Borkenkäfer Schierkes Nordrand wohl bald kahl
Der Borkenkäfer setzt Fichten um Schierke arg zu. Der Revierförster des Nationalparks zeigt den Einnwohnern die mögliche Zukunft des Waldes.
Schierke l Schon deutlich vor Beginn der Abendwanderung mit Revierförster Olaf Eggert versammeln sich 25 interessierte Schierker am Ottoweg. Bereits jetzt wird die aktuelle Situation diskutiert. Der Forstmann breitet eine Karte aus, erklärt die Bedrohungslage durch den Borkenkäfer. Der Nationalpark-Förster gibt zur Einführung noch einmal ein Statement ab, was oberhalb des Ottoweges bereits in den nächsten Wochen passieren wird und beantwortet erste Fragen zur Borkenkäferkalamität, die ungeahnte Ausmaße angenommen hat.
Die nächste Zukunft heißt, dass die bereits installierte Seilbahn für den Holzabtransport ab 23. September in Betrieb geht und „in einem Korridor um den Ottoweg auf 30 bis 40 Metern alle Fichten entnommen werden“, so Eggert. Es ginge um die Bekämpfung der Winterquartiere des Buchdruckers und vordringlich um die Verkehrssicherung des beliebten Wanderweges. An diesem liegen teilweise private Grundstücke und solche städtischen Eigentums. Der Tross setzt sich erst nach vielen Fragerunden in Bewegung, die Stimmung ist gedrückt. Erschüttert und lakonisch stellt ein Schierker fest, dass Lamentieren jetzt auch nicht helfe. „Uns bleibt nur nach vorn zu schauen, da ist nichts mehr zu ändern“.
Auch Eggert fällt es als engagiertem Förster nicht leicht, mit dieser Situation umzugehen: „Wir machen vieles, was unsere Heimat betrifft, auch an den Waldbildern fest“, spricht er den meisten der Anwesenden aus dem Herzen. Und das betrifft nicht nur die vom Tourismus lebenden Schierker. An der Vaupelsklippe fällt dann auf mehrfaches ungläubiges Nachfragen der deutliche Satz des Försters: „Das kommt hier alles weg.“ Die Schierker werden sich vom bisherigen Fichtengürtel im Norden des Ortes verabschieden müssen, jedenfalls für viele Jahre. „Ein Wald wird entstehen, der für sie ganz anders aussieht“ versucht er vorsichtig in die Zukunft zu schauen.
Ein Szenario, wie es kommen könnte, wenn die noch stehenden Altbäume den Licht- und Wetterschutz für eine gewisse Zeit erfüllen, zeigt er am Quitschenhai. Dort haben sich junge, aufstrebende Laubbäume entwickelt. Doch was für Laien paradox klingt, ist forstwirtschaftlich nötig. Diese Jungbäume brauchen einen „Schirm“ und Stützkorsett, damit sie nicht zu schnell hochkommen und dann wenig Widerstand gegen Witterungsunbilden, Schneelast und Stürme entwickeln. Geduld ist also auch hier vonnöten.
Deshalb werden größere Teile der sterbenden Fichten weiter stehen bleiben, einige wird man als mannshohe Stümpfe stehenlassen. Dies missfällt Marina Jung. „Das ist doch für einen Kurort ein unmögliches Bild“, sagt sie. Aus finanziellen Gründen werden sogar Bagger zum Einsatz kommen, die Bäume umlegen, die dann entwurzelt weiter verrotten.
Da kommt einigen Schierkern spontan das Bild einer Windhose von 1904 in den Sinn, die damals den Brockenort heimsuchte und sogar für Postkarten sorgte. Diese Bilder scheinen sich zu wiederholen, auch wenn der Anlass ein anderer ist. Gleichwohl konstatiert Eggert: „Stehendes Holz ist wertvoller als liegendes. So gelingt es Wind, UV-Strahlung und Verbiss abzuwehren, Tau zu binden. Ein langsam zusammenbrechender Wald wäre ökologisch am besten“, umreißt er die forstliche Seite.
Auf den freigeschlagenen Korridoren sollen Laubbäume angepflanzt werden. Hier bieten spontan mehrere Schierker ihre Hilfe an, die Eggert auch gern annehmen wolle, wo es sich um grundstücksnahe Räume handelt. Als man nach 80 Minuten am alten Kurpark anlangt und sich nach den alten Douglasien erkundigt, ist es schon schackerig geworden. Eggert bedankt sich für die sachlichen Gespräche beim Spaziergang und wünscht sich weitere solche Runden. Für diese Idee gibt es Beifall von den Spaziergängern.