Gerichtsbericht Wenn der Richter „gewinnt“
Schönebeck
Der wegen Diebstahl angeklagte Schönebecker Guido P. (Name geändert) ist für Strafrichter Eike Bruns kein Unbekannter. Das Vorstrafenregister des 57-jährigen Hartz-IV-Empfängers umfasst über 20 Einträge. „Vor 16 Jahren habe ich Sie das erste Mal verurteilt“, erinnert sich Richter Bruns.
Die Staatsanwaltschaft wirft Guido P. vor, dass er am 11. September 2020 ein Handy und ein Portemonnaie auf dem Parkplatz eines Supermarktes gestohlen haben soll. „Machen wir es kurz: Haben Sie die Sachen eingesteckt oder nicht?“, kommt Bruns direkt auf den Punkt.
Kriminelle Superhirne
P. gibt an, dass er die Sachen genommen habe, aber nicht um sie zu behalten, sondern um sie zurückzugeben. Das Handy hat er sogar dem Besitzer - einem seiner Trinkkumpanen - zurückgegeben. Die Geldbörse allerdings nicht. Die habe er „vergessen“, rechtfertigt sich der Angeklagte. „Wenn ich hätte stehlen wollen, hätte ich das Handy doch auch behalten. Ich bin doch nicht blöd“, sagt Guido P. „Na ja, zu dem Thema: Hier im Schönebecker Amtsgericht haben wir in der Regel nicht die kriminellen Superhirne zu sitzen“, entgegnet ihm der Richter.
Aber Guido P. bleibt bei seiner Aussage. „Nun, dann müssen wir einen neuen Termin mit Zeugen festlegen“, sagt Bruns. Am 29. März solle die Verhandlung fortgesetzt werden. „Wenn Sie heute doch noch umdenken, und vielleicht eingestehen, dass Sie die Geldbörse gestohlen haben, dann rufen Sie an und wir blasen das ab“, sagt Bruns noch zu dem gerichtserfahrenen Schönebecker. Und dieser gibt sich plötzlich geschlagen. „Ja, ist ja gut. Hast gewonnen. Ich habs mitgenommen“, gesteht Guido P.
Freiheitsstrafe auf Bewährung
Bruns verurteilt ihn zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, allerdings zur Bewährung. Zudem muss Guido P. in monatlichen Zehn-Euro-Raten eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 360 Euro an das Kinderhospiz in Magdeburg zahlen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von zwei Monaten - ohne Bewährung - gefordert.