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Nach dem Krieg beim Schwarzschlachten der Schweine geholfen

25.02.2012, 04:27

Familie Diedrich aus Halstenbek (Kreis Pinneberg) stiftete der Gemeinde Harbke im vergangenen Jahr eine Säuleneiche für den Schlosspark. Im Nachklang schildert Franz Diedrich seine Verwurzelung mit dem Ort:

Ich freue mich sehr, dass meine Baumspende in Harbke so positiv aufgenommen wurde. Gern gebe ich einmal Auskunft über meine Beziehung zu Harbke.

Mit Harbke verbindet mich doch eine ganz wesentliche Zeit meiner Kindheit. Im Juli 1943 wurden wir in Hamburg ausgebombt, ich war damals sechs Jahre alt. Viele junge Familien, Frauen mit meist mehreren Kindern, wurden dann durch Sammeltransporte in Deutschland verteilt. So kamen wir über Haldensleben Ende Juli 1943 nach Harbke.

Das war für uns Kinder eine neue Welt. Einige Großbauern waren damals noch im Dorf, zum Beispiel Bauer André Trog. Trotzdem es war eine sehr schwere Zeit für unsere Mutter, drei Kinder zu versorgen.

Zum ersten Mal einen Farbigen gesehen

1945 konnte ich versteckt die Einnahme Harbkes durch die Amerikaner miterleben. Wir wohnten direkt gegenüber des Gemeindebüros (das Haus steht nicht mehr) neben der großen Kastanie. Ein gewaltiger Kanonendonner ging übers Dorf. Es kam jemand aus dem Gemeindebüro, lief hinüber zum Spritzenturm und hisste oben die weiße Fahne. Kurz darauf standen die Panzer vor der Gemeinde. Der Bürgermeister wurde abgeführt. Zum ersten Mal sah ich dabei einen farbigen Menschen. Nach den Amerikanern kamen die Russen. Einige Hamburger Familien sind noch einen Tag vorher in den Westen abgereist.

Nach einiger Zeit ohne Schule ging es dann weiter. Uns Kinder konnte man dann auch schnell für die neue Zeit begeistern. Ich war sogar kurz junger Pionier, mein erstes weißes Hemd mit blauem Tuch habe ich bekommen.

Um satt zu werden hatten wir Kaninchen. Futter suchen und schlachten - das war meine Aufgabe als Ältester. Auch habe ich dem Schlachter beim Schwarzschlachten der Schweine geholfen.

Meine Eltern wollten zurück nach Hamburg und sind diesen Schritt auch 1951 gegangen. Ich wollte nicht, hatte aber keine Wahl. 1957 war ich dann noch einmal in Harbke: bei der Familie Tell, auch eine Hamburger Familie. Dann war es erst 1989 mit der Maueröffnung möglich, wieder nach Harbke zu reisen.

Nächster Besuch schon fest eingeplant

Es ist schön zu sehen, welcher Fortschritt inzwischen geschehen ist: die Renovierung der Kirche (hier habe ich als Kind den Blasebalg der Orgel in Gang gesetzt und am Seil die Glocken geläutet) und die Orangerie, natürlich auch der schöne Schlosspark. Dafür auch meine Baumspende.

Bei meinem letzten Besuch in Harbke vorigen November begleitete mich mein Sohn Oliver. Auf unseren nächsten Besuch in Harbke, den wir schon geplant haben, freuen wir uns sehr.

Franz Diedrich, Halstenbek (Schleswig-Holstein)