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Corona Darum ist Alexandra Voigt, Inhaberin des Silstedter Hotels am Blocksberg, für schnelle Lockerungen für die Branche

Von Sandra Reulecke 16.04.2021, 18:02

Silstedt

Tafeln, ausgerichtet zur Hauptstraße, weisen darauf hin, dass geöffnet ist. Auf der Terrasse mit Blick Richtung Wernigerode und Brocken, stehen Tische, Stühle und große Sonnenschirme für die Gäste bereit. Doch diese lassen auf sich warten. Ob sie das typische, nass-kalte Aprilwetter oder doch die Verpflichtung, sich vor der Tasse Kaffee auf Corona testen zu lassen, abschreckt?

Alexandra Maria Voigt, die Inhaberin des Hotels am Blocksberg in Silstedt, lässt sich trotz der leeren Plätze nicht die Laune verhageln. „Wir haben ohnehin nicht mit viel gerechnet“, sagt sie und zuckt mit den Achseln. Dennoch habe schnell für sie festgestanden, sich an dem Modellprojekt im Harz, dass es seit einer Woche zulässt, die Außengastronomie in neun Orten des Landkreises zu öffnen, beteiligen zu wollen. „Um Präsenz zu zeigen“, wie sie sagt.

Mit Modellprojekt „holt man Leute aus der Illegalität“

Der Vorteil des 28 Zimmer großen Hotels sei es, dass auch im Lockdown Geschäftsreisende beherbergt, und Speisen zum Abholen angeboten werden. „Es ist also immer jemand hier“, sagt die Geschäftsfrau. Zudem sei deshalb auch immer Ware im Kühlhaus. Unter anderen Umständen hätte sie sich an dem Projekt nicht beteiligt, sagt Voigt. Personal nur dafür abzustellen und extra für das Modellprojekt einzukaufen, ohne die Resonanz der Gäste abschätzen zu können, sei ein zu hohes Risiko, ein Defizit in der Kasse wahrscheinlicher als ein Plus.

Dennoch sei das Modellprojekt für die Außengastronomie ein wichtiger Schritt, die Möglichkeit für die Branche, erneut zu zeigen, dass sie sich auf eine Pandemie-Situation einstellen kann. Und: „Damit holt man die Leute aus der Illegalität“, ist sich Alexandra Voigt sicher. „Sie wollen nicht immer noch auf alles verzichten müssen, sondern sich auch mal mit Freunden oder Familie zum Essen treffen, mal einen Kaffee trinken gehen.“ Und sie würden es auch tun – Verbote hin, Verbote her. Das Modellprojekt bietet die Chance, das nicht heimlich tun zu müssen, in einem engen Wohnzimmer, ohne zu wissen, ob einer der Teilnehmer vielleicht Corona hat, ohne es zu merken.

Hygienekonzept seit vorigen Sommer

Sie hätte sich gewünscht, auch ihr Hotel – wie die Ritter von Kempski Privathotels in Stolberg – im Rahmen eines solchen Versuchs öffnen zu dürfen, sagt Alexandra Voigt. „Die Hygienekonzepte, die wir im vergangenen Jahr entwickelt haben, haben gepasst“, betont sie. „Ich weiß nicht, was man noch mehr tun könnte.“ Zumal Hygiene in Gastronomie und Hotellerie schon lange vor Corona großgeschrieben wurde, wie sie betont.

Aus ihrer Sicht böten Hotels mehr Sicherheit als etwa Ferienwohnungen. „Bei uns hat immer jemand ein Auge darauf, dass sich alle an die Regeln halten. Unsere Zimmer werden täglich geputzt.“ In ihrem Haus habe es jedenfalls bislang keine Corona-Fälle gegeben – weder bei den Gästen, noch bei den Angestellten. „Mit einem guten Hygienekonzept – an das sich alle halten – gibt es keine Probleme.“

