Fahrzeug-Museum Brocken-Horchkuppel steht in Benneckenstein
Ein Stück Heimatgeschichte im Harz ist komplett. Das Team vom Fahrzeugmuseum Benneckenstein hat eine Abhörkuppel vom Brocken rekonstruiert.
Benneckenstein l Sieben Tonnen schwer, rund vier Meter hoch und einen Durchmesser von zwölf Metern – das letzte Puzzlestück der Brockenmoschee erweist sich für das Team des Ostdeutschen Fahrzeugmuseums in Benneckenstein als das kniffligste. „Der glasfaserverstärkte Kunststoff ist über die Jahre porös geworden, hoffentlich bricht das Dachstück beim Aufsetzen nicht auseinander“, so die Sorge von Mario Tänzer vom Familienbetrieb am Mittwochnachmittag. Kurz darauf setzt ein Kran des Silstedter Abschleppdienstes PTP die Halbkugel auf die unteren zwei Schalenringe der Abhörkuppel.
Eine halbe Stunde später Erleichterung: Das Rund liegt auf dem Sockel, nun beginnt die Millimeterarbeit. „Einige Segmente der Kuppel scheinen einen kreisförmigen Querschnitt zu haben, andere einen ovalen – so müssen wir sie per Hand anpassen, damit sie exakt sitzen und mit dem Rest der Konstruktion verschraubt werden können“, erläutert Tänzer.
Bis tief in die Abendstunden schuften sein Team, PTP-Mitarbeiter und der Benneckensteiner Abschleppunternehmer Peter Vogeley, ziehen die Kuppelteile mit Spanngurten in Position und schrauben sie passgenau auf den Unterbau. Gegen 21 Uhr am Mittwoch ist das Dach endlich dicht.
Der 36-Jährige und sein Team hatten Mitte April mit dem Aufbau des Riesenpuzzles begonnen. Dieses stellte sich als echte Herausforderung heraus: „Jedes der rund 60 Einzelteile ist zwar nummeriert. Doch wir hatten keinen Plan, wie sie zusammenghören.“ Zudem nisteten sich Vögel im zusammengebauten Kuppeldach ein. „Wir konnten sie nicht rauswerfen, haben mit der Montage gewartet, bis die Jungen ausgeflogen waren“, sagt Mario Tänzer. Das habe die Bastler drei Wochen gekostet.
Vor dem Aufsetzen des Dachs auf den Kuppel-Unterbau legte Marcel König aus dem Museumsteam dennoch Sonderschichten ein: „Er hat binnen drei Tagen noch 450 der Spezialschrauben anbgebracht.“
Damit ist die Abhörkuppel, in der bereits eine alte Radarschüssel steht, bereit für Besucher am Wochenende bei den Tagen der Technik im Fahrzeugmuseum. Doch das Projekt ist für die Benneckensteiner noch nicht beendet. Das Radom soll in seine Originalfarbe – einen Grauton – umlackiert werden. Bei der Expo 2000 in Hannover diente die Kuppel als Wahrzeichen der Jugendstadt Jam-City – und erhielt einen knallroten Anstrich. Über das niedersächische Lehrte, wo die Einzelteile jahrelang lagerten, gelangte das insgesamt 22 Tonnen schwere Stück Spionagegeschichte aus dem Kalten Krieg schließlich 2018 in den Oberharz.
„Der Transport war extrem aufwendig“ erinnert sich Mario Tänzer. Er geht davon aus, dass die Kosten für die Rekonstruktion letztendlich im fünfstelligen Bereich liegen. Ein Klacks im Vergleich zu den Produktionskosten der Kuppel – laut dem Benneckensteiner rund vier Millionen DDR-Mark.
„Das war damals absolute Spitzentechnik“, so der Bastler vom Museum in der Stadt am Dreiländereck. Hergestellt worden sei die Kuppel in den DEFA-Filmstudios in Potsdam Babelsberg – nicht aus Stahl, sondern nahezu komplett aus Kunststoff, um den Radarquerschnitt der Anlage zu senken.
Ein Rätsel um das rekonstruierte Ungetüm bleibt ungelöst: Wer im Kalten Krieg unter dem Halbrund residiert hat. Sowohl Stasi als auch die Rote Armee hatten auf dem Brockenplateau in 1141 Metern Höhe ihre Abhörtechnik aufgebaut, trauten sich aber gegenseitig nicht über den Weg.