Debatte um Zukunft der Luppbodegemeinde erfasst "schweigende Mehrheit" Allrodes Oberharz-Freunde zeigen Flagge
Etwa 50 Bürgerinnen und Bürger von Allrode stärkten Dienstagabend im Haus des Gastes dem Bürgermeister in Sachen Gebietsreform den Rücken: Sie bekräftigten das Votum vom Februar 2009 für einen Verbleib im Oberharz und forderten teils drastisch seine Anerkennung ein.
Allrode. "Ich bin also doch nicht allein, wie manche das darzustellen versuchen", sagte Allrodes Bürgermeister Joa-chim Heydecke am Dienstag-abend im Haus des Gastes. Und er hatte Grund dazu.
Denn einer Einladung der von ihm geführten Gruppierung "Pro Allrode" zu einer Verständigung in Sachen Gebietsreform waren an die 50 Befürworter des Anschlusses der Gemeinde an die Stadt Oberharz ins Haus des Gastes gefolgt. Ebenso weitere etwa zehn Allröder mit anderer, nach Thale tendierender Meinung. Sie blieben an diesem Abend eine Randerscheinung.
"Die Demokratie ist durch das Herumdeuteln am Bürgerentscheid und das Gezerre nach Thale mit Füßen getreten worden", machte sich Frank Voigt mit seiner Meinung Luft. Er blieb nicht allein.
"Bei der ersten Bürgerbefragung 2009, da waren die Bürger noch unbeeinflusst, sie gibt die Meinung noch am wahrsten wieder und sollte gewertet werden", forderte Mandy Kanera: "Alles, was danach kam, spiegelt nur die Beeinflussung in die eine oder andere Richtung wider." Gemeint war die Bürgeranhörung vom 1. Februar 2009. Damals hatten sich 220 Allröder für den Oberharz ausgesprochen, 159 für Thale – bei einer Befragungsbeteiligung von 67 Prozent.
Nach jenem Votum, so wurde am Dienstagabend vielfach betont, sei ein Herummäkeln und Tricksen losgegangen, um das Ergebnis in Frage zu stellen. "Dabei war vorher von allen im Rat gesagt worden, es wird so gehandelt, wie die Bürger entscheiden", erinnerte Kerstin Gaßmann. Gehalten hätten sich die Thale-Befürworter aber nicht daran.
Wenn jetzt sogar schon eine Klage vorbereitet werde, um gegen die vermutete Zuordnung Allrodes durch den Landtag zum Oberharz vorzugehen, ergänzte Gabriele Kanera, sei das "eine Entmündigung der Mehrheit" der Bürger.
"Wenn das Votum nicht akzeptiert wird, gehe ich nie wieder zur Wahl"
Das Votum vom Februar 2009 müsse gelten, meinten auch Rolf Gaßmann, Martin Voigt und Steffi Voigt. Man habe viel zu lange geschwiegen. "Weil wir keinen Streit im Ort wollten", hieß es mehrfach. Dabei seien etwa 70 Prozent der Bürger im Ort nach wie vor für die Stadt Oberharz, schätzte Gabriele Kanera ein.
Warum dann im Gemeinderat eine Mehrheit für den Anschluss an Thale ist, konnte keiner recht sagen oder verstehen. Von "Theater" oder gar "Marionettentheater" sei bisweilen zu hören gewesen, berichtete Kerstin Gaßmann.
Auch die Landesregierung trage mit ihren weichen Leitlinien zur Gebietsreform eine Schuld an dem Dilemma, wurde festgestellt. "Das muss man ruhig mal sagen", so Manfred Pilemeier: "Wenn unser eindeutiges Votum vom Februar 2009 nicht akzeptiert wird, dann gehe ich nie wieder zu irgendeiner Wahl!"
Vorab und zwischendurch hatten Bürgermeister Heydecke und Oberharz-Bürgermeister Andreas Flügel die Sachlage erklärt, wonach jetzt abzuwarten sei, was Landesregierung oder Gerichte entscheiden. Um die zehn Gerichtsverfahren seien durch den Streit im Ort anhängig, die Kosten trage die Gemeinde, so Flügel. Er erneuerte die Bereitschaft der Stadt Oberharz, Allrode in den Kreis der Ober-harzorte aufzunehmen. Mit dem Bürgerbüro in Hasselfelde werde auf Dauer der nächstgelegenste Verwaltungsservice für die Allröder eingerichtet.
Zugleich appellierte Flügel, "bei aller Leidenschaft" auch zu bedenken, dass es nach der Entscheidung - "egal, wie sie ausfällt" - ein Zusammenleben in der Bürgerschaft geben muss. "Unsere Vorfahren", so meinte ein alteingesessener Allröder, "würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie sähen, was in den letzten Monaten hier passiert ist."