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Fassadenkunst Profikünstler mit Pinsel und Sprühpistole

Die Grundschule in Osterweddingen erhält eine Verschönerung. Der Künstler William Young gestaltet ein mehrere Meter langes Kunstwerk.

Von Dirk Halfas 25.11.2015, 23:01

Osterweddingen l „Das Kunstwerk wird eine Landschaft aus dem Sülzetal zeigen“, sagt William Young. Der Weg dorthin für ihn war weit. Geboren in Tennessee in den Südstaaten der USA, zog seine Familie mit ihm bald darauf noch weiter südlich in den Bundesstaat Georgia. Im Lieferdienst in der Paketkontrolle an der dortigen Universität beschäftigt, lernte er seine Frau kennen, die aus Schönebeck in Deutschland stammte und dort Musik studierte. Sie setzte später ihr Studium in Deutschland fort und Young folgte ihr dorthin, nachdem sie geheiratet hatten.

„Ich hatte kaum Geld in der Tasche und fand mich hier beim Sozialamt wieder. Eigentlich war ich Autoschlosser und Lackierer für Autoteile von Beruf und habe bereits in den USA mein künstlerisches Talent mit meinen Weisheiten vom Spritzen zusammengemischt. Doch mein Zeugnis dafür bedeutete nicht soviel in Deutschland“, erinnert sich Young. „In Amerika wäre ich vielleicht schon Chef einer Firma gewesen, ich habe ein großes Opfer gebracht für meine Frau“, so Young weiter.

Schließlich beschloss er, sich in Schönebeck selbstständig zu machen und zeigte den Mitarbeitern im Jobcenter seine Bilder. Die stimmten zu, aber er bezog trotz seiner Selbstständigkeit noch sechs Jahre Hartz IV, bis die Einnahmen reichten, davon loszukommen.

„Dann haben mich die Leute für Aufträge angerufen oder ich war an der richtigen Stelle und habe mich gezeigt. Ich bekomme mehr Arbeit durch Mundpropaganda als durch Werbung“, sagt der Künstler. So gab ihm das Bauamt im Sülzetal 2006 den Auftrag, mit einem Wandbild den Kindergarten in Stemmern zu verschönern.

Im gleichen Jahr schuf er ein Werk im kompletten Treppenhaus der Grundschule Osterweddingen, das bis heute mit der realen Darstellung einer Landschaft des Sülzetals und dem Regenbogen an der Decke des Treppenhauses beeindruckt. Das jetzige Bild in der Grundschule, für das er einen Auftrag von der Gemeinde Sülzetal erhielt, soll das vorherige Werk noch um einiges übertreffen.

„Inzwischen habe ich eine ausgereiftere Technik und arbeite jetzt mit Brillux-Farbe, die besser ist, weil kräftiger und brillant. Außerdem ist es eine umweltfreundliche Farbe auf Salzwasserbasis“, erklärt William Young. Das Motiv ist ähnlich wie die Landschaft auf einer von ihm verzierten Garage in Groß Germersleben, auf die Verantwortliche des Sülzetals aufmerksam geworden waren.

„Ich betrachte mich übrigens nicht als Sprayer mit einer Sprühdose, sondern arbeite als Profikünstler mit HVLP-Spritzpistolen. Da ist die Farbe mehr an der Wand als in der Luft. Gut, wenn man gerade in einer Schule arbeitet“, meint Young. Für seine Wolken hat er einfach ein Kopfkissen als Schablone benutzt, an die Wand gelegt und darum herum gesprüht. Die Steine erarbeitet er mit Pinsel und Schwamm und schattiert sie hinterher mit einer Spritzpistole, so dass sie wie echt aussehen. Bei allem hilft ihm sein besonderer perspektivischer Blick, den ihm auch Kollegen bescheinigen.

Gern arbeitet der Künstler nachts, weil dann Ruhe herrscht. Young geht dann tiefenentspannt ans Werk, merkt aber zunehmend, dass er nicht mehr so jung ist wie früher. „Oft hänge ich dann am nächsten Tag durch“, gibt der Innengestalter zu. Von seiner Tagarbeit profitieren auch die Schüler in Osterweddingen, denen er zeigt, wie man richtig mit dem Pinsel umgeht. William Young hofft, dass er noch in dieser Woche sein Wandbild vollenden kann.