Dennoch habe sie anfangs, im vorigen Frühjahr wie im November, nachvollziehen können, dass ein Lockdown angesichts der Fallzahlen notwendig war. Doch mit ihrem Verständnis sei spätestens im März Schluss gewesen, als deutsche Urlauber wieder in Hotels auf Mallorca einchecken durften, nicht aber im eigenen Land. „Ich verstehe vieles nicht mehr so ganz. Die Regeln, die von der Politik vorgegeben werden, gehen mittlerweile an der Realität und dem normalen Menschsein vorbei.“

So freue sie sich zwar, aktuell wieder Gäste auf der Außenterrasse bewirten zu können. Dass diese dafür jedoch einen negativen Corona-Test nachweisen müssen, könne sie nur bedingt nachvollziehen. „Diese Gäste müssen, obwohl negativ getestet, bei Wind und Wetter draußen sitzen, die Geschäftsreisenden dagegen müssen keinen Test vorlegen und dürfen, so steht es in der aktuellen Vorlage, von uns bewirtet werden. Das ergibt doch keinen Sinn mehr“, kritisiert Voigt.

Ich möchte keine finanzielle Unterstützung vom Staat, sondern für mein Geld selbst arbeiten dürfen.

Hinzu komme, dass von der Politik klare Aussagen fehlen, wann die Branche mit Öffnungsperspektiven rechnen könne. Den Lockdown pauschal immer weiter zu verlängern, sei aus ihrer Sicht der falsche Weg, der wirtschaftliche Existenzen kosten wird. „Es geht nicht nur um uns Gastronomen und Hoteliers, sondern auch um unsere Angestellten.“

Vor Corona habe sie 15 Mitarbeiter beschäftigt, aktuell seien es neun. „Allerdings alle nur auf Minijob-Basis. Mehr ist gerade nicht möglich“, berichtet die Inhaberin. Einige ihrer Angestellten hätten sich bereits neue Jobs gesucht, in einer anderen Branche. „Ich kann sie verstehen. Das geht jetzt schon so lange und es fehlt jede Perspektive.“

Eigene Geburtstagsfeier verschoben

Sie selbst könne sich – noch – nicht vorstellen, die Branche zu wechseln. Mit zu viel Herzblut sei sie dabei. Sie freue sich schon darauf, endlich wieder die Stammgäste begrüßen zu dürfen, bei Veranstaltungen für das Catering zu sorgen, Brunch im Riesenrad auf dem Anger zu servieren und große Feiern wie Hochzeiten auszurichten. Die hätten viele schon auf 2022 verschoben oder ihre Reservierung vorerst ganz zurückgestellt. „Wir hatten auch Gäste, die schon dreimal ihre Jugendweihe verschieben mussten.“ Ob der aktuelle Termin im Oktober gehalten werden könne, bleibe abzuwarten.

Ebenso fraglich ist es, wann die Hotelbetreiberin ihr eigenes Jubiläum feiern kann: Alexandra Voigt ist in dieser Woche 50 geworden. „Das wollte ich eigentlich ganz groß feiern“, sagt sie. Ein passender Saal sei schon bestellt gewesen, in dem sie mit Familie, Freunden, Angestellten und Wegbegleitern auf ihren bisherigen Lebensweg anstoßen wollte.

Das Gastgewerbe wurde Alexandra Maria Voigt in die Wiege gelegt. Ihre Eltern haben die ehemalige Bahnhofsgaststätte in Rübeland betrieben, und auch die Generationen davor bewirteten schon Gäste, berichtet die Schmatzfelderin. Sie selbst sei nunmehr schon ihr halbes Leben lang, 25 Jahre, in der Branche selbstständig, elf Jahre davon als Inhaberin des Hotels in Silstedt. Höhen und Tiefen habe sie in den Jahren einige erlebt - aber nichts davon sei mit der Corona-Pandemie vergleichbar. „Wir halten trotz allem durch“, versichert die Hotel-Inhaberin und setzt nach kurzem Zögern ein „erstmal“ hinterher. Denn auf Dauer könne sie einen solchen Lockdown wirtschaftlich nicht überstehen. „Ich möchte keine finanzielle Unterstützung vom Staat, sondern für mein Geld selbst arbeiten dürfen“, betont Alexandra Voigt.