Denkmalschutz In einer Aura von Weltruhm
Aus dem Dornröschenschlaf ist jetzt ein lange Jahre eher unscheinbares Haus in der Blankenburger Herzogstraße erweckt worden.
Blankenburg l Eine lebensgroße Statue der Polyhymnia - in einer Giebelnische über der Balkonterrasse stehend - lässt schon von weitem erkennen: Dies ist ein besonderes Haus. Die spätklassizistische Villa in der Blankenburger Herzogstraße 18, in der seit knapp anderthalb Jahren Handwerker den Ton angeben, umweht ein Hauch von Geschichte. Die gebürtige Braunschweigerin Adele Grantzow (1845-1877), die als Ballett-Tänzerin eine Weltkarriere startete, hatte es einst für sich und ihre Familie bauen lassen. Sie tanzte unter anderem zwei Jahre die „Giselle“ in Moskau, war Primaballerina am Königlichen Hoftheater in Berlin und hatte Engagements ins St. Petersburg, Wien, Paris und Kairo.
Das Tragische: Sie starb bereits 1877 an den Folgen einer Blutvergiftung in einem Berliner Hospital. So erlebte sie nicht mehr mit, wie ihr Neffe am 29. Mai 1880 in dem herrschaftlichen Haus das Licht der Welt erblickte: Oswald Spengler. Der spätere Kulturhistoriker und politische Schriftsteller erlangte vor allem mit seinem Werk „Der Untergang des Abendlandes“ Weltruhm und beeinflusste mit seiner Theorie einer zyklischen Geschichtsschreibung zahlreiche Geschichtswissenschaftler.
Nun wird seit Monaten sein Geburtshaus saniert. Die Federführung liegt in den Händen der Architekten Ulrich Queck und Rudolph Koehler aus Quedlinburg, die ihr Projekt vor allem mit regionalen Firmen umsetzen.
Dabei standen sie zu Beginn der Arbeiten vor der großen Herausforderung, die Pilzschäden durch das jahrelange Eindringen von Feuchtigkeit in den Griff zu bekommen, wie Rudolph Koehler im Volksstimme-Gespräch erläutert. Eine weitere Schwierigkeit: „Um die Fassadenzier wiederherzustellen, mussten wir alte Quellen zugänglich machen, um sie anhand alter Fotos rekonstruieren zu können.“
Bei einer ersten Schwammsanierung in den 1970-er Jahren sei einiges verlorengegangen. Aus dieser Zeit stammte auch eine große Gaube im Dachgeschoss, die nun durch eine sehr modern, aber keineswegs als Fremdkörper wahrgenommene Fensterfront ersetzt wurde. „Ursprünglich war die Villa ja als Wohnhaus für eine Familie konzipiert. Wir müssen es aber auf die heutige Zeit als viermietbares Objekt so umbauen, ohne die Struktur zu zerstören“, beschreibt der Architekt eine weitere Herausforderung. Um sie zu meistern, habe es mit den Denkmalschützern „einige Abstimmungsnotwendigkeiten“ gegeben, wie er diplomatisch umschreibt. Am Ende seien aber für beide Seiten zufriedenstellende Kompromisse gefunden worden, um das Gebäude in die neue Zeit zu führen.
Der Aufwand, der dabei betrieben wird, ist allerdings selbst für die Fachleute enorm: Sämtliche vorhandenen Fenster wurden aufgearbeitet, fehlende nach altem Vorbild nachgebaut. Ebenso sämtliche Türen und Türrahmen samt Beschlägen. Die Fachwerkkonstruktion im Innern wurde mit Lehm verputzt, im Dachgeschoss ein leichter Magnesit-Estrich verlegt, um die Statik des Gebäudes nicht zu sehr zu beanspruchen. Ein Highlight für die Architekten ist der im Erdgeschoss verlegte geschliffene Estrich. „Das sind einmalige Sachen mit nachhaltigen Effekten“, so Koehler, der hofft, dass die Innenarbeiten im Frühjahr beendet sind. Parallel gehe es an die Vermietung der drei Wohnungen mit zweimal 70 und einmal 145 Quadratmetern Wohnfläche. Im Erdgeschoss entsteht eine Gewerbe-Einheit.
Kontakt per E-Mail unter herzogstrasse18@web.de