mitarbeit untereinander".

Mit Blick auf die vorliegenden Ergebnisse und die Dimension, die das Projekt seit September für die Schule angenommen hat, bringt es die Chefin emotional auf den Punkt: "Wenn so etwas dabei herauskommt, ist es aller Mühen wert, dann ist das die tiefe Befriedigung, wie wir im Beruf eigentlich wollen."

Sponsoren helfen bei Finanzierung

Man habe darüber hinaus zahlreiche Partner gewinnen können, "die dankenswerterweise finanziell und ideell helfen". Denn insbesondere die geplante Klassenfahrt sei natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden. Es sei schon eine große Erleichterung gewesen, als die Elternversammlung ihre finanzielle Bereitschaft dafür erklärte. Durch die Sponsoren kann die Belastung nun reduziert werden.

"Das Wissen um Krieg und seine Schrecken ist ein moralisch anspruchsvolles und hohes Gut, dem man sich aber erst vor Ort richtig bewusst wird", sagt Ruth Surm. "Es ist etwas anderes, von 30000 Opfern zu hören oder 30000 Kreuze zu sehen." Mit der Schülerreise nach Lommel und ebenso mit der Recherche hier in der Heimat bekomme die Thematik Krieg ein Gesicht; es binde die Schüler fester ein, steigere Interesse und Sensibilität "und es deckt unabhängig vom eigentlichen Stoff ", unterstreicht Surm, "so viele Dinge in pädagogischer und sozialer Hinsicht ab, die wir als Lehrer vermitteln wollen."