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Schulspeisung Essen im Zehn-Minuten-Takt in Wernigerode

Ob 120 oder 96 Plätze - wenn der neue Schul-Speisesaal in Wernigerode fertig ist, sollen Zeitdruck und Gedränge beim Mittag ein Ende haben.

Von Ivonne Sielaff 24.09.2020, 01:01

Wernigerode l Ob Gulaschsuppe, Gemüseschnitzel oder Quarkkäulchen - beim Mittagessen in der neuen Mensa Unter den Zindeln in Wernigerode wird es auf jede Minute ankommen. Zehn Minuten Essenausgabe, zehn Minuten essen - in einer halbstündigen Mittagspause könnten so zwei mal 60 Kinder verpflegt werden. So die Rechnung der Wernigeröder Stadtverwaltung. Zwei größere Pausen seien in der Diesterweg-Grundschule möglich - rein rechnerisch ist also eine Verköstigung von insgesamt 240 Kindern denkbar.

„Das heißt, wir brauchen keine 120 Sitzplätze“, so der städtische Immobilienmanager Ralf Sieber im Kulturausschuss. Die Aussage kommt überraschend. Denn vor einigen Wochen war es noch Ziel der Verwaltung, so viele Sitzplätze wie möglich in den neuen Speisesaal zu quetschen, der zwischen der Diesterweg-Grundschule und Thomas-Müntzer-Sekundarschule entstehen soll.

Hochgekocht war das Thema im Juni. Die Harzer Volksstimme hatte öffentlich gemacht, dass die Verwaltung die Mensapläne zusammen gestaucht hatte, um die Kosten niedriger zu halten. Von den ursprünglich 150 Plätzen waren gerade einmal 80 geblieben. Warum? Im Laufe der Vorplanung war klar geworden, dass bei 150 Sitzplätzen der gesetzte Kostenrahmen gesprengt werde. Der liegt nämlich bei knapp 880.000 Euro und damit deutlich unter den später hochgerechneten 1,3 Millionen Euro. Deshalb sei versucht worden, günstiger zu planen, hieß es im Juni auf Volksstimme-Nachfrage aus dem Rathaus.

Der Volksstimme-Bericht sorgte in den Reihen der Stadträte für Empörung und Verwunderung. Die Stadtpolitiker hatten 2018 grünes Licht für den Mensabau gegeben - in der Annahme, es würden 150 Plätze entstehen.

Das einstimmige Votum kam damals aus gutem Grund: Seit Jahren steht für die Mittagsversorgung der Diesterweg-Grundschüler nur ein kleiner Raum zur Verfügung. Gerade einmal 50 Schüler können dort gleichzeitig essen. Viel zu wenig für die knapp 260 Mädchen und Jungen, die die Schule aktuell besuchen. Dazu kommen noch einige Sekundarschüler der benachbarten Müntzerschule, die dort ebenfalls Mittag essen. Um alle Kinder zu versorgen, müssen die Mittagszeiten auf mehrere Pausen gesplittet werden. Das heißt: Essen in Etappen, unter Zeitdruck und Gedränge - manchmal bis in den Umkleideraum hinein.

Der neue Speisesaal soll die Situation entschärfen. Mit gerade einmal 80 Sitzplätzen sei dies aber nicht möglich, so die Befürchtung einiger Stadträte im Juni. Kurz darauf ruderte die Verwaltung aber zurück. Man habe im Bauamt fälschlicherweise mit Tischen und Stühlen für Erwachsene kalkuliert. Der Fehler wurde korrigiert. Dicht an dicht würden 120 Sitzplätze oder mehr in den neuen Speisesaal passen, hieß es dann.

Jetzt heißt es aber wieder: Kommando zurück. Laut Immobilienmanager Sieber hätten die Architekten die Sommerwochen genutzt, um die Planungen noch einmal zu überarbeiten. Durch den Volksstimme-Bericht sei ein Dialog in Gang gesetzt worden, der das Projekt vorangetrieben habe. So hätten die Stadträte viele Vorschläge zur Optimierung eingebracht. Außerdem habe es fruchtbare Gespräche mit dem Caterer und der Schulleitung gegeben. Von der Idee, die Stühle so dicht wie möglich zu stellen, damit 120 Kinder gleichzeitig essen können, habe man sich verabschiedet. „Der Caterer hat uns gesagt, dass die Küche mit zwei Ausgaben gar nicht 120 Kinder auf einmal versorgen könnte“, so Ralf Sieber. Höchstens 60 bis 80 Kinder maximal. „Wir haben uns deshalb auf 96 Plätze geeinigt.“ Auf dem überdachten Außenbereich könnten weitere Tische stehen. Von der Schule gebe es laut Sieber die Zusage, dass es zeitlich zu organisieren sei, alle Schüler in den zwei großen Pausen im Zehn-Minutentakt essen zu lassen.

Auch bei den Entwürfen für Lobby und Garderobe habe es Änderungen gegeben. Der Bereich soll größer werden. Wichtig sei, dass die Kinder möglichst kreuzungsfrei durch das Gebäude laufen können, so Sieber. Der Zugang sei von beiden Schulgebäuden aus möglich.

Wenn alles nach Plan läuft, sollen die Bauarbeiten im Frühjahr 2021 starten. Gebaut wird auf dem Gelände der benachbarten Sekundarschule. Der Landkreis Harz hat das Grundstück für den Anbau mittels Erbbaurecht zinsfrei zur Verfügung gestellt. Als Ausgleich kann der Speisesaal weiter von den Schülern der Müntzerschule genutzt werden. Was die Fertigstellung betrifft, „haben wir einen Wunsch“, sagt Ralf Sieber. „Frühjahr 2022. Aber das müssen wir erstmal sehen.“