90Mediziner betreuen außerhalb der Sprechstunden knapp 75000Menschen in der Region Ab heute neues Regime der Arztbereitschaft
Ab heute ist der Bereitschaftsdienst der Hausärzte im Bereich Wernigerode/Ilsenburg/Blankenburg neu geregelt. Sie bieten im Harz-Klinikum eine Bereitschaftssprechstunde an und haben den Hausbesuchsdienst umorganisiert.
Wernigerode l Von heute an ändert sich für knapp 75000Menschen der Bereitschaftsdienst der Hausärzte. Betroffen davon sind jene Patienten, die in den bisherigen Bereitschaftsdienstbereichen Blankenburg, Derenburg, Ilsenburg und Wernigerode wohnen sowie die Bewohner von Altenbrak und Treseburg. Sie alle werden ab sofort gemeinsam betreut.
Im Volksstimme-Gespräch erläutert Henrik Straub als Sprecher der sogenannten Kreisstelle innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigung, dass die unter seinen Ärztekollegen nicht unumstrittenen Veränderungen sowohl Vorteile als auch Nachteile böten, für die Patienten und die Hausärzte.
Wer außerhalb der Sprechstundenzeit seines Hausarztes eine medizinische Hilfe benötigt, der ruft die Rufnummer der Rettungsleitstelle in der Halberstädter Kreisverwaltung an (siehe Info-Kasten). In dem Telefongespräch werde der Patient entweder gebeten, selbst die neu eingerichtete Bereitschaftspraxis in Wernigerode aufzusuchen oder aber ihm wird gesagt, dass der diensthabende Arzt ihn zu Hause untersuchen werde. Die Patienten werden gebeten, unbedingt ihre Telefonnummer in der Rettungsleitstelle zu hinterlassen, damit der Arzt bei Bedarf und auf der Fahrt zum Patienten etwaige Nachfragen stellen kann.
Wie Straub betonte, bleiben von diesen Änderungen schwere Verletzungen oder drohende Lebensgefahr ausgenommen. In diesen Fällen ist nach wie vor der Notruf112 zu wählen, werde bei Bedarf von der Leitstelle sofort der Rettungsdienst alarmiert.
Henrik Straub räumt unumwunden ein, dass vor allem interne Gründe die Ursache für die neue Organisation der Bereitschaftsdienste sind. Die Mediziner sollen auf diese Weise von einer Vielzahl solcher Dienste entlastet werden. Für die Betreuung der knapp 8300Patienten in und um Derenburg waren bislang drei Ärzte verantwortlich. Das bedeutet - ohne Krankheit und Urlaub der Kollegen - war ein jeder der drei Mediziner an 122Tagen im Jahr zum Bereitschaftsdienst verpflichtet.
Diese Situation beobachtet auch die Kassenärztliche Vereinigung in Magdeburg mit Sorge: "Bei einer nur geringen Zahl von am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Ärzten droht eine Gefährdung dieses Systems", so Geschäftsführer Martin Wenger. Die Folgen wären nämlich eine womögliche Überlastung der Mediziner und damit auch eine Gefährdung in der Versorgung der Patienten. Zumal rund ein Drittel der Harzer Mediziner bereits über 60Jahre alt ist.
Von heute an wird der Bereitschaftsdienst in weiten Teilen des früheren Kreises Wernigerode von 90Ärzten abgesichert. Ein Kollege arbeitet in der Bereitschaftspraxis, ein anderer fährt Hausbesuche. Die Kassenärztliche Vereinigung erhofft sich von dieser Neuorganisation zwei Vorteile: Die Diensthäufigkeit vor allem auf dem Lande werde deutlich sinken, dadurch werden altersbedingt frei werdende Hausarztpraxen für den Mediziner-Nachwuchs attraktiver.
Dass allerdings beispielsweise ein Arzt aus Derenburg künftig zum Hausbesuch bis Treseburg fahren muss, dieser Aufwand soll durch eine weitere Änderung minimiert werden. Die Ärzte müssen nämlich nicht mehr selbst ihr Fahrzeug steuern. Nach einer Ausschreibung hat die Kassenärztliche Vereinigung dafür ein Autohaus aus Nordhausen beauftragt, das solche Dienste bereits in Thüringen anbietet. Binnen zehn Minuten soll ein Fahrer vor der Tür des Hausarztes stehen und diesen zum Hausbesuch fahren.
Wie Sprecher Henrik Straub ankündigt, solle das neue, das sogenannte zentrale Bereitschaftsdienstsystem im Jahresverlauf auch im Oberharz sowie in den Regionen in und um Halberstadt und Quedlinburg eingeführt werden.